Berliner Zeitung 23.11.2018
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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 274 · F reitag, 23. November 2018 23<br />
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Feuilleton<br />
Zum Show<br />
gewordenen<br />
Feierabend<br />
Jeff Goldblum unterhielt mit<br />
Jazz den Admiralspalast<br />
VonJohannes von Weizsäcker<br />
Umdem Leistungsdruck des Filmemachens<br />
zu entkommen,<br />
machen Hollywoodstars gerne Musik;<br />
Kiefer „24“ Sutherland geht mit<br />
seiner Countryband auf Tour,Johnny<br />
„Grindelwald“ Depp war erst diesen<br />
Sommer mit der Rockband HollywoodVampires<br />
in Berlin zu Gast.<br />
Jeff „Die Fliege“ Goldblum ist<br />
schon als Kind begeisterter Jazzpianist<br />
gewesen und tritt seit zehn Jahren<br />
in einer Bar namens Rockwell<br />
Table and Stage in Los Angeles auf,<br />
dort improvisiert ersich mit seiner<br />
Hausband, dem Mildred Snitzer Orchestra,<br />
durch Standards und redet<br />
dazwischen viel mit dem Publikum.<br />
Dieses Format brachte er am<br />
Mittwoch nach Berlin; schon eine<br />
halbe Stunde vor offiziellem Beginn<br />
der Veranstaltung plauderte der 1,94<br />
Meter große Star aus „Jurrassic Park“<br />
vorder Bühne mit seinem Publikum,<br />
fragte nach Namen, Herkunft oder<br />
Kenntnis verschiedener Nationalhymnen<br />
– neben der Marseillaise<br />
waren in der Gesangsrunde Polen,<br />
die Tschechische Republik und, von<br />
einem besonders sonoren Herren,<br />
Russland vertreten.<br />
Um 20 Uhr betrat das fünfköpfige<br />
Orchestramitsamt Gaststar Till Brönner<br />
die Bühne und begann mit Stücken<br />
vonCharles Mingus und Jimmy<br />
Smith. Zwischendurch wurden Goldblum<br />
Zettel mit Instruktionen für<br />
Publikumsinteraktionen gereicht; so<br />
musste er sich deutsche Titel amerikanischer<br />
Blockbuster-Filme übersetzen<br />
lassen und dann raten, welcher<br />
Film gemeint war. Dabei lernte<br />
Goldblum, dass „Dodgeball“ auf<br />
Deutsch „Voll auf die Nüsse“ heißt,<br />
und amüsierte uns mit seiner Aussprache<br />
der berühmten Bruce-Willis-<br />
Action-Reihe „Störb lungsm“! Zungenbrecher<br />
kamen vor, ebenso deutsche<br />
Idiome wie: „Das ist mir Wurst“.<br />
Trotz Pointenlosigkeit war das ganz<br />
vergnüglich, da Goldblum einer dieser<br />
Menschen ist, die einen durch ihre<br />
pureAnwesenheit amüsieren.<br />
Erkennen Sie den Film? Jeff Goldblum (l.)<br />
und Till Brönner<br />
VOTOS/ROLAND OWANITZKI<br />
Die irische Folk- und Jazzsängerin<br />
Imelady May trat auch mehrfach<br />
auf und sang irgendwas,Brönner<br />
spielte viele gute Trompetensoli,<br />
insbesondere imStück „It never<br />
entered my mind“ aus dem<br />
Musical „Higher and Higher“.<br />
Goldblum hingegen kaschierte<br />
sein durchaus musikalisches, aber<br />
in seiner improvisatorischen Weite<br />
limitiertes Spiel durch Überakzentuierung<br />
einzelner Noten, deren<br />
Folgenoten er dann verschwindend<br />
leise spielte, soals tauchten<br />
die Melodien nur vereinzelt aus einem<br />
großen Wasserstrudel auf.<br />
Das passte ganz gut zum Format:<br />
einfach irgendwas drauflosreden,<br />
fragmentarisch bleiben –eine<br />
etwas verwirrende, aber durchaus<br />
gemütliche Inhaltsleere; sozusagen<br />
der Show gewordene Feierabend.<br />
Doch könnte sich mancher Besucher<br />
mal ein stringenteres Kulturprogramm<br />
zum Feierabend gönnen:<br />
Als Goldblum ein kleines Quiz<br />
zu Fassbinder-Filmen improvisierte,<br />
blieb der Saal weitgehend<br />
unresponsiv.Schockierend!<br />
Blätter voller Zweifel<br />
Das DDR-Kunstarchiv Beeskow ist mit einer besonderen Grafik-und-Foto-Mappe zu Gast im Schloss Biesdorf<br />
VonIngeborg Ruthe<br />
Die Kunst der Grafik war<br />
beliebt zu DDR-Zeiten.<br />
Viele ältere wie junge<br />
Leute wurden zu Sammlern.<br />
Radierungen, Holzschnitte, Lithographien,<br />
Siebdrucke und Fotografiken<br />
eigneten sich bestens für die<br />
zuweilen tief- und hintersinnige<br />
Ausgestaltung selbst noch kleinster<br />
Plattenbau-Wohnungen.<br />
Es war eine demokratische Kunst.<br />
DieBlätter eher klein, dafür überaus<br />
erschwinglich und wenn man sich<br />
beeilte, waren sie bei den populären<br />
Grafik-Aktionen der Tageszeitungen<br />
zu haben. Gemeinsame Podien für<br />
die vielen passionierten Grafiker<br />
und Fotokünstler des Landes waren<br />
die vonInstitutionen und Massenorganisationen<br />
in Auftrag gegebenen<br />
Mappen zu historischen oder gesellschaftlichen<br />
Themen, zu Geschichte,Literatur,Poesie.<br />
Viele dieser Mappen befinden<br />
sich im heutigen DDR-Kunstarchiv<br />
Beeskow im Oder-Spree-Land.<br />
Überhaupt lagerndort20000 Kunstwerke<br />
aus DDR-Zeit. Nun ist diese<br />
1991/92 vomletzten DDR-Kulturminister<br />
Herbert Schirmer ins Leben<br />
gerufene, durch viele Fährnisse gegangene,<br />
aber inzwischen anerkannte<br />
Einrichtung zu Gast im<br />
schönsten Ausstellungshaus des<br />
Stadtbezirkes Marzahn-Hellersdorf:<br />
im Schloss Biesdorf.<br />
36 Blätter für die Mappe<br />
In einem der oberen Säle hängen nun<br />
jene im Jahr 1987 bestellten Blätter<br />
und Fotos für die Mappe „… und des<br />
Menschen Größe“. Einundzwanzig<br />
namhafte Künstler aus dem ganzen<br />
Land setzten sich intensiv mit Gedichten<br />
Johannes R. Bechers<br />
(1891–1958) auseinander –und damit<br />
auch mit der widersprüchlichen, ja<br />
geradezu zerrissenen Person dieses<br />
sensiblen Poeten auf der einen und<br />
des linientreuen Sozialisten und hohen<br />
DDR-Kunst-Funktionärs nach<br />
den Exiljahren in der UdSSR auf der<br />
anderen Seite, der am Ende seines<br />
Lebens desillusioniert und zweifelnd<br />
auf die doktrinäre Kunst der<br />
Stalinzeit schaut.<br />
Blatt für Blatt, Fotografie für Fotografie<br />
bei den insgesamt 36 Arbeiten<br />
aus dem Jahr 1987 können wir entdecken,<br />
wo die Grenzen des Sagbaren<br />
verliefen, wo Unausgesprochenes<br />
zu Form, Fleck, Chiffre oder<br />
Schatten wurde.Spielräume wurden<br />
ausgenutzt –und auch gewährt. Die<br />
inhaltlichen Bedeutungen waren<br />
gleichnishaft, verschlüsselt. Aber<br />
auch mitunter direkt, etwa in einer<br />
düster-grünlichen Aquatinta-Radierung<br />
des zivilcouragierten „Heimatkundlers“<br />
Manfred Butzmann. Bechers<br />
dichterische Euphorie und<br />
einstige Zukunftsgläubigkeit vonder<br />
Christine Perthens Radierung fragt zweisamkeitsversunken, aber auch ein<br />
wenig bang: „Wohin die Zeit wohl geht?“<br />
MAPPE KUNSTARCHIV/CHRISTINE PERTHEN<br />
„o.T.(Beinahe)“, 1987. Den amtlich-spartanischen Amtsraum, aber mit<br />
Sammeltasse, fotografierte Manfred Paul.<br />
MAPPE KUNSTARCHIV/ MANFRED PAUL<br />
Einer von uns<br />
„ausstrahlenden Hymne der Verbrüderung“<br />
endet bei Butzmann als bitter-melancholisches<br />
Bild vom<br />
„Strahlenden Land“: Wir sehen eine<br />
sarkastische Metapher für eine<br />
(strahlende) militärisch abgesteckte<br />
Landschaft nahe Minsk nach der<br />
Atomreaktorkatastrophe im ukrainischen<br />
Tschernobyl. 70 Prozent des<br />
radioaktiven Niederschlags landeten<br />
damals in Weißrussland. Diese fatale<br />
Tatsache wurde verschwiegen und<br />
wirdbis heute heruntergespielt.<br />
Johannes R. Becher, der einst so<br />
expressiv-pathetische, am Lebensende<br />
zweifelnde Kommunist und<br />
Dichter, Autor der Nationalhymne<br />
der DDR, die mit „Auferstanden aus<br />
Ruinen“ begann, hat auch die Künstler<br />
dieser Mappe zum Grübeln gebracht.<br />
VonMauerbau und Mauerfall<br />
konnte Becher, der NS-Verfolgung<br />
und das sowjetische Exil überstanden<br />
hatte,nichts wissen, als er 1958 starb.<br />
VonGlobalisierung auch nichts.<br />
Einzerrissener Dichter<br />
Aber die Melancholie der letzten<br />
Texte dieses das sozialistische System<br />
stärkenden wie zuletzt bezweifelnden<br />
Mannes ist eingesickert indas<br />
Foto von Manfred Paul, Vertreter der<br />
sogenannten Autorenfotografie. Wir<br />
erblicken eine kahle Amtstube, eine<br />
Sammeltasse und lediglich die Beine<br />
vonzweiLeuten.Wirkönnen nur vermuten,<br />
dass die beiden hier miteinander<br />
reden wollen –könnten, sollen.<br />
DasGefühl ist: Sprachlosigkeit inmitten<br />
des Strudels der gesellschaftlichen<br />
Verhältnisse, 1987, zwei Jahre<br />
vordem Mauerfall.<br />
Christine Perthens fast schmerzhaft<br />
hartlinige Radierung „Wohin die<br />
Zeit wohl geht?“ thematisiert offensichtlich<br />
eine Liebe in Zeiten der Unmöglichkeit.<br />
Zweisamkeit bei großer<br />
Einsamkeit. Und Wolfgang Mattheuer,<br />
einer der großen Protagonisten<br />
der Alten Leipziger Schule und<br />
immer mehr ein Zweifler am Sieg des<br />
Sozialismus, schnitt ins Langholz<br />
und druckte in Schwarz-Weiß<br />
„Größe und Elend“ eines Dichters.<br />
Mattheuer bemühte wie so oft die<br />
antiken Mythen für seine Bildsprache.<br />
Der Mensch, Krone der Schöpfung<br />
homo sapiens, im Profil. Auf<br />
den horizontalen, aber wackligen Linien<br />
des Lebens trägt er wie einen<br />
Stempel die Zeichen des menschlichen<br />
Makels.Ikarus will fliegen, aber<br />
die Flügel sind geknickt, er kommt<br />
der Sonne zu nahe, stürzt tief hinab<br />
in die Flammen, zu bösen Mächten,<br />
dem Totenkopf des Krieges,zuKains<br />
Brudermord-Messer.<br />
All das steckt in dieser weitsichtigen<br />
zweifelsprallen Grafikmappe.<br />
Wiegut, dass sie ausgepackt wurde.<br />
Schloss Biesdorf Alt-Biesdorf 55,bis 25. Februar,Mi–Mo<br />
10–18/Fr 12–21 Uhr.<br />
Tel.: 516567790, www.schlossbiesdorf.de<br />
Grandios gespielt: Der Film „Murer“ von Christian Frosch seziert einen österreichischen Justizskandal<br />
VonPhilipp Bühler<br />
Kein Anzug und schon gar keine<br />
Parteiabzeichen, rät der Anwalt.<br />
„Eine abgewetzte Tracht, das<br />
ist Heimat.“ Wenn Franz Murer,<br />
hochrespektierter Großbauer und<br />
ÖVP-Mitglied, vor seine Richter<br />
tritt, soll er Volksnähe ausstrahlen.<br />
So richtig nötig ist das nicht. Als<br />
dem mutmaßlichen „Schlächter<br />
von Vilnius“ im Jahr 1963 der Prozess<br />
gemacht wird, steht Volkes<br />
Stimme ganz auf seiner Seite.<br />
„Murer –Anatomie eines Prozesses“<br />
nennt Christian Frosch seinen<br />
Film, der im Grunde ein ganzes Land<br />
seziert. Der Grazer Kriegsverbrecherprozess<br />
gegen Murerwar das österreichische<br />
Pendant zu den Frankfurter<br />
Auschwitzprozessen kurz zuvor,<br />
der Ausgang allerdings noch<br />
kläglicher. Adolf Eichmann hatte<br />
Mattheuer-Holzschnitt zu Johannes R. Becher „Größe und Elend“, Grafikmappe<br />
1987. MAPPE KUNSTARCHIV/ WOLFGANG MATTHEUER/VG BILDKUNST BONN 2018<br />
Murerals Täter benannt, bei seinem<br />
eigenen Prozess in Jerusalem. In der<br />
Sowjetunion war er bereits verurteilt.<br />
Simon Wiesenthal, der „Nazijäger“,<br />
hatte ihn endlich auch in der<br />
Heimat vor Gericht gebracht und<br />
zahlreiche Überlebende des Holocaust<br />
aus allerWelt als Zeugen aufgeboten.<br />
An der Täterschaft Murers,<br />
der Ermordung von 5000 Juden im<br />
Ghetto von Vilnius angeklagt, bestand<br />
eigentlich kein Zweifel. Doch<br />
in einer unheimlichen Volte wurden<br />
Täter zu Opfern, und Opfer zuTätern<br />
gemacht. Am Ende blieb nicht einmal<br />
ein Skandal.<br />
Frosch will nicht nur einen über<br />
fünfzig Jahre alten Fall rekonstruieren,<br />
sondern ein österreichisches<br />
„Narrativ“ aufdecken, das bis heute<br />
wirkt. Das gelingt ihm mit einer klugen<br />
Kameraarbeit, die das prinzipiell<br />
statische Gerichtsgeschehen auflo-<br />
ckert, und einer bestechenden Besetzung.<br />
Simon Wiesenthal, gespielt<br />
von Karl Markovics, bleibt als Reizfigur<br />
wohlweislich außen vor. Umso<br />
lebendiger agiert das multiperspektivisch<br />
geordnete Ensemble. Die in<br />
Restaurants debattierenden Zeugen<br />
aus den USA oder Israel mit ihren<br />
Verletzungen und Zweifeln, die Politiker<br />
und Journalisten an der Hotelbar,der<br />
Staatsanwalt und seine Frau<br />
–sie alle tragen bei zu einer immensen<br />
Stimmenvielfalt, genauso wie<br />
die Geschworenen, die mit wenigen<br />
Ausnahmen ein ganzes Volk auf der<br />
Anklagebank sehen. Für die Politiker<br />
repräsentieren letztere die relevante<br />
Zielgruppe. Eine Wahl steht an, da<br />
kann man auf die Stimmen der„Ehemaligen“<br />
nicht verzichten.<br />
Als ihren Stellvertreter und Fürsprecher<br />
erkennen sie bald jenen<br />
Anwalt, der um die Wirkung von<br />
Kleidung weiß. Welche Uniformtrug<br />
denn der Angeklagte in Vilnius? War<br />
sie grau oder braun? Alexander E.<br />
Fennon, gelernter Method-Actor,<br />
spielt atemberaubend als dieser Verteidiger<br />
Böck, der nichts auslässt, die<br />
Aussagen der Zeugen in Zweifel zu<br />
ziehen. Schnarrend, schleimend, in<br />
einem Satz von grausamer Kälte zu<br />
augenzwinkerndem Verständnis<br />
wechselnd, stellt er die Geschichte<br />
auf den Kopf. Wer glaubt, nach so<br />
vielen Jahren alle Verharmlosungen,<br />
Ausreden und Beschwichtigungen<br />
zu kennen, wird indiesem unwirklichen<br />
Schauspiel eines Besseren belehrt.<br />
Es geht immer noch weiter.<br />
Murer –Anatomieeines Prozesses<br />
Österreich/Luxemburg 2018. Buchund Regie:<br />
Christian Frosch, Darsteller:KarlFischer,<br />
KarlMarkovics, Alexander E. Fennon u.a.;<br />
137 Min., Farbe, FSK: ohneAngabe<br />
Zwischen<br />
Wohligkeit<br />
und Schmerz<br />
Das Artemis-Quartett steht<br />
vor ungewisser Zukunft<br />
VonClemens Haustein<br />
Esscheint so,als seien die Tage des<br />
Artemis-Quartetts gezählt. Im<br />
vergangenen September gab Eckart<br />
Runge, das letzte noch verbliebene<br />
Gründungsmitglied des Ensembles,<br />
seinen Ausstieg zum Ende der laufenden<br />
Saison bekannt. Gemeinsam<br />
mit ihm wird auch die zweite Geigerin<br />
Anthea Kreston ausscheiden<br />
nach nur drei Jahren. Übrig bleiben<br />
Vineta Sareika, die seit 2012 Primaria<br />
des Quartettes ist, und Gregor Sigl,<br />
der nach dem Tod von Bratscher<br />
Friedemann Weigle vor drei Jahren<br />
von der Geige auf die Viola wechselte.<br />
Mit zwei neuen Mitgliedern<br />
(das Ensemble will noch diesen<br />
Herbst fündig werden) hätte das in<br />
Berlin stationierte Quartett sämtliche<br />
Positionen durchgewechselt seit<br />
Sareika die erste Geige übernahm.<br />
Kann ein Streichquartett, auch mit<br />
einer so kraftvollen Identität wie das<br />
Artemis, so etwas aushalten? Machen<br />
die Konzertveranstalter mit?<br />
Seufzende Melodie<br />
Wie hart der Weggang von Eckart<br />
Runge das Quartett treffen wird, des<br />
eloquenten Cellisten, der mit seiner<br />
Person bei allen Wechseln bislang<br />
für die Kontinuität stand, das wurde<br />
am Mittwoch im Kammermusiksaal<br />
der Philharmonie sehr deutlich.<br />
Zwei Soli reichen aus, umklar zu<br />
machen, dass jetzt schon ein kleine<br />
Welt liegt zwischen ihm und seinen<br />
Mitspielern, was musikalische Fantasie<br />
und farbenreiches Spiel angeht.<br />
Wie Runge im langsamen Satz<br />
von Bela Bartóks viertem Streichquartett<br />
seinen Monolog hält vor<br />
morgendämmerigen Liegetönen in<br />
den drei übrigen Instrumenten, mit<br />
zarter Übersicht, mit rhythmischer<br />
Eleganz, wie improvisierend –das<br />
lässt den Atem stocken. Nicht anders<br />
im langsamen Satz von<br />
Brahms’ zweitem Streichquartett a-<br />
Moll mit seinem klagenden ersten<br />
Thema. Wie weit diese seufzende<br />
Melodie sich aufspannt zwischen<br />
Schmerz und Wohligkeitsschauern,<br />
das begreift man so recht erst, wenn<br />
sie etwa in der Mitte des Satzes in<br />
die Hände des Cellisten gerät.<br />
Hört man Runge anders zu, seit<br />
sein Abschied bekannt ist? Allerdings<br />
drängt sich, abgesehen von Anthea<br />
Kreston, die jede Gelegenheit nutzt,<br />
um aus ihrem Dasein als zweite<br />
Geige hervorzuleuchten, auch niemand<br />
sonst in den Vordergrund. Vineta<br />
Sareika als stählerne Grazie<br />
führt eher ein Projekt größter klanglicher,<br />
nicht selten artifiziell anmutender<br />
Kultiviertheit an. Besonders<br />
bei Joseph Haydns „Reiterquartett“<br />
zu Beginn geschieht Erstaunliches:<br />
Romantisch ist diese Interpretation<br />
durch und durch mit vielVibrato und<br />
seidenweicher Artikulation. Es muss<br />
an der Ausgewogenheit der Stimmen<br />
liegen, dem noblen, innerlich gespannten<br />
Gesamtklang, dass diese<br />
Aufführung dennoch als „klassisch“<br />
durchgeht. Manfragt sich allerdings,<br />
ob das ausreicht, den Artemis-Mythos<br />
in Zukunft am Leben zu halten.<br />
TOP 10<br />
Mittwoch, 21. November<br />
1 Saat des Terrors ARD 4,90 16 %<br />
2 Tagesschau ARD 4,81 16 %<br />
3 Quiz-Champion ZDF 4,17 13 %<br />
4 heute ZDF 4,07 16 %<br />
5 heute-journal ZDF 3,87 14 %<br />
6 RTL aktuell RTL 3,76 15 %<br />
7 SOKOWismar ZDF 3,68 17 %<br />
8 GZSZ RTL 3,60 12 %<br />
9 Wer weiß denn...? ARD 3,54 16 %<br />
10 Spur des Terrors ARD 3,51 13 %<br />
ZUSCHAUER IN MIO/MARKTANTEIL IN %