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Historisches

Die Zisterzienser

und die Besiedlung östlich der Elbe

Als die Benediktiner ihren Orden gründeten nach

der Tradition des Heiligen Benedikt von Nursia

wollten sie nach dem Motto „Ora et labora“ leben.

Für die Gründung ihrer Klöster waren sie aber von Landschenkungen

des Adels und reichen Bürgertums sowie von

Spenden und dem „Zehnten“, den die Bauern entrichten

mussten, abhängig.

Der Zisterzienser-Orden entstand durch Reformen aus

der Tradition des Benediktiner-Ordens und lebte in dem

Vermächtnis der Gründer des Klosters Citeaux ein Leben

des Gebetes, der Lesung und der Arbeit für ihr Seelenheil.

Abgeschieden von der Welt, hatten sich auf die Fahne geschrieben,

von eigener Hände Arbeit zu leben.

Im feudalen Burgund wird ab 910 die erste große Benediktiner-Abtei

von Cluny gebaut. Nach Abschluß der

dritten Bauphase erhebt sich hier 1088 die größte Kirche

der damaligen Welt. Der Einfluß des Ordens von Cluny

erstreckte sich über den ganzen Kontinent und war direkt

dem Papst unterstellt. Anfang des 12. Jahrhunderts

umfasste er 1.450 Klöster mit mehr als 10.000 Mönchen.

Seine einflußreichen Äbte berieten Päpste und Kaiser und

legten sich mit den Bischöfen an, die einen Teil ihrer traditionellen

Macht abtreten mussten.

Da die angesammelten Reichtümer Cluny zunehmend

als weltliche Macht erscheinen ließen, wurde Kritik laut.

Als Reaktion darauf kommt es zuerst in Citeaux und später

in Clairveaux zur Gründung neuer Orden wie den Zisterziensern.

Mit strenger Disziplin konzentrierten sich die

Zistgerzienser mehr auf das Gebet. Prägende Figur war der

Heilige Bernhard, Abt von Clairveaux, der in seinen Predigten

sogar zum Kreuzzug aufrief.

Unter den Zisterzienser-Mönchen gab es die Chorherren,

die auch Priester und Schriftsteller waren und sich u.a.

dem Kopieren von theologischen Handschriften widmeten.

Sie betreuten das Skriptorium. Eine bedeutende Bibliothek

gibt es heute noch in der Abtei Himmerod. Dann gab es die

Laienbrüder, die für die Handarbeit zuständig waren, z.B.

rodeten sie Wälder für die Besiedlung des Landes, entwässerten

Sümpfe und erbauten Dämme. Dafür wurde ihnen

ein Teil der spirituellen Arbeit erlassen. Die Chorherren

entstammten in der Regel dem Adel, während die Laienbrüder

vorwiegend aus dem Volk kamen.

Bild: wikimedia commons

Die Abtei von Cluny in Burgund war als Ausgangspunkt bedeutender Klosterreformen eines der einflussreichsten religiösen

Zentren des Mittelalters. Ihre Kirche war zeitweise das größte Gotteshaus des Christentums. Mehrere Gebäude der

Benediktinerabtei und einige Reste der während der Herrschaft Napoleons als Steinbruch abgerissenen Abteikirche im

Zentrum der gleichnamigen französischen Stadt Cluny sind erhalten. Als erstes Monument in Frankreich hat der französische

Staat die Abtei 2007 mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet.

wikipedia

Bild: wikimedia commons

Nach dem „Magdeburger Recht“ konzipierte schlesische Stadt Hirschberg, heute Jelina Gòra, am Fuße des Riesengebirges.

Nach der Zeit der Ottonen 1) und Salier wurden die

Gebiete östlich der Elbe im 12. und 13. Jahrhundert mehr

und mehr christianisiert und Land zur Besiedlung urbar

gemacht. Dafür eigneten sich die Zisterzienser besonders

gut. So entstanden Mitte des 13. Jahrhunderts 647 Zisterzienser-Klöster.

Die Mönche dieser Klöster schickten Anwerber

aus, um in weiter westlich gelegenen Landstrichen

Bauernsöhne und Handwerker anzuwerben. Den zweitund

drittgeborenen Bauernsöhnen versprach man Land zur

Urbarmachung. Nur so konnten diese heiraten und selbst

Familien gründen. Sie erhielten aber nur soviel Land, dass

sie ihre Familien ernähren und Kleintiere halten konnten;

z.B. eine Milchziege, Geflügel und Kaninchen. Man nannte

sie Häusler oder auch Kleinhäusler.

Nach den Kreuzzügen wurden viele Glaubenskrieger

aus allen Ständen frei, denen für ihre Verdienste Land zugewiesen

wurde, auf dem sie sich nun dauerhaft niederlassen

konnten. Es entstanden große Rittergüter, die vom

Adel aufgebaut wurden und viele kleine Höfe, die von

Kleinbauern bewirtschaftet wurden. Die Bauern waren

verpflichtet, regelmäßig Hilfsdienste auf den Adelsgütern

zu leisten, insbesondere war ihre Arbeit beim Pflanzen und

Ernten gefragt.

Im Laufe der Zeit wurden viele auf dem Reisbrett konzipierte

Städte auch östlich der Elbe gegründet (Bild oben).

Das geschah nach „Magdeburger Recht“ 2) . Noch vor dem

1. Jahrtausend regierten die Ottonen das Land. Ihr Hauptsitz

war Magdeburg. Um aber überhaupt regieren zu können

musste der Hof von Pfalz zu Pfalz ihres großen Landes

ziehen. 3) Als Otto der Große seine zweite Frau Adelheid

von Burgund, die Witwe des Königs von Italien, heiratete,

brachte diese nicht nur die Königswürde, sondern auch italienische

Gebiete als Mitgift in die Ehe ein.

Weil die Ottonen durch ihr riesiges Staatsgebiet zogen,

wussten sie natürlich von der Schönheit italienischer Städte.

Genau nach diesem Muster wurden dann auch die Orte

östlich der Elbe konzipiert. So wie in Italien die Piazza

wurden auch die schlesischen Städte mit einem rechteckigen

Stadtmittelpunkt versehen, den man „Ring“ nennt. Die

um diesen herumgebauten drei- bis vierstöckigen Häuser

wurden mit Laubengängen versehen, so wie in Italien. Unter

den Kolonaden befanden sich die einzelnen Geschäfte,

auch wie in Italien.

Otto der Große, erster Kaiser des Heiligen Römischen

Reichs, fand seine letzte Ruhestätte im Magdeburger Dom.

Erna Homolla

1.) Gründer des Heiligen römischen Reichs deutscher Nation. 2.) Das Magdeburger Recht ist

eine Form des Stadtrechts, die ihren Ursprung in der Stadt Magdeburg hat und von dort aus

erheblichen Einfluss auf die Stadtrechte in Ostmitteleuropa und Osteuropa entfaltete, häufig

in seiner schlesischen beziehungsweise polnischen Variante, dem sogenannten Neumarkter

Recht, oder der nördlichen Variante, dem Kulmer Recht, das sich über ganz West- und

Ostpreußen ausbreitete. Das allgemeine Stadtrecht hat seine Wurzeln im Gewohnheitsrecht

der Kaufleute, in den vom Grundherren verliehenen Privilegien und in von der jeweiligen

Gemeinschaft selbst beschlossenen Regeln („Willkür“). Innerhalb der Stadt wurde den

Bürgern durch das Stadtrecht die persönliche Freiheit, das Eigentumsrecht, die Unversehrtheit

von Leib und Leben und die geregelte wirtschaftliche Tätigkeit garantiert. 3) Pfalz: eine

burgähnliche Palastanlage, auf der im Mittelalter Kaiser bzw. Könige Hof hielten. wikipedia

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