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B6 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 220 · 2 1./22. September 2019<br />
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Karriere<br />
Gespür für Farben und Formen<br />
Maler und Lackierer streichen nicht nur Wände an. Zum Teil sind sie echte Künstler.Wer sich für den Beruf interessiert, sollte Kreativität und Sorgfalt mitbringen<br />
VonVerena Wolff<br />
Christian Hain stand dem<br />
Ausbildungsmarkt nach<br />
seinem Realschulabschluss<br />
etwas ratlos gegenüber.Erhatte<br />
verschiedene Praktika<br />
gemacht und ein freiwilliges soziales<br />
Jahr.Und immer wieder zeigte<br />
sich nur,was er nicht sein Leben lang<br />
machen will. Ein Gespräch mit dem<br />
Onkel brachte schließlich Klarheit:<br />
eine Ausbildung zum Maler sollte es<br />
sein.<br />
Denn der Job ist abwechslungsreich<br />
und kurzweilig, „man hat viele<br />
verschiedene Aufgaben und ist nie<br />
lange am selben Ort“, sagt der 23-<br />
Jährige. Zudem komme es sowohl<br />
auf handwerkliches als auch auf gestalterisches<br />
Geschick an.<br />
Begonnen hat die Ausbildung im<br />
Malergeschäft Bethel schließlich mit<br />
viel Muskelkater. „Man ist diese Arbeit<br />
am Anfang nicht gewohnt“, sagt<br />
Uwe Stüwe, der Betriebsleiter. Denn<br />
was die angehenden Maler und Lackierer,<br />
sodie komplette Berufsbezeichnung,<br />
lernen, ist umfangreich.<br />
„Wir bearbeiten verschiedene Untergründe<br />
mit unterschiedlichen<br />
Materialien“, sagt Stüwe.<br />
18 verschiedene Arbeitsbereiche<br />
Insgesamt 18 Arbeitsbereiche gibt es<br />
im Maler- und Lackiererhandwerk.<br />
Die Handwerker weißeln also nicht<br />
nur Wände, sondern bringen zum<br />
Beispiel auch Dekorputz oder Stuck<br />
Auch der Fassadenschutz gehörtzuden Aufgabenfeldernvon Malernund Lackierern.<br />
Der Auszubildende Christian Hain arbeitet ein Gewebeband ein.<br />
DPA<br />
an. Für alle Tätigkeiten mischen Maler<br />
die gewünschten Farbtöne zusammen.<br />
Sieübernehmen Tapezierarbeiten,<br />
kümmern sich um Bodenbeläge,<br />
die Beschichtung von Bodenflächen<br />
oder den<br />
Korrosionsschutz.<br />
Für Fassadenbeschriftungen<br />
müssen Maler die Gestaltung und<br />
Ausführung von Schriften beherrschen.<br />
Restaurierungsarbeiten oder<br />
individuell gestaltete Wohnräume<br />
erfordern kreative Schmucktechniken.<br />
„Gearbeitet wird außen und innen,<br />
vonkleinen Räumen bis zu den<br />
Fassaden von großen Häusern“, so<br />
Stüwe.<br />
In der Ausbildung gibt es drei<br />
Schwerpunkte,erklärtFriderike Borchers,<br />
Malermeisterin und Fachbereichsleiterin<br />
im Malerbildungszentrums<br />
in Bielefeld. DasGestalten<br />
und Instandsetzen, den Bauten- und<br />
Korrosionsschutz sowie die Kirchenund<br />
Denkmalpflege. Der allerdings<br />
sei im Süden der Republik verbreiteter,<br />
dort gebe es auch mehr spezialisierte<br />
Betriebe.<br />
„Im ersten Jahr lernen alle dasselbe,<br />
dann gehen die Auszubildenden<br />
in ihre Fachrichtung“, sagt Borchers.<br />
Auch die Fahrzeuglackierer<br />
gehören offiziell zum Handwerk der<br />
Maler und Lackierer, doch sie arbeiten<br />
in anderen Unternehmen und<br />
lernen anderes.<br />
Das Malerhandwerk ist nach Angaben<br />
des Bundesverband Farbe Gestaltung<br />
Bautenschutz eines der ältesten,<br />
das es gibt. Schon im Mittelalter<br />
gestalteten Maler Schilder für<br />
Zünfte,Innungen oder Adelshäuser.<br />
Kreativ ist der Job heute immer<br />
noch -auf verschiedene Arten. „Es<br />
gibt echte Künstler, die Freihand-<br />
Kunstwerke an die Wände bringen“,<br />
sagt Stüwe. Aber auch die müssten<br />
zunächst die Grundlagen des Handwerks<br />
lernen. Manch größerer Betrieb<br />
würde sich sogar Graffiti-<br />
Künstler leisten.<br />
Die Anforderungen an Auszubildende<br />
jedenfalls sind vielfältig. „Mathekenntnisse<br />
sind wichtig, um die<br />
Räume und Flächen zu berechnen“,<br />
sagt Stüwe. Allerdings geht es nicht<br />
um höhere Mathematik, sondern<br />
um Grundlagen wie Prozentrechnung,<br />
Dreisatz oder Flächenberechnung.<br />
Handwerkliches Geschick,<br />
Kreativität und ein gutes Vorstellungsvermögen<br />
brauchen angehende<br />
Maler nach den Worten von<br />
Borchers ebenfalls.<br />
„Man muss körperlich in ganz guter<br />
Verfassung sein, um die Ansprüche<br />
zu erfüllen“, sagt der Auszubildende<br />
Christian Hain. Höhenangst<br />
sollte man für den Berufbesser nicht<br />
haben. Diebenötigten Muskeln aber<br />
kommen mit der Zeit ganz von alleine.<br />
Sorgfältig müssen angehende<br />
Maler arbeiten, ordentlich und genau,<br />
damit das Ergebnis stimmt.<br />
Und noch eines ist Borchers zufolge<br />
wichtig: das Auftreten. „Unsere<br />
Kunden lassen uns in ihre<br />
Wohnung, ihr Allerheiligstes.“ Man<br />
müsse ihnen vermitteln, dass man<br />
zuverlässig sei und die Arbeit einwandfrei<br />
erledige.<br />
DasMaler-Handwerkgehörtzum<br />
Baunebengewerbe und wird, zumindest<br />
in der Ausbildung, nicht so üppig<br />
bezahlt wie Jobs im Bauhauptgewerbe.<br />
Nach Tarif verdienen Auszubildende<br />
den Angaben der Bundesagentur<br />
für Arbeit zufolge 620 Euro<br />
im ersten Lehrjahr, 685 Euro im<br />
zweiten und 850 Euro im dritten Jahr.<br />
Gutes Einkommen in Aussicht<br />
„Das Einkommen als Geselle kann<br />
sich aber meist sehen lassen“, sagt<br />
Borchers. Denn an vielen Orten fehlen<br />
die Fachkräfte,sodass die Unternehmen<br />
ordentlich zahlen, um konkurrenzfähig<br />
zu sein.<br />
Mit dem Gesellenbrief stehen<br />
Malern viele Wege offen. Sie können<br />
noch einmal die Schulbank drücken<br />
und ihren Meister oder Techniker<br />
machen. „Mit dem Meisterbrief<br />
kann man sich auch ohne Abitur an<br />
einer Hochschule einschreiben und<br />
studieren“, erklärtBorchers.<br />
Auch in die Industrie wechselten<br />
einige ihrer ehemaligen Schüler,<br />
mancher arbeitet als Sachverständiger<br />
oder als Fachlehrer an einer Berufsschule.<br />
Doch es spricht auch<br />
nichts dagegen, lange als Maler zu<br />
arbeiten -obinBetrieben des Malerund<br />
Lackierer-Handwerks, im Stuckateurgewerbe<br />
oder bei Hochbaufirmen.<br />
(dpa)<br />
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