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Berliner Zeitung 23.11.2018

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4* <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 274 · F reitag, 23. November 2018<br />

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Politik<br />

NACHRICHTEN<br />

Kassenausgaben für<br />

Mutterschaftsgeld steigen<br />

DieAusgaben der gesetzlichen Krankenkassen<br />

für das Mutterschaftsgeld<br />

sind in den vergangenen gut zehn<br />

Jahren um knapp 40 Prozent gestiegen.<br />

Dasgeht aus der Antwortdes<br />

Bundesfamilienministeriums auf<br />

eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion<br />

hervor, die der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong><br />

(RedaktionsnetzwerkDeutschland)<br />

vorliegt. DieAusgaben beliefen<br />

sich 2017 auf 699 Millionen Euro –39<br />

Prozent mehr als noch 2007. DenAngaben<br />

zufolge wurde die Leistung im<br />

vergangenen Jahr in 470 668 Fällen<br />

gezahlt. 2007 waren es 348 255 Fälle<br />

gewesen. (rb.)<br />

Erstmals mehr<br />

Organspender<br />

Nach Jahren des Rückgangs ist die<br />

Zahl der Organspender in Deutschland<br />

erstmals wieder gestiegen. Bis<br />

Mitte November wurden 832 Spender<br />

registriert–mehr als im gesamten<br />

Vorjahr,wie die Deutsche Stiftung<br />

Organtransplantation (DSO)<br />

am Donnerstag in Frankfurtam<br />

Main mitteilte.2017 wurden 797<br />

SpendernOrgane entnommen, das<br />

war der niedrigste Stand seit 20 Jahren.<br />

Auch die Zahl der entnommenen<br />

Organe steigt. (AFP)<br />

Neuer Betrug mit<br />

Phantom-Aktien<br />

Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft<br />

Köln gibt es Hinweise auf eine<br />

bislang unbekannte Masche,mit der<br />

Banker und Aktienhändler Millionensummen<br />

an Steuergeldernergaunerthaben<br />

könnten. Dabei geht es<br />

um„Phantom-Papiere“ –Aktien, die<br />

gar nicht existieren und für die von<br />

Banken Steuerbescheinigungen ausgestellt<br />

und dann erstattet wurden.<br />

Konkret geht es um Geschäfte mit sogenannten<br />

American DepositaryReceipts<br />

(ADR). Diese Papierewerden<br />

vonBanken ausgestellt und in den<br />

USA stellvertretend für ausländische<br />

Aktien gehandelt. (dpa)<br />

Rekord bei Konzentration<br />

der Treibhausgase<br />

Mit den Eisflächen schrumpft der Lebensraum<br />

der Eisbären in der Arktis.<br />

DPA<br />

DieKonzentration der Treibhausgase<br />

in der Atmosphäreist Messungen der<br />

Klimaforscher zufolge so hoch wie<br />

nie.„Es gibt keine Anzeichen für eine<br />

Umkehrung des Trends,der zu langfristigem<br />

Klimawandel, dem Meeresspiegelanstieg,<br />

derVersauerung der<br />

Meereund mehr extremenWettersituationen<br />

beiträgt“, warnte dieWeltwetterorganisation<br />

am Donnerstag in<br />

ihrem jährlichen Bulletin.„Ohne rapideVerringerungen<br />

vonCO 2 und anderen<br />

Treibhausgasen wirdder Klimawandel<br />

immer stärkerezerstörerische<br />

und unumkehrbareFolgen für<br />

die Erde haben“, warnte die Organisation.<br />

(dpa)<br />

Zahl der HIV-Neuinfektionen<br />

leicht rückläufig<br />

Nach längerer Stagnation haben sich<br />

im Vorjahr in Deutschland etwas weniger<br />

Menschen mit dem Aidserreger<br />

HIV angesteckt. DieZahl der<br />

Neuinfektionen 2017 werdeauf etwa<br />

2700 geschätzt, berichtet das Robert<br />

Koch-Institut in einem am Donnerstag<br />

veröffentlichten Report. Für 2014<br />

bis 2016 werden jeweils 2900 Neuinfektionen<br />

angenommen. (dpa)<br />

Ein wenig Optimismus<br />

Vordem Brexit-Sondergipfel einigt sich May mit der EU, wie die Beziehungen in Zukunft gestaltet werden sollen<br />

VonDetlef Drewes, Brüssel<br />

Zusammensetzen, abstimmen,<br />

nach Hause fliegen –<br />

EU-Ratspräsident Donald<br />

Tusk hat sich bei derVorbereitung<br />

des Brexit-Sondergipfels von<br />

großem Optimismus leiten lassen.<br />

Nurgut zwei Stunden soll das außerordentliche<br />

Treffen der 27 Staatsund<br />

Regierungschefs am kommenden<br />

Sonntag in Brüssel dauern: eine<br />

Stunde mit der britischen Premierministerin<br />

Theresa May, eine Stunde<br />

ohne sie.<br />

Das könnte klappen, denn am<br />

Donnerstag ist den Unterhändlern<br />

bei ihren weiter andauernden Verhandlungen<br />

ein wichtiger Schritt gelungen,<br />

der sogar May amNachmittag<br />

veranlasste,von einem „richtigen<br />

Deal für dasVereinigte Königreich“ zu<br />

sprechen:„Erbringt uns die Kontrolle<br />

über unsere Grenzen, über unser<br />

Geld und unsereGesetzewieder“.<br />

Spanier schauen auf Gibraltar<br />

Vorausgegangen war eine Einigung<br />

„im Prinzip“, so Tusk, auf die Grundsätze<br />

jener politischen Erklärung,<br />

über die am Sonntag entschieden<br />

werden soll. Sie ist –neben dem bereits<br />

veröffentlichten Austrittsvertrag<br />

– das wichtigste Dokument.<br />

Schließlich enthält sie die Leitlinien,<br />

die nach dem Austritt des Vereinigten<br />

Königreiches aus der Union am<br />

29. März 2019 in eine Art Grundlagenvertrag<br />

einfließen sollen. Man<br />

wolle eine „ehrgeizige“ und „tiefe“<br />

wirtschaftliche und politische Partnerschaft,<br />

heißt es da.<br />

Im ökonomischen Bereich solle<br />

ein „Freihandelsgebiet geschaffen<br />

werden“ –ohne Zölle, Abgaben und<br />

mengenmäßige Beschränkungen.<br />

Man wolle den Unternehmen eine<br />

Fortsetzung ihrer Geschäftstätigkeiten<br />

möglichst leicht machen. Außerdem<br />

erklärten sich beide Partner bereit,<br />

die zunächst bis Ende 2020 befristete<br />

Übergangsperiode,inder die<br />

Insel noch in einer Zollunion mit der<br />

Gemeinschaft verbleibt und sich<br />

deshalb wenig ändert, gegebenenfalls<br />

bis Ende 2022 zu verlängern.<br />

Daswäre, wurde in Brüssel betont,<br />

„ein großer Schritt auf Großbritannien<br />

zu“, weil man damit vielleicht<br />

den ungeliebten Backstop verhindernkönnte,eine<br />

langfristige Verlängerung<br />

der Zollunion. Dieses Instrument<br />

war erdacht worden, um eine<br />

Gut unterwegs: Premierministerin Theresa Mayund EU-Chef Jean-Claude Juncker.<br />

Handel: Die EU und Großbritannienstreben<br />

die „Schaffung<br />

eines Freihandelsgebiets“für<br />

Waren ohne Zölle,<br />

Abgaben oder mengenmäßige<br />

Beschränkungen an. „So<br />

engwie möglich“ sollen die<br />

Handelsbeziehungen werden.<br />

POLITISCHE ERKLÄRUNG<br />

Zölle: Das Ausmaß der Zollkontrollen<br />

an den Grenzen<br />

hängevon durch London eingegangenen<br />

Verpflichtungen<br />

gegenüber der EU ab.Beide<br />

Seiten wollen „so ehrgeizig<br />

wie möglich“ dabei sein, sie<br />

möglichst gering zu halten.<br />

Reisen: Die EU respektiert<br />

den britischen Wunsch nach<br />

einem Ende der Reise- und<br />

Niederlassungsfreiheit für<br />

ihre Bürger.Stattdessen soll<br />

es „Mobilitätsvereinbarungen“<br />

geben. Ziel istVisa-freies<br />

Reisen für bis zu 90 Tage.<br />

Gute Chancen für eine Brandenburgerin<br />

harte Grenze zwischen Nordirland<br />

und dem Königreich zu verhindern.<br />

Dennoch sind auf dem Wegzum<br />

Sonntag noch nicht alle Stolpersteine<br />

aus dem Weggeräumt. Auch Bundeskanzlerin<br />

Angela Merkel sieht noch<br />

Klärungsbedarf beim Brexit. „Wir<br />

sind einen Schritt vorangekommen,<br />

aber es wirdsicherlich noch viele Diskussionen<br />

insbesondere auch in<br />

Großbritannien benötigen“, sagte<br />

Merkel. Sie fügte aber hinzu: „Ich<br />

werdealles daran setzen, dass wir ein<br />

Abkommen hinbekommen.“<br />

Frankreich und offenbar einige<br />

andere Staaten wollen zudem noch<br />

Korrekturen bei den Fischereirechten<br />

in der Irischen See durchsetzen.<br />

Der derzeit schärfste Widerstand<br />

aber kam bisher aus Spanien. Madrid<br />

wehrte sich dagegen, dass der<br />

künftige Status der britischen Enklave<br />

Gibraltar im Rahmen des Austrittsvertrags<br />

(also durch die EU) geregelt<br />

wird. „Künftige Verhandlungen<br />

über Gibraltar sind getrennte<br />

Verhandlungen“, bekräftigte der<br />

spanische Außenminister Josep Borrell<br />

in dieser Woche.<br />

Sturgeon: Jede Menge Einhörner<br />

DerSüdzipfel der Iberischen Halbinsel<br />

gehört seit 1713 zu Großbritannien.<br />

Bei zwei Volksabstimmungen<br />

votierten die Bewohner Gibraltars<br />

für die Zugehörigkeit zu London. Der<br />

spanische Ministerpräsident Pedro<br />

Sanchez, der im kommenden Jahr<br />

vor Regionalwahlen steht und sich<br />

deshalb Zugeständnisse nicht leisten<br />

kann, wittert ineiner EU-Regelung<br />

den Versuch, spanische Hoheitsansprüche<br />

ein für alle Mal zu<br />

verlieren.<br />

Allerdings könnte eine Lösung<br />

nun auch in dieser Frage greifbar<br />

nahe sein. Premierministerin May<br />

sagte am Donnerstag, sie habe mit<br />

Sanchez telefoniert und sie sei sich<br />

„sicher, dass es am Sonntag einen<br />

Deal für die ganze britische Familie<br />

geben wird –einschließlich Gibraltar“.<br />

Wasnun noch offen ist, soll bis<br />

Sonntagvormittag geklärtwerden.<br />

Scharfe Kritik an der politischen<br />

Brexit-Erklärung übte allerdings<br />

Schottlands Regierungschefin Nicola<br />

Sturgeon. „Jede Menge Einhörner,die<br />

an die Stelle vonFakten über<br />

die künftigen Beziehungen treten“,<br />

twitterte sie.Mit Einhörnernwerden<br />

in Großbritannien unrealistische politische<br />

Ziele umschrieben.<br />

Grünen-Politiker aus ganz Europa treffen sich in Berlin, um ihre Spitzenkandidaten für die Europawahl zu küren<br />

VonMarina Kormbaki<br />

Es gab mal eine Zeit, da lösten<br />

Umfragen, die die Grünen bei<br />

mehr als zehn Prozent sahen, Jubelstürme<br />

unter den Anhängern der<br />

Partei aus.Seit einigen Wochen sieht<br />

jede neue Umfrage die Grünen bei<br />

über 20 Prozent, und die Partei<br />

nimmt dies mit auffallender Zurückhaltung<br />

zur Kenntnis. Sie weiß: Die<br />

Bewährungsprobe steht ja erst noch<br />

bevor –imkommenden Jahr, wenn<br />

zunächst das EU-Parlament und<br />

später dann die Landtage von Brandenburg,<br />

Sachsen und Thüringen<br />

neu gewählt werden.<br />

Gutvernetzt<br />

Ska Keller mag sich jetzt aber keine<br />

Zweifel anmerken lassen. „Uns Grünen<br />

geht es zurzeit gut, und zwar in<br />

ganz Europa“, sagt die 37-jährige<br />

Brandenburgerin. „Auch über<br />

Deutschland hinaus sind unsere<br />

Wahlergebnisse und Umfragewerte<br />

gut, etwa in Luxemburg, Belgien,<br />

Finnland und den Niederlanden.<br />

Selbst in Osteuropa greifen viele gesellschaftliche<br />

Initiativen grüne Themen<br />

auf.“ Siehofft, dass der Grünen-<br />

Höhenflug noch eine Weile anhält.<br />

Keller, geboren in Guben, wurde<br />

vor zwei Wochen zur Spitzenkandidatin<br />

der deutschen Grünen für die<br />

Europawahl im Mai gewählt. Wenn<br />

am Freitag und Sonnabend in Berlin<br />

Vertreter aller europäischen Grünen-Parteien<br />

zusammenkommen,<br />

will Keller für den Spitzenplatz der<br />

europäischen Grünen kandidieren.<br />

Ihre Wahl gilt als sicher:<br />

Die Fraktionschefin der<br />

Grünen im EU-Parlament<br />

ist gut vernetzt in Europa,<br />

mit ihrem Eintreten für<br />

eine offenherzige Asylpolitik<br />

profilierte sie sich als<br />

Gegenbild zu nationalen<br />

GETTY IMAGES<br />

wahren, was ist –mit dieser eigentlich<br />

ja konservativen Haltung ziehen die<br />

Grünen in denWahlkampf.<br />

Sven Giegold, der an der Seite Kellers<br />

die deutschen Grünen in den<br />

Wahlkampf führt, macht das Einstehen<br />

für europäische Werteals Alleinstellungsmerkmal<br />

der Grünen<br />

aus. „Sowohl die Konservativen<br />

als auch die Sozialdemokraten<br />

haben den<br />

Bogen überspannt“, sagt<br />

Giegold. Er verweist einerseits<br />

auf den nationalistischen<br />

ungarischen Premier<br />

Viktor Orbán, der an<br />

Ska der Seite von CDU/CSU<br />

Keller Teil der konservativen Parteienfamilie<br />

EVP ist, und<br />

andererseits auf die zurzeit mit dem<br />

Abbau des Rechtsstaats befasste rumänische<br />

Regierung, die den Sozialdemokraten<br />

angehört. „Wir werden<br />

im Wahlkampf Druck auf Konservativeund<br />

Sozialdemokraten ausüben,<br />

sich zum Wertefundament Europas<br />

zu bekennen“, kündigt Giegold an.<br />

Bei der letzten Europawahl 2014<br />

kamen die Grünen europaweit auf<br />

6,7 Prozent; die deutschen Grünen<br />

trugen mit 10,7 Prozent erheblich<br />

zum Gesamtergebnis bei. Seither hat<br />

es tatsächlich in mehreren EU-Staaten<br />

mit schwächelnder Sozialdemo-<br />

AFP<br />

Regierungen, die auf Abschottung<br />

setzen.<br />

Den Grundton für den<br />

Grünen-Europawahlkampf<br />

hat Parteichef Robert Habeck<br />

bereits gelegt. Es ist ein Grundton der<br />

Sorgeund Ernsthaftigkeit. „Wir leben<br />

in einem Europa, das von rechts wie<br />

vonlinks attackiertwird“, sagte Habeck<br />

auf dem Parteitag vor zwei Wochen.<br />

Ähnlich klingt Keller, wenn sie<br />

von der Bedeutung der Europawahl<br />

spricht. „Es geht bei den Wahlen im<br />

Maiumnichts weniger als um die Zukunft<br />

der Europäischen Union. Viel<br />

zu lange haben wir das vereinte Europa<br />

als Selbstverständlichkeit hingenommen.<br />

Damit ist es nun vorbei“,<br />

sagt Keller. Sie wollen vor allem bekratie<br />

und erstarkenden Rechten vor<br />

allem auf kommunaler Ebene eine<br />

grüne Welle gegeben –inanderen,<br />

vor allem in osteuropäischen Staaten<br />

wiederum nicht. „Die Situation<br />

der Grünen ist in Europa sehr unterschiedlich,<br />

doch überall rücken die<br />

Auswirkungen der Klimakrise in den<br />

Fokus“, sagt Franziska Brantner, Europa-Expertin<br />

der Grünen im Bundestag.<br />

„Die Überschwemmungen<br />

im Süden, die Waldbrände im Norden<br />

und Dürrebei uns –die EU muss<br />

darauf schnell überzeugende Antworten<br />

liefern und dafür braucht es<br />

noch stärkere Grüne im Europaparlament“,<br />

sagt Brantner.<br />

Verschiebungen im Machtgefüge<br />

Die europäischen Grünen wollen<br />

zum Machtfaktor werden, ihreChancen<br />

stehen nicht schlecht. Denn auch<br />

im EU-Parlament deuten sich große<br />

Verschiebungen im Machtgefüge an:<br />

Radikale und Populisten gewinnen<br />

an Zuspruch, Sozial- und Christdemokraten<br />

schwächeln, Liberale dürften<br />

durch den Schulterschluss mit<br />

dem französischen Präsidenten Emmanuel<br />

Macron Auftrieb erfahren.<br />

Gutmöglich, dass im Maieine proeuropäische<br />

Koalition im EU-Parlament<br />

nicht ohne Grüne zustandekommen<br />

kann.<br />

Richter wehrt<br />

sich gegen<br />

Trump<br />

Vorsitzender des Supreme<br />

Court übt offene Kritik<br />

Die Richterschelte von US-Präsident<br />

Donald Trump hat den<br />

obersten Verfassungshüter des<br />

Landes auf den Plan gerufen. Der<br />

Vorsitzende Richter des Supreme<br />

Court, John Roberts, übte am Mittwoch<br />

in einem höchst ungewöhnlichen<br />

Schritt offene Kritik an Trump,<br />

nachdem dieser den Richter einer<br />

untergeordneten Instanz attackiert<br />

hatte. Trump ließ das nicht auf sich<br />

sitzen und wies den Verfassungsrichter<br />

per Twitter zurecht. Auslöser<br />

des Schlagabtauschs war zunächst<br />

Trumps Attacke auf den Bundesrichter<br />

JonTigar aus San Francisco. Dieser<br />

hatte zu Wochenbeginn die vom<br />

Präsidenten angeordnete Einschränkung<br />

des Asylrechts per einstweiliger<br />

Verfügung gestoppt. Trump<br />

bezichtigte Tigar daraufhin der politischen<br />

Voreingenommenheit, indem<br />

er ihn als „Obama-Richter“ bezeichnete.<br />

Tigar war vomfrüheren Präsidenten<br />

Barack Obama ernannt worden.<br />

Das Urteil sei eine „Schande“, sagte<br />

Trump. „Und ich sag euch was, das<br />

wird nicht mehr passieren.“ Roberts<br />

verwahrte sich am Mittwoch gegen<br />

Trumps Verbalattacke auf Tigar und<br />

verwies auf die Unabhängigkeit der<br />

Justiz. „Wir haben keine Obama-<br />

Richter oder Trump-Richter, Bush-<br />

Richter oder Clinton-Richter“, erklärte<br />

Roberts in einem an die US-<br />

Nachrichtenagentur AP übermittelten<br />

Statement. „Die unabhängige<br />

Gerichtsbarkeit ist etwas,für das wir<br />

alle dankbar sein sollten“, betonte er.<br />

„Was wir haben, ist eine außerordentliche<br />

Gruppe engagierter Richter,die<br />

ihr Bestes geben, um gleiches<br />

Recht gegenüber jenen walten zu<br />

lassen, die vor ihnen erscheinen“,<br />

merkte Roberts an.<br />

Extrem seltener Vorgang<br />

Trump hat wiederholt einzelne Richter<br />

attackiert, die ihm mit Entscheidungen<br />

in die Quere gekommen<br />

sind. Dass ein amtierender Richter<br />

des Supreme Court den US-Präsidenten<br />

derart offen kritisiert, ist ein<br />

extrem seltener Vorgang. Roberts gehört<br />

dem konservativen Flügel am<br />

Obersten Gericht an. Trump twitterte,die<br />

Parteilichkeit vonTeilen der<br />

Justiz sei „schockierend“. Er bezog<br />

sich dabei insbesondere auf das<br />

Bundesbezirksgericht in San Francisco<br />

für den nördlichen Bezirk Kaliforniens,das<br />

seine Verschärfung des<br />

Asylrechts zur Eindämmung illegaler<br />

Migration am Dienstag vorläufig gestoppt<br />

hatte.<br />

Solche Urteile „machen unser<br />

Land unsicher“, schrieb Trump.<br />

„Sehr gefährlich und unklug.“ An Roberts<br />

gerichtet twitterte Trump: „Es<br />

tut mir leid, Herr Vorsitzender John<br />

Roberts, aber es gibt ‚Obama-Richter‘,<br />

und die haben eine ganz andere<br />

Sicht der Dinge,als die Leute,die für<br />

die Sicherheit unseres Landes zuständig<br />

sind.“ Trump verwies auf<br />

eine „Vielzahl“ an Fällen, in denen<br />

seine umstrittenen Entscheidungen,<br />

wie etwa jene zur Bekämpfung der illegalen<br />

Einwanderung, gekippt worden<br />

seien. „Bitte prüfen Sie die Zahlen,<br />

sie sind schockierend“, forderte<br />

Trump den Supreme-Court-Vorsitzenden<br />

auf. (AFP)<br />

Der Oberste Richter John Roberts verteidigt<br />

seinen Berufsstand.<br />

AP

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