Industrieanzeiger 01-02.2021
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schwingungen durch bedarfsgerechte Bremseingriffe zu<br />
dämpfen. Lediglich im Schwingungsfall werden gezielte<br />
Bremseingriffe vorgenommen, um vorhandene Schwingungsenergie<br />
dissipativ abzuführen.<br />
Der semiaktive Charakter stellt sicher, dass ausschließlich<br />
bremsende und keine beschleunigenden Eingriffe<br />
vorgenommen werden. Zur Schwingungsdetektion<br />
und Entscheidung über die Bremskrafthöhe werden<br />
die an- und abtriebsseitigen Gebersignale (direktes und<br />
indirektes Messsystem) der Achse verwendet. Nicht alle<br />
Industrie roboter verfügen über ein direktes Messsystem,<br />
jedoch lässt sich ein solches einfach nachrüsten<br />
oder mithilfe modellbasierter Ansätze das Gebersignal<br />
rekonstruieren.<br />
Durch den Dämpfungsaktuator verbessern sich nicht<br />
nur die Systemeigenschaften erheblich. Der Roboter ist<br />
deutlich weniger schwingungsanfällig und lässt sich besser<br />
regeln. Dadurch kann die Regelung der Roboterachse<br />
deutlich dynamischer ausgelegt werden, ohne dass<br />
die Gefahr einer Instabilität droht. Daraus folgt, dass<br />
die vorgegebene Bahn besser eingehalten wird. Dies<br />
wiederum ist unmittelbar mit einer höheren Genauigkeit<br />
verbunden. Alternativ kann die erreichte Verbesserung<br />
auch dazu eingesetzt werden, bei gleichbleibender<br />
Genauigkeit schnellere Bewegungsvorgaben zu machen,<br />
wodurch sich die Bewegungsdauer reduziert.<br />
In der Grafik sind die Ergebnisse einer Punkt-zu-<br />
Punkt-Bewegung abgebildet. Hierbei ist erkennbar, dass<br />
die vorgegebene Bahn (blau) einerseits deutlich besser<br />
eingehalten wird und andererseits Schwingungen deutlich<br />
schneller ausgeregelt werden.<br />
Das Fazit: Obwohl Industrieroboter schwingungsanfälliger<br />
als Werkzeugmaschinen sind, lassen sie sich mithilfe<br />
geeigneter Maßnahmen auch für Aufgaben einsetzen,<br />
in denen es auf die Einhaltung einer vorgegebenen<br />
Bahn ankommt. Ein möglicher Ansatz ist die in diesem<br />
Artikel vorgestellte semiaktive Dämpfung. Diese verbessert<br />
die Bahngenauigkeit unmittelbar, kann jedoch auch<br />
mittelbar dazu eingesetzt werden, die Bewegungsdynamik<br />
zu steigern.<br />
•<br />
Michael Neubauer, M.Sc., Lukas Steinle, M.Sc.,<br />
Dr.-Ing. Armin Lechler, Prof. Dr.-Ing. Alexander Verl<br />
Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen<br />
und Fertigungseinrichtungen (ISW) der Universität<br />
Stuttgart<br />
Schwingungen gut im Griff<br />
Verläufe am Tool-Center-Point (TCP) für eine Punkt-zu-Punkt Bewegung mit semiaktiver Dämpfung (gelb) und ohne (orange). Die vorgegebene<br />
Bahn (blau) wird deutlich besser eingehalten und Schwingungen werden schneller ausgeregelt. Quelle: ISW<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>01</strong>/02.21 47