Calluna Sommer 2019
Das Vier-Jahreszeiten-Magazin der Südheide, Ausgabe Sommer 2019
Das Vier-Jahreszeiten-Magazin der Südheide, Ausgabe Sommer 2019
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»Ein Ort mit einer<br />
besonderen Aura«<br />
Am Beginn des 20. Jahrhunderts machten<br />
Künstler und Schriftsteller Müden an der<br />
Örtze bekannt und brachten damit den<br />
Fremdenverkehr in den Ort. Heute hat sich<br />
der Tourismus stark verändert, aber Müden<br />
ist immer noch beliebtes Ausflugsziel.<br />
ISABEL KOBUS / Text und Fotos<br />
Nicht für die, welche tausend Dinge brauchen,<br />
um sich den Tag zu vertreiben, sondern<br />
für jene, die innerlich Reichen, denen<br />
daran liegt, noch einen Schatz hinzu zu gewinnen; für<br />
jene auch, die im lauten Trubel der Städte, in pausenlosem<br />
Hasten des täglichen Berufes ein wenig müde geworden<br />
sind und nun in unberührter Natur unter dem<br />
weiten Himmel der stillen Haide neue Kräfte suchen.<br />
So steht es in einem Prospekt des Verkehrsvereins<br />
Müden an der Örtze, der Mitte der 1920er Jahre für Urlaubsaufenthalte<br />
in dem »gesegneten Fleck an Schönheit<br />
und wechselnder Landschaft« warb. Der Verfasser<br />
des Prospekts war der aus Schlesien stammende Naturforscher<br />
und Schriftsteller Hanns Fischer, der viele<br />
Jahre in Müden verbrachte. Illustriert wurde das Blatt<br />
von dem Kunstmaler Fritz Flebbe – er siedelte im Jahr<br />
1926 aus Hamburg nach Müden über.<br />
»Es waren die Maler und Schriftsteller, die damals in<br />
Müden den Fremdenverkehr aufgebracht haben«, sagt<br />
Hans-Heinrich Euhus. Der alteingesessene Müdener<br />
führt seit Mitte der 1990er Jahre Touristen durch seinen<br />
Heimatort, dessen Geschichte ihm am Herzen<br />
liegt. Einen schlechten Ruf habe die Heide am Ende des<br />
19. Jahrhunderts bei den Städtern gehabt, sagt er – endlose<br />
Kutschfahrten durch die rostbraune, damals noch<br />
unbeforstete Landschaft sorgten für Grusel und Ödnis.<br />
Dann kam Hermann Löns: Zweimal besuchte der gern<br />
als »Heidedichter« bezeichnete Journalist und Schriftsteller<br />
um 1900 das Dorf Müden und rühmte es als<br />
»Perle der Südheide«. Ebenso wie der Maler Flebbe war<br />
er in Hamburg bekannt, sodass die Städter allmählich<br />
auf den Geschmack kamen, die schöneren Seiten der<br />
Heide zu entdecken – darunter den Ort Müden.<br />
Hans-Heinrich Euhus erinnert sich an die Zeit nach<br />
dem 2. Weltkrieg, als er selbst im Molkereibetrieb seines<br />
Vaters arbeitete und jeden Tag die Milch auslieferte. Damals<br />
nahmen die Menschen nicht nur Flüchtlinge auf,<br />
sondern auch der Fremdenverkehr erblühte wieder. Jedes<br />
zweite Haus sei damals zur Privatpension geworden, er-<br />
HansHeinrich Euhus führt seit vielen Jahren Touristen durch seinen Heimatort<br />
und kann vom Fremdenverkehr im Wandel der Zeit berichten.<br />
Bettina Bouma arbeitet in der TouristInformation, die sich in der historischen Wassermühle<br />
befindet, und kennt die schönsten Stellen (nicht nur) an der Örtze.<br />
16 <strong>Calluna</strong> I SOMMER <strong>2019</strong>