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Aus der Region

Die Ginsterblüte ist alljährlich eine Augenweide im jungen Hauberg.

In der heimischen Flora zählt der Fingerhut zu den stärksten Giftpflanzen.

vergingen ja sechzig oder achtzig Jahre. Die währenddessen

heranwachsenden Generationen hätten nicht den geringsten

Nutzen von dieser Anpflanzung gehabt. Kein Förster hätte

unseren Vorfahren solches schmackhaft machen können. So

wurde der grandiose Blick von den Hügeln auf den sich in

unterschiedlichen Entwicklungsstufen befindenden Hauberg

nicht durch größere Nadelholz-Bestände verstellt.

Es vergingen Jahrhunderte, bis das düstere Wolken am

Haubergshorizont aufzogen. Und diese kamen in Form der

Erschließung des Siegerlandes durch die Eisenbahn. Nachdem

1861 die Sieg-Ruhr-Linie eingeweiht worden war, folgte

schon ein Jahr später die durch Betzdorf und das Hellertal

führende Deutz-Gießener Eisenbahn. Für den heimischen

Wirtschaftsraum war dies fürwahr ein willkommenes Geschehnis,

doch für den Wald in der herkömmlichen Bearbeitungsform

war es der Beginn des Niedergangs. Der Transport

auf den Schienen war viel kostengünstiger als der auf

der Straße. Koks und Steinkohle wurden hierdurch preiswerter

als die in den Meilern mühsam produzierte Holzkohle.

Ein ganz wichtiger Erwerbszweig

fiel weg.

Als kurz darauf auch noch in den

Gerbereien anstelle der Eichenlohe das

südamerikanische Quebrachoholz und

dazu chemische Gerbmittel zur Anwendung

kamen, war der traditionelle Ablauf

nachhaltig gestört. Weil auch das

Eichenholz nun nur noch zum Verbrennen

im Ofen dienen konnte, ergab sich

eine Überproduktion. Unzählige Generationen

zuvor hätten nicht im Traum daran

gedacht, dass irgendwann die Haubergsflächen

zu groß für den jährlichen

Bedarf ihrer Nachkommen sein würden.

Dies alles vollzog sich freilich schrittweise,

manches Jahrzehnt verging noch

im halbwegs gewohnten Rhythmus.

Von 1890 bis 1934 übten zwei meiner Urgroßväter nacheinander

das Amt des Haubergsvorstehers in Flammersbach

aus. Sie waren als Landwirte – ebenso wie viele ihrer Genossen

– auch auf die durch die Arbeit im Hauberg zu erzielenden

Gewinne angewiesen. Ihre landwirtschaftlichen Flächen

waren wegen des überragenden Stellenwerts des Haubergs so

klein, dass auf ihnen lediglich der Eigenbedarf gedeckt werden

konnte. Und daher traten sie mit Erfolg dafür ein, die

nun nicht mehr benötigten Haubergsflächen in Ortsnähe zu

roden und urbar zu machen. Die auf den zusätzlichen Feldern

geernteten Kartoffeln und Getreidearten wurden verkauft und

milderten den finanziellen Verlust. Im gesamten Siegerland

wurden ähnliche Schlussfolgerungen gezogen.

Es gab aber noch eine weitere Möglichkeit. Und hier beginnt

die Geschichte der Fichte in der Haubergsgegend. Nun

war nämlich die Stunde derjenigen gekommen, die eine Anpflanzung

von Nadelbäumen auf entbehrlichen Flächen als

eine geeignete Alternative empfahlen. Nach und nach ließen

sich viele Haubergsbesitzer hiervon überzeugen. Vor allem

auf den weitab gelegenen

Parzellen und auf

den steilsten Hängen

pflanzten die Genossen

die ersten Fichtenkulturen.

Auch in der

nachfolgenden Zeit

blieben die Nadelbäume

die erste Wahl bei

der Bepflanzung von

überzähligen Arealen.

Drei Generationen

später trugen die Maßnahmen

der Vorfahren

Früchte. Der Verkauf

der ältesten Fichten

brachte vor rund fünf

Jahrzehnten so

Foto: Wikimedia Commons

Foto: Wikimedia Commons

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