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Meine Kita 03/18

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38 | AUS DER PRAXIS FÜR DIE PRAXIS<br />

Daniela Kobelt<br />

Neuhaus ist Präsidentin<br />

des Bundesverbandes<br />

der<br />

Familienzentren<br />

und Vorstand der<br />

Karl Kübel Stiftung<br />

für Kind und<br />

Familie. Sie hat<br />

vier erwachsene<br />

Kinder.<br />

Die Expertin antwortet:<br />

„Viele Eltern sind heute sehr bewusste aber auch<br />

sehr ängstliche Eltern. Sie möchten für ihr Kind<br />

das Beste vom Besten. Daher googeln sie Erziehungsratgeber<br />

und hören auf Gesundheitsgurus,<br />

während sie gleichzeitig in ihrem Beruf und in ihrem<br />

gesellschaftlichen Leben eingespannt bleiben.<br />

Sie verfolgen die Debatten um Bildungsqualität,<br />

trauen ihren Kindern viel zu und erziehen sie paradoxerweise<br />

unter dem Motto „Vertrauen ist gut,<br />

Kontrolle ist besser“.<br />

Persönlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass<br />

es sehr hilfreich ist, die Eltern von Anfang an ins<br />

Boot zu holen. Das Rudern im Takt ist so lange<br />

schwierig wie ein gemeinsames Ziel fehlt. Erste<br />

Verständigung entsteht im Kennenlerngespräch.<br />

Eltern schildern, was sie sich für ihr Kind von der<br />

<strong>Kita</strong> versprechen und Fachkräfte stellen den Eltern<br />

das Konzept der Einrichtung vor.<br />

Ein immer wieder am Alltag refl ektiertes pädagogisches<br />

Konzept, das individuelle Stärken und<br />

Schwächen der Kinder aufgreift, nimmt sowohl<br />

Rücksicht auf die Entwicklungsvielfalt der Kinder<br />

als auch auf unterschiedliche Familienkonstellationen<br />

und -kulturen. Die Verständigung über<br />

pädagogische Themen ist mit allen Eltern, nicht<br />

nur mit fremdsprachigen, schwierig. Eltern haben<br />

sehr unterschiedliche, aber klare Vorstellungen<br />

über die Art und Weise, wie ihr Kind begleitet<br />

werden soll: Einige sehen in ihrem Kind bereits den<br />

kleinen Einstein, der nun in der <strong>Kita</strong> entdeckt wird,<br />

anderen sind Absprachen über Essen, Schlafen,<br />

Bekleidung wichtig. Oft ist Anschauungsmaterial<br />

aus dem Alltag hilfreicher als viele Worte um<br />

Antworten auf Fragen zu fi nden und Transparenz<br />

herzustellen: ein Kurzfi lm über den Alltag in der<br />

Einrichtung, ein Fotobuch zur Vielfalt des Bildungsangebots<br />

oder Piktogramme zur Untermalung des<br />

Umgangs mit Erziehungsvorstellungen wie etwa<br />

Hygiene, Essenszusammensetzung oder Regeln<br />

des Zusammenlebens.<br />

Eltern haben selbstverständlich ein Recht auf<br />

Auskunft darüber, was ihr Kind tagsüber tut.<br />

Je besser Eltern informiert sind, desto leichter<br />

können sie loslassen. Fachkräfte können<br />

bereits im Kennenlerngespräch verdeutlichen,<br />

welche Bildungs- und Erziehungsaufgaben sie<br />

haben und in welcher Form in der Einrichtung<br />

dokumentiert wird. Bewährt haben sich tägliche<br />

schriftliche Aushänge zum Geschehen, die<br />

sporadisch im Tür- und Angel-Gespräch oder<br />

in vereinbarten Entwicklungsgesprächen durch<br />

mündliche Berichte an die Eltern zu ihrem Kind<br />

ergänzt werden.<br />

Ich persönlich fi nde es toll, wenn Eltern in einer<br />

Einrichtung hospitieren und so ihr Interesse an<br />

der Einrichtung kundtun. Schließlich verbringen<br />

Kinder oft mehr Zeit in der <strong>Kita</strong> als zu Hause.<br />

Daher würde ich jeder Einrichtung empfehlen,<br />

ein wertschätzendes Hospitationskonzept zu<br />

entwickeln. Unterstützend sind klare Vereinbarungen<br />

über Form, Kosten und Dauer der<br />

Hospitation – zum Beispiel drei Tage nach Wahl<br />

à drei Stunden à fünf Euro, die nach der Anmeldung<br />

wieder erstattet werden. Wichtig ist,<br />

dass Eltern wissen, wie und wo sie sich in der<br />

Hospitationszeit einbringen sollen und wann die<br />

Fachkraft ein Auswertungsgespräch mit ihnen<br />

führen wird. Solange das Kind nicht angemeldet<br />

ist, tragen die Eltern in der Hospitationszeit<br />

die volle Verantwortung. Es empfi ehlt sich, ein<br />

entsprechendes Formular unterschreiben zu<br />

lassen. Bewährt haben sich Beschäftigungsangebote<br />

für Eltern, damit diese nicht das Gefühl<br />

haben, im Weg zu stehen. Hospitationseltern<br />

können die Rolle von Frühstücksbegleitern –<br />

neben der Fachkraft – übernehmen oder für<br />

die Spielsachen im Außengelände zuständig<br />

erklärt werden. Andere stellen sich gerne als<br />

Lesepaten zur Verfügung. Eltern verstehen so,<br />

wie sich die Arbeit in und mit Kindergruppen<br />

anfühlt. Wichtig ist das absolute Handy- und<br />

Fotografi erverbot für Eltern.<br />

Helikopter-Eltern sind anstrengend – manchmal<br />

auch für die Kinder. Aber sie wollen das Beste<br />

für ihr Kind und im Gegensatz zu den Eltern, die<br />

ihre Kinder morgens in die Einrichtung schieben<br />

und sie spät abends müde wieder holen,<br />

fordern engagierte Eltern uns zu immer neuen<br />

Ko-Konstruktionsleistungen und manchmal<br />

auch zur berechtigten Refl exion heraus. Und<br />

so gesehen kann man sie auch als Bereicherung<br />

empfi nden.“<br />

Foto: © Thomas Neu

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