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Die Karte vom Cours<br />
de la Sarre von 1703<br />
zeigt die französische<br />
Saarprovinz mit ihrer<br />
»Hauptstadt«, der<br />
Festungsstadt Saarlouis<br />
(LA SB, Kartensammlung<br />
Hellwig)<br />
philer Kräfte bis zum Frühjahr 1919 nie namentlich<br />
in Erscheinung. Nicht einmal nach der<br />
Abfuhr, die er sich bei Bürgermeister Gilles und<br />
den Beigeordneten geholt hatte: Die Saarlouiser<br />
Abordnung, die am 19. April für eine Woche mit<br />
Unterstützung der Militärregierung nach Paris<br />
reiste, tat dies ohne den sich immer deutlicher<br />
Frankreich nähernden Arzt vom Großen Markt. [16]<br />
Dass diese Annäherung in einem reziproken Verhältnis<br />
zur Distanzierung von Gilles’ »deutschem«<br />
Konfrontationskurs (so dürfte ihn jedenfalls Hector<br />
gedeutet haben) geschah, ist mehr als wahrscheinlich.<br />
Ebenso wie die nicht durch Quellen zu<br />
stützende Vermutung, dass Hector bei der zweiten<br />
Saarlouiser Delegationsreise nach Paris, die<br />
nur wenige Tage nach der ersten stattfand, mit<br />
an Bord gewesen sein könnte.<br />
Jedenfalls kam es genau nach diesem zweiten<br />
Saarlouiser Bittgang gen Süden zu einem von<br />
Frankreich gewünschten Machtwechsel im Rathaus.<br />
Am 28. April hatte Dr. Gilles noch seine<br />
Protestnote gegen die Requierierung der Wandbehänge<br />
und eine entsprechende Eingabe an die<br />
deutsche Delegation in Versailles unterschrieben,<br />
wenige Tage später war er bereits abgesetzt und<br />
durch Dr. Hector kommissarisch ersetzt worden.<br />
Am 12. Mai wurde er gar gemeinsam mit<br />
dem Saarlouiser Landrat ins Rechtsrheinische<br />
ausgewiesen, folgte damit einigen unbeliebt<br />
[16] Weißbuch Nr. 19, S. 45f. Allerdings wird ebda., Anm. 2,<br />
auch erläutert, dass man sich bei einer Vorbesprechung<br />
dieser Reise darauf geeinigt hatte, dass nach den Vorkommnissen<br />
des 17. März kein Stadtverordneter unter<br />
den Delegierten sein solle.<br />
gewordenen Mitbürgern, die schon eine Woche<br />
zuvor die Reise ins unfreiwillige Exil hatten<br />
antreten müssen. Wie sehr der neue Bürgermeister<br />
Hector die Unterstützung Frankreichs<br />
besaß, wurde spätestens am nächsten Tag ganz<br />
klar. Am 13. Mai nämlich wurde er auch offiziell<br />
vom Stadtrat zum neuen Stadtoberhaupt<br />
gewählt, nachdem der in der Sitzung anwesende<br />
Leutnant Fabvier zuvor erklärt hatte, dass General<br />
Andlauer wünsche, dass Hector in dieses Amt<br />
gewählt würde. 20 von 22 anwesenden Stadtverordneten<br />
folgten diesem »Wunsch« und der<br />
gebürtige Saarlouiser Fabvier sprach danach<br />
seine Hoffnung aus, dass nun in der Stadt wieder<br />
mehr Ruhe einkehren möge. Jakob Hector nahm<br />
das Ergebnis der geheimen Abstimmung dankbar<br />
an. [17]<br />
Das gute Jahr, das Hector als Saarlouiser Bürgermeister<br />
verbrachte, war nicht gerade eines, in<br />
dem man die Stadt vom Ruhekissen aus regieren<br />
konnte. Erst recht nicht dann, wenn man wie Hector<br />
weiterhin auch seinem bürgerlichen Beruf als<br />
praktischer Arzt nachging. Da waren zum einen,<br />
wie die überlieferten Protokolle und Berichte<br />
von den Stadtverordnetenversammlungen ausweisen,<br />
die vielen elementaren Probleme, die die<br />
Kommune nach dem langen Krieg zu bewältigen<br />
hatte. Lebensmittelknappheit, Wohnungsnot,<br />
die mangelhaften Verhältnisse von Straßen und<br />
Infrastruktur, die Not der Gewerbetreibenden,<br />
verschärft durch die Folgen von Streiks und<br />
[17] Weißbuch Nr. 24, S.49. Dieser Bericht entspricht dem<br />
Protokoll der Stadtverordnetenversammlung vom 13.<br />
Mai 19, vgl. Beschlussbuch 1913–1920, S. 540ff.