Jahresbericht 2007 zum Download - Kindernothilfe
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Werbung für Hilfswerke – muss das denn<br />
sein? Sollte das Geld nicht besser in den<br />
Projekten verwendet werden? So manch<br />
einer mag diese Gedanken bewegen, wenn<br />
er den aktuellen Spendenaufruf aus seinem<br />
Briefkasten holt oder vor einem Großflächenplakat<br />
steht. Doch ohne Werbung<br />
läuft bei den Hilfsorganisationen in unserem<br />
heutigen Medienzeitalter fast nichts<br />
mehr. Eine werbliche Kommunikation nach<br />
außen gehört ebenso zu einer guten und<br />
professionellen Arbeit wie eine funktionierende<br />
Datenverarbeitung und die permanente<br />
Evaluation der Projekt- und Programmarbeit.<br />
Die Frage ist also nicht, ob<br />
Werbung notwendig ist und Sinn macht,<br />
sondern wie sie durchgeführt wird und<br />
was sie einbringt.<br />
Für Hilfswerke wie die <strong>Kindernothilfe</strong> gibt<br />
es hier klare Richtlinien. So gibt etwa das<br />
Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen<br />
(DZI) vor, dass der Anteil an Werbungs-<br />
und Verwaltungskosten nicht über 35 Prozent<br />
liegen darf. Sonst hat die Organisation<br />
keine Chance, das begehrte Spenden-<br />
Siegel zu erhalten. Bei der <strong>Kindernothilfe</strong><br />
liegen die Ausgaben für Werbung und<br />
Spenderservice derzeit bei 7,2 Prozent. Dies<br />
bedeutet letztendlich nichts anderes, als<br />
dass die Ausgaben für Werbung angemessen<br />
sein müssen und in einem „gesunden“<br />
Verhältnis zu den anderen Ausgaben<br />
stehen. Was eine angemessene<br />
Höhe der Ausgaben für Werbung tatsächlich<br />
ist, hängt allerdings auch sehr<br />
stark von den Haupteinnahmequellen<br />
ab. So benötigen Organisationen, die<br />
viele öffentliche oder kirchliche Zuschüsse<br />
oder kirchliche Kollekten erhalten, einen<br />
deutlich geringeren Werbeetat als<br />
solche, die hauptsächlich auf Spendeneinnahmen<br />
angewiesen sind.<br />
Eine weitere wichtige Orientierung gibt<br />
der Kodex „Entwicklungsbezogene Öffentlichkeitsarbeit“,<br />
an den sich alle Mitgliedsorganisationen<br />
des Verbandes Entwicklungspolitik<br />
deutscher Nichtregie-<br />
rungsorganisationen (VENRO) – also auch<br />
die <strong>Kindernothilfe</strong> – halten. Hierzu gehören<br />
unter anderem: die Verpflichtung einer<br />
wahrheitsgemäßen, sachgerechten Darstellung,<br />
der Respekt gegenüber anderen<br />
kulturellen Orientierungen und das Verbot,<br />
Spenderadressen zu vermieten, zu<br />
verkaufen oder zu tauschen. So werden<br />
nicht nur individuelle Not und allgemeines<br />
Elend dargestellt, sondern auch<br />
die Ursachen benannt und Wege der Veränderung<br />
aufgezeigt. Not leidende Menschen<br />
werden nicht entwürdigend dar-<br />
gestellt, Patenkinder nicht katalogähnlich<br />
angeboten und Spender nicht genötigt.<br />
Die <strong>Kindernothilfe</strong> hat sich stets bemüht,<br />
auch in ihrer werblichen Kommunikation<br />
sehr stark zu informieren und die Menschen<br />
nicht nur emotional anzusprechen.<br />
Dies ist ihr in vielen Fällen gelungen, in<br />
einigen sicher auch nicht. Ein gutes und<br />
sehr erfolgreiches Beispiel sind die Spendenaufrufe<br />
„konkret helfen“ und „Aktion<br />
1 + 3 = 4“, die mehrmals im Jahr an unterschiedliche<br />
Spendergruppen der <strong>Kindernothilfe</strong><br />
gehen. Vorgestellt werden hier<br />
den Lesern immer aktuelle, <strong>zum</strong> Teil sehr<br />
dringliche Hilfsprojekte, für die ein konkreter<br />
Finanzbedarf besteht. Die Themen<br />
reichen hierbei von der Versorgung von<br />
Aids-Waisen über die Ausbildung von behinderten<br />
Jugendlichen bis hin zu Kampagnen<br />
gegen Genitalverstümmelung.<br />
Durch zwei Tests im September und November<br />
<strong>2007</strong> wurde eine Verbesserung<br />
dieses Spendenaufrufs gefunden. Fortan<br />
wird es statt des üblichen gefalzten DIN<br />
A3-Faltblattes einen kleinen mehrseitigen<br />
Prospekt geben, in dem mehr Hintergrundinformationen<br />
zu den Projekten<br />
gegeben werden können.<br />
Ein ganz anders Beispiel für eine erfolgreiche<br />
werbliche Kommunikation sind die<br />
Plakatkampagnen der <strong>Kindernothilfe</strong>. Jedes<br />
Jahr wird eine neue Motivserie mit<br />
bis zu drei Einzelmotiven entwickelt, die<br />
dann bundesweit auf Großflächen, Citylightpostern<br />
(beleuchtete Poster an Bus-<br />
und Straßenbahn-Haltestellen) oder Lit-<br />
fass-Säulen zu sehen sind. Aufgrund der<br />
Nutzung von kostenlosen Freiflächen –<br />
Flächen die von den Plakatstellenanbietern<br />
nicht an zahlende Kunden vermietet<br />
wurden – und der Unterstützung von Firmen<br />
bei Druck, Auslieferung und Plakatierung,<br />
ist es der <strong>Kindernothilfe</strong> hier<br />
möglich, für wenig Geld einen großen<br />
Teil der deutschen Bevölkerung zu erreichen.<br />
Nicht selten ist dies für Menschen,<br />
Institutionen und Unternehmen das erste<br />
Mal, dass sie unser Hilfswerk bewusst<br />
wahrnehmen. Die Werbung mit Plakaten<br />
spielt so – neben der allgemeinen Präsenz<br />
in den Medien – eine bedeutende<br />
Rolle, die Bekanntheit der <strong>Kindernothilfe</strong><br />
und ihrer Arbeit zu steigern.<br />
Werbung soll auch informieren,<br />
nicht nur Emotionen wecken<br />
Beispiel für Spendenaufrufe der <strong>Kindernothilfe</strong><br />
Seit Entstehung der <strong>Kindernothilfe</strong> vor<br />
rund 50 Jahren werden sie und ihre Arbeit<br />
von Werbung begleitet. Sei es durch<br />
die Mund-zu-Mund-Propaganda, Predigten<br />
und Pressekonferenzen der frühen<br />
Jahre oder die Plakate, das Internet und<br />
die Spendenaufrufe der jüngeren Zeit. All<br />
dies trug und trägt dazu bei, unsere Arbeit<br />
bekannt zu machen und für sie Unterstützer<br />
zu finden. Werbung ist deshalb<br />
kein notwendiges Übel, sondern eine<br />
Grundvoraussetzung, um Not leidenden<br />
Kindern und Jugendlichen überhaupt<br />
nachhaltige Zukunftsperspektiven in<br />
großem Umfang eröffnen zu können.<br />
Oliver Krems,<br />
Leiter Referat Kommunikation<br />
<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2007</strong> 27