02.10.2020 Aufrufe

Spielspaß '20 – Das Jahrbuch für Spielbegeisterte

Auf über 100 Seiten Services und Storys über Brett- und Kartenspiele. Zum Beispiel alles über 25 Jahre "Catan" und andere Geburtstagskinder. Corona und die Folgen für Spieler, Veranstalter und Verlage. Und für Schnäppchenjager Hunderte Spiele in der "Roten Liste".

Auf über 100 Seiten Services und Storys über Brett- und Kartenspiele. Zum Beispiel alles über 25 Jahre "Catan" und andere Geburtstagskinder. Corona und die Folgen für Spieler, Veranstalter und Verlage. Und für Schnäppchenjager Hunderte Spiele in der "Roten Liste".

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

GEBURTSTAGSKINDER

25 Jahre

vergaben. Das war zuvor noch nie vorgekommen.

Auch der Deutsche Spielepreis ging an das Spiel –

nur eine von vielen Auszeichnungen, die Die Siedler

von Catan noch einheimsen sollte.

Dabei war das Spiel für die damaligen Verhältnisse

keine leichte Kost. Für ein Familienspiel verlangte

es den Spielern ein relativ hohes Maß an strategischer

Überlegung ab, obwohl auf den ersten Blick ja

nur zwei Würfel das Sagen haben. Dann ist da noch

das Sammeln und Handeln mit verschiedenen Ressourcen,

man trachtet danach Siedlungen zu bauen

und zu Städten zu erheben, verbindet sie mit Handelsstraßen,

platziert einen Räuber, darf nicht mehr

als sieben Karten besitzen … „Auch ich habe meine

ursprüngliche Meinung revidiert, dass es nicht

mehrheitsfähig sei“, schrieb Spielwiese-Herausgeber

Arno Miller alsbald, „Spiele mit Nicht- Freaks haben

mich überzeugt.“ Dass Die Siedler von Catan

in Windeseile beim Publikum ankam – und verstanden

wurde –, das lag auch am Novum einer Spielanleitung,

die mit einem Vorschlag, wie man die allererste

Partie aufbaut und das Spiel beginnt, bequem

und anschaulich ins Regelwerk einführt. „Ich bevorzuge

Spiele mit einer überschaubaren Spieldauer,

die man an einem Abend auch zwei- oder dreimal

hintereinander spielen kann“, schreibt Klaus Teuber

in seinem Buch „Mein Weg nach Catan“ (siehe Seite

57), „ein nicht zu hoch dosierter Glücksanteil ist mit

willkommen, der das Spiel nicht berechenbar macht

und langes Grübeln über die besten aller möglichen

strategischen Züge verhindert.“ Und: Bei Catan gebe

es keine Verlierer, „es gibt nur Unglücksraben“.

VERKNAPPUNG. Vor allem der Umstand, dass jeder

Spieler zu jeder Zeit ins Geschehen eingebunden

ist, war die beständige Königsidee des Spiels. Sie

überzeugt auch heute noch. Teubers Mischung und

Neuordnung der unterschiedlichen, durchaus schon

als Einzelelemente vorhandenen Mechanismen war

der Wegbereiter in eine neue Ära. Gerade weil bei

Die Siedler von Catan alles so reibungslos funktioniert

und schlüssig ist und jede Partie anders verläuft,

fassten Verlage und Autoren schnell den Mut,

mehr dieser Art zu wagen und die Spieler waren bereit

sich darauf einzulassen.

Die Saat war ausgebracht für eine bis heute anhaltende

Flut an Entwicklungs-, Aufbau-, Worker-Placement-Spielen,

German Games, Eurogames, oder

wie immer man diese Gattung nennen mag. Seit den

„Siedlern“ zieht sich wie ein roter Faden der Umgang

mit der spielmechanisch forcierten Ressourcenverknappung

durch die Spielgeschichte.

Freilich würde es, käme das Spiel heute als Neuheit

auf den Markt, als nicht besonders komplex

empfunden. Was den Anspruch anbelangt, wurde

die Latte immer höher und höher gelegt. Eingefleischte

Kennerspieler würden es womöglich links

liegen lassen, weil sie mittlerweile andere Ansprüche

an die Herausforderung durch ein Brettspiel

stellen. Und für das Genre der klassischen Familienspiele,

wo das Basisspiel von Catan nach heutigen

Maßstäben einzuordnen ist, bröckelt die Zielgruppe

weg. Möglicherweise wäre es sogar ein Flop.

Keineswegs ist es aber so, dass Catan von seiner

Vergangenheit lebt. Seine – nochmals: aus heutiger

Sicht! – verhältnismäßige einfache Komposition ist

unbestritten genial. Wer Mensch ärgere Dich nicht

hinter sich lassen will und höhere Weihen anstrebt,

wird von diesem Spiel angefixt. Das ist das Eine. Das

Andere: Schon 1995 war in Die Siedler von Catan

die DNA für ein weit größeres und umfassenderes

Spielerlebnis angelegt. Klaus Teuber hatte bereits

viele Teile des Catan-Universums, wie wir es heute

kennen, in seinen Prototypen eingebaut. Um die

Chance zu wahren, dass seine Spielidee auch tatsächlich

einen Verlag findet, musste er sie zuerst

einmal abspecken. So war die Zeit.

ERFOLG. Klaus Teuber war überzeugt, ein sehr gutes

Spiel ersonnen zu haben, zweifelte aber daran,

dass Franckh Kosmos dafür der richtige Verlag war.

Die edle Spieleserie der Stuttgarter war als teuer verschrieen

und deswegen ein Ladenhüter, zumindest

eine wenig beachtete Raritätensammlung. Reiner

Müller, damals für die Redaktionsarbeit zuständig,

brach das Eis, indem er Teuber versicherte, das Spiel

wettbewerbsfähig für weniger als 60 DM auf den

Markt zu bringen und in einem neuen, auffälligen

Schachtelformat. Müllers Prophezeiung eines Millionensellers

tat Teuber als Fantasterei ab. Tatsächlich

war es bereits nach drei Jahren soweit. Es war das

erste Mal, stellte Teuber bei Erhalt seiner Abrechnungen

überrascht fest, dass die Verkaufszahlen eines

Spiel des Jahres im nächsten und im Folgejahr

nicht zurückgingen, sondern sogar zulegten.

Erfolg macht sexy, sagt man. Die Siedler von Ca-

54

spielwiese.at Jahrbuch 2020

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!