Foto: Ralf Krämer 28 Jahresthema Kinderrechte “ Ich will mitreden!“ <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2007</strong>
Kinder übernehmen die Hauptrolle Die <strong>Kindernothilfe</strong> hat die Kinderrechte zu ihrem Jahresthema in 2008 und 2009 erklärt. Was das für ihre Arbeit im In- und Ausland bedeutet, darüber sprach Redak- teurin Gunhild Aiyub mit Barbara Dünnweller, Kinderrechts-Expertin des Duisburger Hilfswerkes. Warum dieses Jahresthema? Wir wollen damit die Bedeutung der Kinderrechte für unsere Arbeit besonders hervorheben. Es gibt in den beiden Jahren drei Anlässe: Am 10. Dezember 2008 wird die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 60 Jahre alt. Die Kinderrechtskonvention ist wie viele andere Menschenrechtsverträge aus ihr hervorgegangen. 2009 feiert nicht nur die <strong>Kindernothilfe</strong> ihr 50-jähriges Jubiläum, auch die Kinderrechtskonvention hat einen runden Geburtstag. Sie wurde 1989 von den Vereinten Nationen verabschiedet. Die Kinderrechts-Arbeit spielt bei der <strong>Kindernothilfe</strong> eine tragende Rolle. Wie hat sie sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt? Eine entscheidende Veränderung begann im Jahr 2002 mit einer neuen Ausrichtung in der Projekt- und Programmarbeit: Wir haben erkannt, dass es nicht ausreicht, Kinder in Tagesstätten zu versorgen oder ihnen den Schulbesuch zu ermöglichen. Wir müssen ihr gesamtes Lebensumfeld, Eltern, Nachbarn, Leute aus dem Dorf, mit einbeziehen. Sie alle müssen befähigt werden, selbst Verantwortung für ihre Töchter und Söhne übernehmen zu können. Dadurch werden Kinder und ihre Rechte mit der Frage nach den Ursachen für Armut verbunden. Aber auch mit der Frage: Was kann die Gemeinschaft <strong>zum</strong> Wohl der Kinder beitragen? Welche Strategien sind nötig, um die Lebensbedingungen nachhaltig zu verändern? Die Kinderrechtskonvention hat zu einem Perspektivwechsel geführt: Kinder sind eigenständige Persönlichkeiten und Träger von Rechten. Sie genießen nicht nur Schutz- und Förderrechte, sondern haben auch das Recht auf Beteiligung. Damit verbunden ist eine grundlegende Veränderung des Verhaltens gegenüber Kindern. Schon seit Anfang der 90er Jahre wird in der Entwicklungs- und Menschenrechtsarbeit über einen so genannten Menschenrechtsansatz diskutiert. Hier geht es darum, Menschen nicht mehr ausschließlich als Bedürftige zu sehen, son- dern als Inhaber von Rechten, die sie einfordern können. Die <strong>Kindernothilfe</strong> fordert genau das auch für Kinder und Jugendliche: Sie sollen nicht zu Objekten reduziert werden, die Hilfe annehmen, sondern akzeptiert werden als Subjekte, die ihre eigene Kraft, ihre Fähigkeiten und Ideen einsetzen, um ihr Leben zu verändern. Welche Rolle spielen Kinderrechte in der Lobby-Arbeit der <strong>Kindernothilfe</strong>? Lobby- und Advocacy-Arbeit, also Anwaltschaft zu übernehmen und einzutreten für eine Veränderung der politischen Rahmenbedingungen, ist zu einem festen Bestandteil unserer Arbeit geworden. Wir engagieren uns in vielen Netzwerken und Bündnissen. So <strong>zum</strong> Beispiel in der National Coalition für die Umsetzung der Kinderrechtskonvention in Deutschland, im Forum Menschenrechte, im Deutschen Bündnis Kindersoldaten. Wir setzen uns besonders dafür ein, dass die Kinderrechtskonvention durch ein Individualbeschwerde-Verfahren gestärkt wird: Dann könnten sich Kinder und ihre Vertreter direkt bei einem UN-Gremium beschweren, wenn ihre Rechte verletzt werden. Andere Menschenrechtsverträge bieten diese Möglichkeit bereits. Wie schlägt sich das Jahresthema in der Inlandsarbeit nieder? Kinderrechte sind schon lange ein Thema in unserer Bildungsarbeit. In Unterrichtseinheiten und Themenheften werden sie Kinder sollen ihre eigenen Fähigkeiten und Ideen einsetzen können, um ihr Leben zu verändern vorgestellt und an Beispielen aus der Projektarbeit verdeutlicht. Wichtig sind auch Aktionen wie „Action!Kidz – Kinder gegen Kinderarbeit“, die die <strong>Kindernothilfe</strong> gestartet hat, um Mädchen und Jungen für Kinderrechte zu sensibilisieren und sie <strong>zum</strong> Mitmachen zu bewegen. In der Lobby-Arbeit engagiert sich die <strong>Kindernothilfe</strong> neben der Individualbeschwerde dafür, dass Deutschland seine Vorbehalte zur Kinderrechtskonvention zurück- nimmt. Die damalige Bundesregierung hat zwar die Konvention ratifiziert, aber unter anderem mit dem Vorbehalt, dass Flüchtlingskinder nicht dieselben Rechte wie deutsche Kinder haben. Außerdem muss Deutschland dem UN- Ausschuss alle fünf Jahre einen Bericht über die Umsetzung der Konvention vorlegen. Die <strong>Kindernothilfe</strong> prüft diese Berichte sehr genau – und wenn sie entdeckt, dass die Bundesregierung Defizite <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2007</strong> 29