Calluna Sommer 2019
Das Vier-Jahreszeiten-Magazin der Südheide, Ausgabe Sommer 2019
Das Vier-Jahreszeiten-Magazin der Südheide, Ausgabe Sommer 2019
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<strong>Sommer</strong>frische<br />
In diesem Prospekt aus den 1920er Jahren, herausgegeben vom Verkehrsverein, beschrieb der Autor Hanns Fischer Müden als einen »gesegneten Fleck<br />
an Schönheit und wechselnder Landschaft«. Die Illustrationen fertigte der Kunstmaler Fritz Flebbe.<br />
Foto: Privatarchiv HansHeinrich Euhus<br />
zählt er. So wie seine eigenen Großeltern hätten viele<br />
den Urlaubern ihr Schlafzimmer überlassen und selbst<br />
in der Rumpelkammer genächtigt. Und die Gäste saßen<br />
beim Essen mit am Tisch. Aus der Enge entwickelte sich<br />
so manche Verbindung: »Meine Großeltern hatten einen<br />
Arzt aus Celle zu Gast«, erzählt Hans-Heinrich Euhus,<br />
»den haben wir dann auch bei ihm zu Hause besucht,<br />
da sind wir als Kinder mitgefahren.«<br />
Für die Heidebewohner, die oft kaum von ihren landwirtschaftlichen<br />
Erträgen leben konnten, wurden die<br />
Gäste eine lebenswichtige Einnahmequelle. Was nicht<br />
immer die Stimmung im Dorf förderte. »Manche Nachbarn,<br />
die im Winter beste Freunde waren, wurden sich<br />
im <strong>Sommer</strong> spinnefeind, denn jeder war neidisch auf<br />
den, der einen Gast mehr hatte«, erzählt Hans-Heinrich<br />
Euhus. Und so manchem ging die sommerliche Invasion<br />
der Gäste auch gehörig auf die Nerven. So vergleicht<br />
Dietrich Speckmann in seinem Heidekalender<br />
von 1933 die Folgen des Tourismus für die Menschen<br />
im Ort mit denen der Entdeckung Amerikas für dessen<br />
Ureinwohner.<br />
Heute gibt es nicht mehr viele Privatzimmer in<br />
Müden. Das allerdings, sagt Bettina Bouma, liege weniger<br />
am mangelnden Bedarf der Gäste als daran, dass die<br />
Ortsbewohner neben ihrer Arbeit keine Zeit mehr hätten,<br />
Zimmer zu vermieten. Bettina Bouma ist Touristikfachfrau<br />
und kümmert sich in der historischen<br />
Wassermühle um die Belange der Gäste. Auch sonst<br />
habe sich einiges geändert, sagt sie. Blieben früher die<br />
Stammgäste oft zwei bis drei Wochen, liege heute die<br />
Aufenthaltsdauer der meisten Touristen eher bei drei<br />
bis vier Tagen. Und die meisten kommen mit dem Auto<br />
und nutzen das für Ausflüge in die Umgebung. Zu früheren<br />
Zeiten verbrachten die Touristen, die oft mit der<br />
Eisenbahn reisten, noch die meiste Zeit im Ort. Und so<br />
kümmerten sich die Gastgeber weitgehend um die Unterhaltung<br />
der Gäste, veranstalteten Kutschfahrten oder<br />
Grillfeste. Mit der Kutsche kann man von Müden<br />
immer noch in die Heide fahren, ein privater Anbieter<br />
organisiert diese Ausflüge, an denen meist Betriebsgruppen<br />
oder Familien mit Kindern interessiert sind. Familien,<br />
so Bettina Bouma, kämen heute öfter nach Müden<br />
als einst. Oft hätten die Kinder einen Schulaufenthalt<br />
in der Jugendherberge verbracht und kämen dann später<br />
mit ihren Eltern wieder. Ältere Gäste hingegen seien oft<br />
ihren eigenen Kindheitserinnerungen auf der Spur,<br />
wenn sie heute an den Ort früherer Familienurlaube zurückkehren.<br />
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SOMMER <strong>2019</strong> I <strong>Calluna</strong> 17