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Unterhaltung

Unser Sommer mit

„Signore Spinoso“

Foto: pixabay / Tomasz Proszek

Moderne, übersichtliche Gärten bieten kaum Unterschlupfmöglichkeiten

für tierische Gäste. So

ist es wirklich nicht verwunderlich, dass es Jahre

dauerte, bis sich in unserem Garten ein Gast sehen ließ.

Ziemlich geräuschvoll arbeitete er sich an einem Sommerabend

durchs mittlerweile dicht gewachsene Unterholz. Er

schmatzte laut, kratzte sich ausgiebig und schüttelte gut

hörbar seine Stacheln. Jeder andere Name hätte besser gepasst:

Bürste, Kaktus oder Stecher…doch wir nannten ihn

„Signore Spinoso“…unseren ersten Igel.

„Wir möchten den so gerne behalten“, bettelten unsere

Kinder und schnell war entschieden, dass Vater am nächsten

Tag einen Unterschlupf baute. Er legte ein halbiertes

Rohr, umwickelt mit Stroh und Holzstücken, im ruhigeren

Gartenbereich unter einen Strauch. Und so wurde „Signore

Spinoso“ bald zum Hausbewohner.

Neugierig beobachten wir im Schein der Taschenlampen,

wie er Laub, Zweige, Moos und trockenes Gras in

sein Quartier holte. Die ganze Familie erfreute sich an

dem Dauergast und seinem emsigen Tun. Doch nach einiger

Zeit machte uns „Signore Spinoso“ Sorgen. Er keuchte,

röchelte und hustete. Ein befreundeter Tierarzt meinte:

„Es könnten Lungenwürmer sein.“ Er verschrieb dagegen

Tabletten, die „Signore Spinoso“ in Verbindung mit einer

Mahlzeit fressen sollte. Soviel wir bis jetzt gesehen hatten,

gehörten nur Schnecken, Regenwürmer, Raupen und

Käfer zu seinen Lieblingsspeisen. Doch wir machten uns

kundig, was Igel sonst noch gerne fressen und kauften ein

Sortiment weicher Katzennahrung. „Signore Spinoso“ entpuppte

sich allerdings als Feinschmecker und bevorzugte

Haferflocken, Mehlwürmer, fettfreies Rührei und gerne

auch Rosinen. So stellten unsere Kinder ihm jeden Abend

ein Schälchen mit diesen Leckereien vor seine Behausung.

An einige streunende Katzen in unserer Umgebung hatten

wir natürlich nicht gedacht… und so verschlangen diese

oft seine Mahlzeit inklusive verordneter Tabletten. Nachdem

die ganze Familie damit beschäftigt war, im Internet

eine Bauanleitung für ein katzensicheres Igelfutterhaus zu

finden, wurde man fündig und es entstand ein Holzhaus mit

Klappdeckel zum Befüllen und einem niedrigen Eingang

mit Wandelgang bis zum Futterschälchen.

Bald stand unweit von „Signore Spinoso’s“ Unterschlupf

nun zusätzlich ein „Esszimmer“. Es erwies sich

tatsächlich als katzensicher, aber es blieb trotz aller Mühen

nicht „privat“. Im Dunkeln gab es Spektakel in der

Holzkiste. Neugierig öffneten wir den Deckel und sahen

mehrere Igel, die sich heftig um das Futter stritten. Nun

entschied ich, mich der Lösung des Problems anzunehmen.

Ich bewachte „Signore Spinoso’s“ Futterschälchen nun

vor seiner Hütte gegen etwaige Mitfresser. Zum Glück ließen

sich diese nicht mehr blicken… dafür umkreisten mich

Unmengen von Mücken, deren Opfer ich wurde. Doch was

hält man nicht alles aus für die lieben Tiere. „Signore Spinoso“

ging es gesundheitlich bald wieder gut und er gewöhnte

sich auch sehr schnell an meine Stimme.

Bei Gesprächen mit den Nachbarn am Gartenzaun, erkannte

unser Igel meine Stimme und trippelte auch tagsüber

erwartungsvoll auf mich zu. So ergab es sich, dass

unsere gesamte Familie sich draußen nur noch flüsternd

unterhielt. Selbst die Nachbarn drosselten die Lautstärke

bei gemeinsamen Gesprächen.

Doch alles in allem genossen wir den Sommer mit „Signore

Spinoso“ in vollen Zügen… und für nächstes Jahr

planen wir, noch mehr Igel-Unterschlupf-Möglichkeiten

in unserem Garten anzubieten.

Ulla D’Amico

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