ZAP-2018-20
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Fach 18, Seite 1608<br />
Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong><strong>20</strong>18</strong><br />
Sozialrecht<br />
Eheleute Arbeitslosengeld II vom beklagten Jobcenter erhielt. Auf Antrag des Klägers bewilligte der<br />
Beklagte Leistungen nur i.H.v. 306 € monatlich als Regelbedarf für erwerbsfähige, volljährige Angehörige<br />
einer Bedarfsgemeinschaft (Regelbedarfsstufe 3, § <strong>20</strong> Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB II) und keine Leistungen für<br />
Unterkunft und Heizung, weil er als Unter-25-Jähriger ohne Zusicherung des Leistungsträgers nach<br />
§ 22 Abs. 5 SGB II umgezogen sei. Der Kläger war vor dem SG und dem LSG erfolglos, mit seiner vom<br />
BSG zugelassenen Revision beanstandete er, bei der verfassungsrechtlich gebotenen restriktiven<br />
Anwendung des § 22 Abs. 5 SGB II sei eine Zusicherung nicht erforderlich, wenn vor dem Umzug kein<br />
Vertrag über die Unterkunft abgeschlossen worden sei und nur in einen Haushalt eingezogen werde,<br />
dessen Unterkunftsaufwendungen das Jocenter zuvor auch schon getragen habe. Die Revision war im<br />
Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung erfolgreich (BSG, Urt. v. 25.4.<strong><strong>20</strong>18</strong> – B 14 AS 21/17 R).<br />
Grundsätzlich haben alleinstehende Personen, wie der Kläger (mit seiner Freundin bzw. den Eheleuten<br />
K bestand keine Bedarfsgemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 SGB II), Anspruch auf einen Regelbedarf (§ <strong>20</strong> Abs. 1<br />
SGB II) nach Regelbedarfsstufe 1 (§ <strong>20</strong> Abs. 2 S. 1 SGB II). Abweichend hiervon besteht als sonstiger<br />
erwerbsfähiger, volljähriger Angehöriger einer Bedarfsgemeinschaft nur ein Anspruch nach Regelbedarfsstufe<br />
3 (§ <strong>20</strong> Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB II) für Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet<br />
haben und ohne Zusicherung des zuständigen Trägers nach § 22 Abs. 5 SGB II umziehen. Bedarfe für<br />
Unterkunft und Heizung werden, soweit sie angemessen sind, bei leistungsberechtigten Personen<br />
grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB II). Leben<br />
mehrere Personen in einer Wohnung, erfolgt ohne Rücksicht auf die mietvertraglichen Verpflichtungen<br />
eine Aufteilung der Aufwendungen nach Kopfteilen (s. oben 2.). Bei Personen, die das 25. Lebensjahr<br />
noch nicht vollendet haben und umziehen, werden diese Bedarfe nach § 22 Abs. 5 SGB II aber nur<br />
anerkannt, wenn der Leistungsträger dies vor Abschluss des Vertrags über die Unterkunft zugesichert<br />
hat. Den Feststellungen des LSG war nicht klar zu entnehmen, ob der Kläger vorliegend überhaupt einen<br />
Vertrag über die Unterkunft – den § 22 Abs. 5 SGB II ausdrücklich vorsieht – eingegangen ist. Nur wenn<br />
dies der Fall ist, gibt es einen Ansatz für das Erfordernis der Zusicherung und damit für das Eingreifen der<br />
leistungsbegrenzenden Ausnahmeregelungen für den Kläger als Unter-25-Jährigen nach einem Umzug.<br />
4. Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung<br />
Die Entscheidung des BSG (Urt. v. 25.4.<strong><strong>20</strong>18</strong> – B 14 AS 14/17 R) betraf die Höhe der Leistungen für<br />
Unterkunft und Heizung gem. § 22 Abs. 1 SGB II im Kalenderjahr <strong>20</strong>12. Die Klägerin und ihre 1996<br />
geborene Tochter – die ihren Bedarf mit eigenem Einkommen decken kann, also mit der Klägerin nach<br />
§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II keine Bedarfsgemeinschaft bildet – lebten in einer Dreizimmerwohnung, für die<br />
eine Bruttokaltmiete von 430 € sowie Heizkosten von 75 € (insgesamt 505 €) monatlich zu zahlen<br />
waren. Der Klägerin wurde für die Unterkunft 193,60 €, zzgl. Heizung insgesamt 231,10 €, bewilligt.<br />
Hierbei leitete das Jobcenter den Betrag aus dem Tabellenwert für einen Zweipersonenhaushalt im<br />
Wohnort der Klägerin nach dem Wohngeldgesetz zzgl. 10 % ab und teilte diesen durch 2. Die vertraglich<br />
vereinbarte Kaltmiete für einen Zweipersonenhaushalt – auf diesen wurde abgestellt, obwohl die<br />
Klägerin und ihre Tochter keine Bedarfsgemeinschaft bildeten – von 430 € hielt das Jobcenter für<br />
unangemessen. Die Klage auf Zahlung der Differenz zwischen den übernommenen Kosten für<br />
Unterkunft und Heizung und den insoweit bestehenden tatsächlichen Aufwendungen (½ von 505 €:<br />
monatlich 252,50 €) war in den Tatsacheninstanzen erfolglos. Auf die vom LSG zugelassene Revision hin<br />
hob das BSG die Urteile der Vorinstanzen auf und verurteilte zur Zahlung.<br />
Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II sind als Leistungen für die Unterkunft und Heizung die entsprechenden<br />
tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind. Bei mehreren Personen, die<br />
eine Wohnung gemeinsam bewohnen, hat grundsätzlich eine Aufteilung der gesamten Aufwendungen<br />
nach Kopfteilen zu erfolgen (s. oben 1.). Dieser beträgt vorliegend pro Person 215 € für die Unterkunft<br />
und 37,50 € für die Heizung (Summe: 252,50 €). Bei der Prüfung der Angemessenheit der Aufwendungen<br />
ist im Rahmen der sog. Produkttheorie (maßgeblich ist das Produkt aus angemessener Wohnfläche und<br />
angemessenem Quadratmeterzins) hinsichtlich der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße von den<br />
Werten des sozialen Wohnungsbaus auszugehen, und zwar hierbei allein von der Anzahl der Mitglieder<br />
einer Bedarfsgemeinschaft, nicht von den Bewohnern – auch wenn diese alle einer Familie angehören<br />
1066 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>20</strong> 24.10.<strong><strong>20</strong>18</strong>