ZAP-2018-20
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Sozialrecht Fach 18, Seite 1619<br />
Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong><strong>20</strong>18</strong><br />
2. Wiedereinsetzung bei Verletzung gerichtlicher Hinweispflichten<br />
Hinweis:<br />
Der Beschluss des BSG vom 9.5.<strong><strong>20</strong>18</strong> (B 12 KR 26/18 B, <strong>ZAP</strong> EN-Nr. 411/<strong><strong>20</strong>18</strong> = NJW <strong><strong>20</strong>18</strong>, 2222 m. Anm. PLUM)<br />
hat über das sozialgerichtliche Verfahren hinaus Bedeutung.<br />
Vorbereitende Schriftsätze etc. können gem. § 65a Abs. 1 SGG in der ab 1.1.<strong><strong>20</strong>18</strong> geltenden Fassung nach<br />
Maßgabe der Abs. 2–6 als elektronisches Dokument – durch Übermittlung an das elektronische<br />
Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) – bei Gericht eingereicht werden.<br />
Hinweis:<br />
Der Regelung in § 65a SGG entsprechende Vorschriften finden sich in den übrigen gerichtlichen Verfahrensordnungen:<br />
§ 46c ArbGG, § 130a ZPO, § 14a FamFG, § 32a StPO, § 55a VwGO und § 52a FGG.<br />
Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein, wobei die<br />
Bundesregierung durch Rechtsverordnung die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten<br />
technischen Rahmenbedingungen bestimmt, § 65a Abs. 2 SGG. Diese sind in der zum 1.1.<strong><strong>20</strong>18</strong> in Kraft<br />
getretenen Elektronischen-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV vom 27.11.<strong>20</strong>17 (BGBl I <strong>20</strong>17, S. 3803) in<br />
der Fassung vom 9.2.<strong><strong>20</strong>18</strong> (BGBl I <strong><strong>20</strong>18</strong>, S. <strong>20</strong>0) geregelt. Die technischen Anforderungen, die hierbei zu<br />
beachten sind, ergeben sich aus der Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz und für<br />
Verbraucherschutz zu § 5 ERVV vom 19.12.<strong>20</strong>17.<br />
Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) der<br />
verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Personen (einfach) signiert<br />
und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden, § 65a Abs. 3, 4 SGG. Ein elektronisches<br />
Dokument, das mit einer qeS der verantwortenden Person versehen ist, darf lediglich auf einem<br />
sicheren Übermittlungsweg oder an das EGVP übermittelt werden, § 4 Abs. 1 ERVV. Mehrere elektronische<br />
Dokumente dürfen hingegen nicht mit einer gemeinsamen qeS (sog. Container-Signatur)<br />
versandt werden, § 4 Abs. 2 ERVV. Diese Einschränkung will verhindern, dass nach der Trennung eines<br />
elektronischen Dokuments vom Nachrichtencontainer die Containersignatur nicht mehr überprüft<br />
werden kann (zu weiteren Details s. MARDORF JM <strong><strong>20</strong>18</strong>, 140).<br />
Der Kläger hat gegen eine seine Berufung zurückweisende Entscheidung des LSG, die ihm am 23.2.<strong><strong>20</strong>18</strong><br />
zugestellt wurde, am 6.3.<strong><strong>20</strong>18</strong> durch ein an das EGVP übermitteltes elektronisches Dokument vom<br />
selben Tag Beschwerde eingelegt. Die dabei verwendete qeS bezog sich nicht auf das PDF-Dokument<br />
selbst, sondern auf den Nachrichtencontainer mit verschiedenen Inhaltsdaten. Auf den Hinweis des<br />
Berichterstatters vom 28.3.<strong><strong>20</strong>18</strong>, die Beschwerdeschrift sei nicht zulässig signiert worden, hat der Kläger<br />
am 6.4.<strong><strong>20</strong>18</strong> mittels eines ordnungsgemäß signierten elektronischen Dokuments erneut Beschwerde<br />
eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Der Antrag hatte Erfolg.<br />
Wegen Formmangels der fehlerhaften Signatur hat der Kläger die Beschwerde am 6.3.<strong><strong>20</strong>18</strong> nicht<br />
formwirksam eingelegt. Dieser Formmangel wurde nicht dadurch geheilt, dass der Kläger am 6.4.<strong><strong>20</strong>18</strong><br />
eine ordnungsgemäß signierte Beschwerde nachgereicht hat. Die Eingangsfiktion des § 65a Abs. 6 S. 2<br />
SGG greift nicht bei fehlerhaft signierten Dokumenten ein, sondern lediglich bei einem nicht zur<br />
Bearbeitung geeigneten Dokument.<br />
Wiedereinsetzung ist dem Kläger nach § 67 Abs. 1 SGG zu gewähren, weil er ohne Verschulden<br />
verhindert war, die gesetzliche Verfahrensfrist zur Einlegung einzuhalten. Ohne Verschulden im Sinne<br />
dieser Vorschrift ist nach ständiger Rechtsprechung eine Frist nur versäumt, wenn die Beteiligten<br />
diejenige Sorgfalt aufgewendet haben, die einem gewissenhaft Prozessführenden nach den gesamten<br />
Umständen zuzumuten ist. Ob eine solche Fallgestaltung hier vorliegt, lässt das BSG offen, da Wiedereinsetzung<br />
auch unabhängig vom Verschulden der Beteiligten zu gewähren ist, wenn dies wegen<br />
<strong>ZAP</strong> Nr. <strong>20</strong> 24.10.<strong><strong>20</strong>18</strong> 1077