ZAP-2018-20
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Fach 11, Seite 1462<br />
Elternunterhalt<br />
Familienrecht<br />
vorhanden sein, noch dürfen Einkünfte aus Vermögen oder Erwerbstätigkeit in ausreichender Höhe zur<br />
Verfügung stehen, um den festgestellten Bedarf selbst aus eigenen Mitteln zu decken.<br />
Hinweis:<br />
Auch beim unterhaltsberechtigten Elternteil können fiktive Einkünfte in Betracht kommen, wenn die<br />
Verletzung einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit vorliegt.<br />
1. Anrechenbare Einkünfte des unterhaltsberechtigten Elternteils<br />
Bedarfsdeckend sind sämtliche Einkünfte, also die eigene Rente, sonstige Versorgungsbezüge,<br />
Unterhaltsansprüche gegenüber dem vorrangig unterhaltspflichtigen – auch geschiedenen – Ehegatten,<br />
Vermögenserträge, Erträge aus Verwertung des Vermögens, Wohnvorteil beim Wohnen im<br />
Eigenheim oder bei einem Wohnrecht, Sozialleistungen – soweit sie nicht subsidiär gewährt werden,<br />
Wohngeld (BGH, Urt. v. 19.2.<strong>20</strong>03 – XII ZR 67/00, FamRZ <strong>20</strong>03, 860) – soweit es nicht erhöhte<br />
Wohnkosten abdeckt, Leistungen der Pflegeversicherung, Pflegegeld nach dem Landespflegegeldgesetz<br />
(BRUDERMÜLLER NJW <strong>20</strong>04, 633, 634).<br />
a) Pflegeversicherung<br />
Bezogenes Pflegegeld ist ebenfalls unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen des Elternteils. Die<br />
monatlichen Leistungen der Pflegeversicherung betragen zzt. gem. §§ 36, 43 SGB XI bei stationärer<br />
Pflege:<br />
• Pflegegrad 1: 125 €<br />
• Pflegegrad 2: 770 €<br />
• Pflegegrad 3: 1.262 €<br />
• Pflegegrad 4: 1.775 €<br />
• Pflegegrad 5: 2.005 €<br />
Hinweis:<br />
Die aktuelle Übersicht über die Leistungen der Pflegeversicherung bietet das Bundesgesundheitsministerium<br />
im Internet unter https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/pflege/online-ratgeber-pflege/<br />
leistungen-der-pflegeversicherung/leistungen-im-ueberblick.html.<br />
Der BGH hat bestätigt, dass grundsätzlich auch ein fiktiver Ansatz des Pflegegelds vom Unterhaltsbedarf<br />
des pflegebedürftigen berechtigten Elternteils abgezogen werden kann, wenn dieser es versäumt<br />
hat, sich hinreichend für den Eintritt seines Pflegefalls zu versichern (BGH, Beschl. v. 17.6.<strong>20</strong>15 – XII ZB<br />
458/14, FamRZ <strong>20</strong>15, 1594 m. Anm. BORTH; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 31.7.<strong>20</strong>14 – 16 UF 129/13, FamRZ <strong>20</strong>15,<br />
515; OLG Oldenburg, Beschl. v. 25.10.<strong>20</strong>12 – 14 UF 82/12, FamRZ <strong>20</strong>13, 1143). Es muss aber eine<br />
tatsächliche Obliegenheitsverletzung der Berechtigten festgestellt werden, um hier ein fiktives<br />
Einkommen in Form der Leistungen der Pflegeversicherung ansetzen zu können.<br />
b) Verhältnis Grundsicherungs- zu Unterhaltsleistungen<br />
Leistungen der Grundsicherung im Alter sind ebenfalls unterhaltsrechtlich relevante Einkünfte, die den<br />
Bedarf des unterhaltsberechtigten Elternteils decken. Sie sind gegenüber dem Anspruch auf Elternunterhalt<br />
vorrangig, gelten als Einkommen und reduzieren dadurch den unterhaltsrechtlichen Bedarf,<br />
ohne dass es darauf ankommt, ob sie zu Recht oder zu Unrecht bewilligt worden sind (BGH, Urt. v.<br />
<strong>20</strong>.12.<strong>20</strong>06 – XII ZR 84/04, FamRZ <strong>20</strong>07, 1158 Rn 14).<br />
Daraus ergibt sich für den Unterhaltsberechtigten grundsätzlich die Obliegenheit zur Inanspruchnahme<br />
von Grundsicherungsleistungen; eine Verletzung dieser Obliegenheit kann daher zur Anrechnung<br />
fiktiver Einkünfte in der Höhe der entgangenen Grundsicherung führen (BGH, Beschl. v.<br />
8.7.<strong>20</strong>15 – XII ZB 56/14, FamRZ <strong>20</strong>15, 1467 m.w.N.).<br />
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