Der Betriebsleiter 6/2020
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FERTIGUNGSTECHNIK<br />
Sinumerik – 60 Jahre CNC<br />
Vom Lochstreifen zum digitalen Zwilling<br />
Ohne Werkzeugmaschinen und<br />
ohne CNC sähe das moderne Leben<br />
sicherlich anders aus. In ihrer nun<br />
sechzigjährigen Geschichte haben<br />
die Sinumerik-Steuerungen die<br />
Welt der Produktion tiefgreifend<br />
verändert. Ob bei der Produktion<br />
von Zahnbürsten, von Smartphones<br />
oder von Autos und Gitarren<br />
– überall sind Werkzeugmaschinen<br />
und mit ihnen CNCs beteiligt. Ihre<br />
Geschichte ist geprägt von<br />
Innovationen.<br />
Ein gleichmäßig surrendes Werkzeug, fliegende<br />
Späne und blankpoliertes Metall<br />
– die Arbeit einer Werkzeugmaschine hat<br />
eine schlichte Schönheit. Schicht für<br />
Schicht wird Material abgetragen, bis ein<br />
perfektes Werkstück entsteht. Wieder und<br />
wieder und wieder. Das digitale Gehirn der<br />
Maschine ist die CNC (Computerized Numerical<br />
Control), die den Produktionsvorgang<br />
– sei es nun Schleifen, Drehen, Fräsen,<br />
Bohren oder auch die additive Fertigung –<br />
steuert. Seit inzwischen sechzig Jahren leisten<br />
Steuerungen von Siemens auf der ganzen<br />
Welt ihren Dienst. In dieser Zeit haben<br />
sie sich stetig weiterentwickelt. Wurde die<br />
erste NC von Siemens noch mit Lochstreifen<br />
gefüttert, so ist die Bedienung mittels<br />
Touchpanel heute Standard. Und mit der<br />
neuesten Steuerungsgeneration Sinumerik<br />
One entstand die erste vollständig digitale<br />
Werkzeugmaschinensteuerung, mit der<br />
Herstellungs- und Produktionsprozesse mit<br />
Hilfe des digitalen Zwillings komplett digitalisiert<br />
und optimiert werden.<br />
Von der ersten NC zur<br />
„digital native CNC“<br />
Ihren Ursprung hat die Erfolgsgeschichte der<br />
Sinumerik im Jahr 1960. Nach intensiver Entwicklungsarbeit<br />
der Ingenieure Dr. Werner<br />
Feist und Paul Volk wurde die erste NC von<br />
Siemens auf der heute als EMO bekannten<br />
Werkzeugmaschinenausstellung vorgestellt.<br />
In mehreren Pilotmaschinen konnten die Besucher<br />
der Ausstellung die Steuerung bestaunen,<br />
die mittels Relaistechnik die Punkt- und<br />
Streckensteuerung von Maschinen und damit<br />
Bearbeitungstechniken wie Drehen, Fräsen,<br />
Schleifen und Nibbeln ermöglichte. Die NC<br />
zeigte bereits damals das Potenzial einer automatisierten<br />
Steuerung von Werkzeugmaschinen,<br />
auch wenn sie mit ihrer Größe eher einem<br />
Schaltschrank ähnelte.<br />
Während die Entwicklung von Werkzeugmaschinen<br />
damals von Erfahrung und Prototypenbau<br />
geprägt war, finden Design, Entwicklung<br />
und Engineering heute virtuell<br />
statt. So wartet die Steuerung Sinumerik<br />
One mit Softwarepaketen zur Erstellung der<br />
digitalen Zwillinge für Engineering und Produktion<br />
auf. Damit können Maschinenhersteller<br />
ihre Maschinen mit dem digitalen<br />
Zwilling im Virtuellen entwickeln und testen,<br />
lange bevor die reale Maschine gebaut<br />
wird. „<strong>Der</strong> digitale Zwilling bietet Maschi-<br />
nenherstellern die Möglichkeit, die Entwicklung<br />
der Maschine völlig neu zu denken.<br />
Von der ersten Idee über das Konzept<br />
bis hin zur ersten Inbetriebnahme können<br />
sie alles an der digitalen Maschine machen“,<br />
erklärt Nils Brüdigam, Projektleiter der<br />
Sinumerik One. Auch Maschinenbetreiber<br />
profitieren vom digitalen Zwilling. Sie können<br />
CNC-Programme zunächst offline in<br />
der Arbeitsvorbereitung erstellen und verifizieren<br />
und anschließend auf die reale Steuerung<br />
übertragen. Rüstvorgänge werden vorab<br />
optimiert und das Risiko von Kollisionen<br />
beim Einfahren neuer Teile minimiert. Das<br />
beste Beispiel dafür, dass die Entwicklung<br />
mit einem digitalen Zwilling funktioniert, ist<br />
die Sinumerik One selbst. Sie ist ein echter<br />
digital Native. Lange bevor die erste Hardware<br />
gebaut wurde, wurde die CNC virtuell<br />
entwickelt, getestet und optimiert.<br />
Apple I oder Sinumerik System 7<br />
Von der ersten NC bis zur „digital native<br />
CNC“ war es ein langer Weg. Zunächst musste<br />
die NC zur CNC, also zur Computerized<br />
Numerical Control werden. <strong>Der</strong> Siegeszug<br />
der Transistoren und die breitere Verfügbarkeit<br />
von Mikroprozessoren in den Siebzigern<br />
veränderte die Welt der NCs und machte diese<br />
Entwicklung möglich. Schon 1973 führte<br />
Siemens die mit einem Minicomputer ausgestattete<br />
Sinumerik 500C ein, die auf Drehund<br />
Fräsanwendungen spezialisiert war.<br />
Autor: Thomas Kiessling, Presse-Volontär,<br />
Siemens Digital Industries und Anna Mann,<br />
Marketing Manager, Siemens<br />
24 <strong>Der</strong> <strong>Betriebsleiter</strong> 06/<strong>2020</strong> www.derbetriebsleiter.de