Der Betriebsleiter 6/2020
Der Betriebsleiter 6/2020
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Modell 1961 als erster Industrieroboter in einem<br />
General-Motors-Werk zum Einsatz.<br />
<strong>Der</strong> wuchtige Einarmroboter wog mehr<br />
als eine Tonne und schweißte Druckgussteile<br />
für Karosserien. Dabei konnte er auch<br />
besonders heiße und schwere Komponenten<br />
handhaben, was den Werkern vorher<br />
nicht möglich gewesen war. <strong>Der</strong> Siegeszug<br />
der automatisierten Fertigung nahm hier<br />
seinen Ursprung.<br />
Automobilindustrie als Vorreiter<br />
Weitere Innovationen folgten: Nachdem das<br />
Bestreben, die neue Fertigungsstraße von<br />
Daimler-Benz in Sindelfingen mit Unimate-<br />
Robotern zu automatisieren, gescheitert war,<br />
entwickelte Kuka – damals deutscher Händler<br />
von Unimate – ein eigenes Robotermodell:<br />
Heraus kam 1973 mit „Famulus“ der erste<br />
Sechsarm-Roboter. Dieser funktionierte<br />
im Gegensatz zum Unimate elektromechanisch<br />
und ermöglichte den Anwendern eine<br />
beispiellose Flexibilität. Kurz darauf brachte<br />
das schwedische Unternehmen ASEA, Vorläufer<br />
von ABB, mit dem IRB6 den ersten Industrieroboter<br />
auf den Markt, der über einen<br />
Computer gesteuert werden konnte. Auch<br />
dies kam einer Revolution gleich.<br />
Vor dem Hintergrund eines breitenwirksamen<br />
Durchbruchs der Industrierobotik in<br />
den 1980er Jahren avancierte die Automobilindustrie<br />
zum Vorreiter ihrer Anwendung.<br />
Diese Entwicklungen waren stets begleitet<br />
von der Sorge, Roboter würden den<br />
Menschen langfristig die Arbeit streitig machen.<br />
Dies stellte sich jedoch als unbegründet<br />
heraus: Vielmehr übernahmen die starken<br />
Industrieroboter Fertigungsschritte, die<br />
für den Menschen besonders anstrengend<br />
oder gefährlich waren – zum Beispiel das<br />
Verkleben von Windschutzscheiben oder<br />
das Sprühlackieren von Karosserieteilen.<br />
Cobots: Hand in Hand mit dem<br />
Menschen<br />
In den 1990er Jahren kündigte sich schließlich<br />
ein neuer Trend an: Waren Roboter aufgrund<br />
ihres Gefahrenpotenzials bislang<br />
hinter Schutzzäunen weggesperrt, sollten<br />
sie nun näher an den Menschen rücken – ja,<br />
sogar mit ihm zusammenarbeiten. Kraft-<br />
Drehmoment-Sensoren in der Antriebstechnik<br />
sorgten dafür, dass die Roboter Hindernisse<br />
wahrnehmen und ihre Bewegung<br />
bei Bedarf stoppen konnten, um niemanden<br />
zu verletzen.<br />
Universal Robots brachte 2008 mit dem<br />
UR5 schließlich seinen ersten kollaborierenden<br />
Roboter auf den Markt – der Terminus<br />
„Cobot“ war geboren. Cobots lassen sich aufgrund<br />
ihrer Leichtbauweise flexibel bewegen<br />
und schnell umrüsten. Sie sind wesentlich<br />
günstiger als klassische Industrieroboter<br />
und amortisieren sich schnell. So machte<br />
Universal Robots die Vorteile der Automati-<br />
01 2008 brachte Universal Robots den ersten<br />
Cobot auf den Markt; im Bild die Firmengründer<br />
Esben Østergaard und Christian Kassow<br />
02+03 <strong>Der</strong> erste Prototyp eines UR-Cobots<br />
entstand im Keller der Universität von<br />
Süddänemark<br />
04 Cobots sind flexibel einsetzbar; sie<br />
unterstützen und entlasten den Menschen<br />
sierung auch für kleine und mittlere Unternehmen<br />
erschwinglich.<br />
Im Gegensatz zu herkömmlichen Robotern,<br />
die Aufgaben jenseits der menschlichen<br />
Leistungsfähigkeit übernehmen, gehen<br />
Cobots dem Menschen unterstützend zur<br />
Hand – etwa bei eintönigen oder ergonomisch<br />
ungünstigen Aufgaben. Wo herkömmliche<br />
Industrieroboter Spezialisten sind, die<br />
ein und dieselbe Tätigkeit mit größter<br />
Schnelligkeit und Kraft ausführen, sind Cobots<br />
Allrounder: Sie sind leicht zu programmieren<br />
und lernen schnell, sodass Anwender<br />
sie funktional flexibel einsetzen können.<br />
Dabei entlasten sie Mitarbeiter und geben<br />
ihnen Zeit für anspruchsvollere Aufgaben.<br />
Sensorik und KI erweitern<br />
Einsatzspektrum<br />
Cobots reihen sich somit in den Entwicklungsfortschritt<br />
mehrerer Robotergenerationen<br />
ein: Nach den programmierbaren Manipulatoren,<br />
die aufgrund geringer Rechenleistung<br />
nur zu einfachen Pick-and-Place-<br />
Aufgaben imstande waren, sowie den darauf<br />
folgenden adaptiven Modellen, die ab den<br />
1980er Jahren dank eingebauter Sensorik<br />
auch auf Umweltveränderungen reagieren<br />
konnten, sind Cobots nun Teil einer zunehmend<br />
autonomen Generation von Robotern.<br />
Fortschritte in Sensorik und Tragkraft erweitern<br />
ihr Einsatzspektrum zusehends, sodass<br />
sie heute auch Aufgaben etwa in der Feinmontage<br />
übernehmen, die zuvor menschliches<br />
Fingerspitzengefühl erfordert haben.<br />
Auch die Bildverarbeitung entwickelt sich<br />
stetig weiter und ermöglicht Cobots mittlerweile<br />
sogar die Kommissionierung unsortierter<br />
Werkstücke (Bin Picking).<br />
Anwender profitieren heute dank kollaborativer<br />
Robotik von optimal ausgelasteten<br />
Produktionskapazitäten, flexibleren Fertigungsprozessen<br />
sowie höherer Produktqualität.<br />
Die zunehmende Einbindung von KI-<br />
Technologien macht die Cobots noch selbständiger<br />
und leichter zu programmieren: Sie<br />
lernen dazu und optimieren eigenständig ihr<br />
Verhalten. Bald schon werden Cobots zum<br />
Standardinventar moderner Fertigung gehören.<br />
Das hätte sich Karel Capek wohl kaum<br />
träumen lassen. Die bewegte Geschichte der<br />
Robotik ist also noch lange nicht zu Ende.<br />
Bilder: Universal Robots<br />
www.universal-robots.com/de<br />
01<br />
02<br />
03<br />
04<br />
www.derbetriebsleiter.de <strong>Der</strong> <strong>Betriebsleiter</strong> 06/<strong>2020</strong> 13