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ZAP-2018-20

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Fach 16, Seite 468<br />

Urheberrechtsverletzung: Öffentlich zugängliches WLAN<br />

Urheberrecht<br />

anbieters nach dieser Norm, kann er nach der Neufassung des § 8 Abs. 1 S. 2 TMG insbesondere nicht<br />

wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf u.a. Unterlassung einer Rechtsverletzung in<br />

Anspruch genommen werden. Diese Gesetzesfassung gab es weder zum Zeitpunkt der beanstandeten<br />

Handlung, noch zum Zeitpunkt der Abmahnung, noch zu dem des Berufungsurteils.<br />

Da die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch jedoch auf eine Wiederholungsgefahr gestützt hatte, war<br />

die Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten des Beklagten sowohl zum Zeitpunkt der<br />

Vornahme als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist.<br />

Hinweis:<br />

Der BGH konnte daher die nach Verkündung des Berufungsurteils (16.3.<strong>20</strong>17) eingetretene Neufassung des<br />

§ 8 Abs. 1 S. 2 TMG (13.10.<strong>20</strong>17) bei seiner Entscheidung nicht unberücksichtigt lassen.<br />

Der BGH stellte eingangs fest, dass sowohl im Zeitpunkt der Abmahnung als auch im Zeitpunkt der<br />

beanstandeten Handlung die Voraussetzungen der Störerhaftung des Beklagten vorgelegen hätten. Infolge<br />

der Änderung des § 8 Abs. 1 S. 2 TMG habe sich die Rechtslage jedoch dahingehend geändert, dass der von<br />

der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch seit dem 13.10.<strong>20</strong>17 dem Ausschlusstatbestand des<br />

§ 8 Abs. 1 S. 2 TMG unterfalle. Hierbei sei unbeachtlich, ob der Anspruch auf die Begehung der Rechtsverletzung<br />

über das bereitgestellte WLAN oder über das Unterhalten von sog. Tor-Netzwerken gestützt<br />

werde.<br />

Die Bedenken der Klägerin, dass die Anwendung des § 8 Abs. 1 S. 2 TMG gegen Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie<br />

<strong>20</strong>01/29/EG (sog. Urheberrechtsrichtlinie) und Art. 11 S. 3 der Richtlinie <strong>20</strong>04/48/EG (sog. Rechtsdurchsetzungsrichtlinie)<br />

verstoße, teilte der Senat nicht. Die Klägerin hatte insofern die Ansicht<br />

vertreten, dass § 8 Abs. 1 S. 2 TMG vor dem Hintergrund dieser europarechtlichen Vorgaben nicht<br />

angewendet werden dürfe; dies hätte die Fortgeltung der Grundsätze der Störerhaftung bedeutet. Nach<br />

Art. 8 Abs. 3 der Urheberrechtsrichtlinie stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Rechtsinhaber<br />

gerichtliche Anordnungen gegen Vermittler beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zur<br />

Verletzung eines Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte genutzt werden (ebenso Art. 11 S. 3 der<br />

Rechtsdurchsetzungsrichtlinie im Hinblick auf die Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums).<br />

Der Senat führte aus, dass bei Anwendung des § 8 Abs. 1 S. 2 TMG die – ebenfalls mit Wirkung zum 13.10.<strong>20</strong>17<br />

eingefügte – Regelung des § 7 Abs. 4 TMG dem Rechtsinhaber ausreichende Schutzmöglichkeiten biete.<br />

Diese Norm sieht einen Anspruch auf Sperrung der Nutzung von Informationen vor. Hiernach kann der<br />

Inhaber eines Rechts von dem betroffenen Diensteanbieter i.S.d. § 8 Abs. 3 TMG die Sperrung der Nutzung<br />

von Informationen verlangen, um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern, sofern (1) ein<br />

Telemediendienst von einem Nutzer in Anspruch genommen wurde, um das Recht am geistigen Eigentum<br />

eines anderen zu verletzen, und (2) für den Inhaber dieses Rechts keine andere Möglichkeit besteht, der<br />

Verletzung seines Rechts abzuhelfen. Der BGH verwies mit Blick auf die Gesetzesmaterialien darauf, dass die<br />

Regelung des § 7 Abs. 4 TMG geschaffen worden sei, um die Verpflichtung der Mitgliedstaaten aus Art. 8<br />

Abs. 3 der Urheberrechtsrichtlinie und Art. 11 S. 3 der Rechtsdurchsetzungsrichtlinie umzusetzen.<br />

Der aus § 7 Abs. 4 TMG resultierende Anspruch auf Sperrung ist nach Ansicht des Senats kein<br />

Unterlassungsanspruch, sondern ein Anspruch auf aktives Tun, der auf die Sperre bestimmter Ports am<br />

Router oder einer bestimmten Website oder auf Datenmengenbegrenzung gerichtet sein könne.<br />

Diensteanbieter i.S.d. § 8 Abs. 3 TMG sind im Übrigen solche, die Nutzern einen Internetzugang über ein<br />

drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen (also Betreiber eines öffentlich zugänglichen WLANs).<br />

Vor dem Hintergrund, dass der aus § 7 Abs. 4 S. 1 TMG resultierende Anspruch auf Sperrung gegen Diensteanbieter<br />

i.S.d. § 8 Abs. 3 TMG (wie vorstehend erläutert) gerichtet sei, führte der BGH auf entsprechende<br />

Bedenken der Klägerin aus, dass eine richtlinienkonforme Auslegung des § 7 Abs. 4 S. 1 TMG geboten sei.<br />

Hiernach müsse diese Regelung nicht nur gegenüber Anbietern von Internetzugängen über WLAN, sondern<br />

in entsprechender Anwendung auch gegenüber übrigen Internetzugangsvermittlern zur Anwendung<br />

gelangen. Die für eine analoge Anwendung erforderliche planwidrige Regelungslücke sei gegeben.<br />

1060 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>20</strong> 24.10.<strong><strong>20</strong>18</strong>

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