GLASWELT Sonderheft Montagepraxis 2019
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Wenn der Kunde den Fensterbauer anschließend mit Bauschäden am Fenster<br />
konfrontiert, geht die Suche nach den Schuldigen los:<br />
■ Wer kommt für den Schaden auf?<br />
■ Wer reinigt die verdreckten Elemente?<br />
■ Woher kommen die Kratzer im Glas oder Rahmen?<br />
■ Warum haben die Beschlagsteile schon Rost angesetzt?<br />
Der genervte Endkunde wird sich sicher nicht um die Frage nach dem Verursacher<br />
kümmern – dieser möchte einfach nur „Fenster in Möbelqualität“.<br />
Also ist der Hersteller bzw. Verkäufer gefragt. Anstrengende und nervige Besprechungen<br />
stehen ihm bevor…<br />
Auch das ift Rosenheim bescheinigt, dass diese beschriebene Grauzone für<br />
häufige Anfragen bei der Sachverständigenabteilung sorge: Ein nicht unwesentlicher<br />
Prozentsatz von Kundenreklamationen fällt auf den Zeitpunkt ab<br />
der Montage bis zur Nutzung.<br />
Fensterlieferung zeitgleich mit dem Möbelwagen<br />
Das es auch anders geht, beweisen Traditionen in anderen Regionen: In<br />
Südtirol beispielsweise. Dort kommt das hochwertige Fensterelement zeitgleich<br />
mit dem Möbelwagen. Vorher wurde der Rohbau durch Windfolien<br />
oder andere Provisorien mit der Montagezarge geschützt. Das Zargenelement<br />
dient bei der Montage des Fensters als konstante Rahmenkonstruktion<br />
und in der Werkstatt lassen sich Fenster oder Tür in Ruhe vorproduzieren<br />
und just in Time auf die Baustelle bringen.<br />
Das Thema Montagezargen ist also gar nicht neu und in einigen Ländern<br />
gehört diese Ablauf bereits zur manifestierten Baukultur. Das Montagezargen<br />
an sich schon zu empfehlen sind, stellte das ift bereits mit einer Studie<br />
im Jahr 1989 klar. Im aktuellen „Leitfaden zur Planung und Ausführung der<br />
Montage von Fenstern und Haustüren für Neubau und Renovierung“ wird<br />
jedoch lapidar exemplarisch lediglich ein Beispiel dargestellt.<br />
Dennoch: Jetzt scheint diese Montageart auch bei uns deutlich mehr Anhänger<br />
zu finden: Fensterbauer, die es leid sind, Reklamationen die durch<br />
die Grauzone verursacht wurden korrigieren zu müssen, offerieren ihren<br />
Kunden die zweistufige Montage. Ein Paradebeispiel ist die Firma Döpfner<br />
(www.doepfner.de).<br />
Ein weiterer Beleg für die Renaissance dieser Elementmontage: Auf den<br />
diesjährigen Rosenheimer Fenstertagen gibt es einen Vortragspunkt unter<br />
der Überschrift „Die (R)evolution der Fenstermontage – Fenstereinbau mit<br />
Zargen“. Auch dort werden sich sicherlich viele zukunftsweisende Eindrücke<br />
gewinnen lassen.<br />
Vorwandmontage im griff<br />
Gleichzeitig präsentieren Bauzulieferer die Lösung bei einer Montage der<br />
Elemente in der Dämmebene. Oft werden diese Hilfskonstruktionen „Vorwandmontagezarge“<br />
genannt. Man sollte sich aber durch die Wortähnlichkeit<br />
nicht täuschen: Bei diesen Hilfskonstruktionen geht es im Wesentlichen<br />
darum, die Fensterelemente in Ebenen zu positionieren, die zwar energetisch<br />
sinnvoll sind, jedoch eine Befestigungsmöglichkeit nicht vorhanden<br />
ist. Schon seit einigen Jahren also haben die Anbieter die immer größer<br />
werdende Nachfrage nach der Montage in der Dämmebene erkannt, entsprechende<br />
Angebote entwickelt und verfeinert.<br />
Mit Fenstern werden die ersten Endprodukte in den Rohbau eingesetzt. Aber nach der<br />
Fenstermontage fallen viele Rohbauarbeiten an, die wiederum dafür sorgen können,<br />
dass die Bauelemente während dieser Phase in Mitleidenschaft gezogen werden.<br />
Übersicht für den durchblick<br />
Insgesamt wollen wir also den Markt von „Montagezargen“, als auch von<br />
„Hilfskonstruktionen für die Montage“ beleuchten.<br />
In den/der nachfolgenden Übersicht haben wir wesentliche Fragestellungen<br />
zu den am Markt erhältlichen Montagesystemen einiger Systemgeber abgefragt.<br />
Sicher können die Fragestellungen nur einen groben Informationsgehalt<br />
bieten. Dennoch geben sie einen Einblick und Anreiz, sich mit diesen<br />
Arten der Montage heute und in Zukunft intensiver auseinanderzusetzen.<br />
es kommt auf die schutzfunktion und<br />
den Qualitätsanspruch an<br />
Die im Vergleich benannten Systeme verfolgen alle das Ziel einer geordneten<br />
und risikominimierten Montageabfolge, sowohl in der Ausführung als<br />
auch angepasst auf die Einbausituation. Hierbei unterscheiden sich aber<br />
auch die systemrelevanten Herangehensweisen der Montagelösungen.<br />
Ein wichtiger Aspekt sollte zusätzlich noch Beachtung finden: Einige Systeme<br />
bieten die Möglichkeit, notwendige Montagetätigkeiten von der Baustelle<br />
in die Werkstatt zu verlagern. Diese Tätigkeiten reichen von der Anbringung<br />
einer zweiten Dichtebene unterhalb der Fensterbank bis zur Komplettmontage<br />
von Elementen einschließlich Sonnenschutz. Inwieweit dies<br />
den Schutz der eigentlichen Leistung auf der Baustelle positiv beeinflusst<br />
obliegt dem jeweiligen Anwender.<br />
In Bezug auf Wirtschaftlichkeit gilt es mehrere Aspekte zu berücksichtigen.<br />
Montagen an witterungsgeschützte Arbeitsplätze zu verlagern, dient sicherlich<br />
der Montagequalität und im Zusammenhang mit einem späteren<br />
Einbauzeitpunkt auch der Reduzierung von Nacharbeiten oder „Mangelbeseitigung“<br />
auf der Baustelle. Bei Systemen, welche einen Einbau zu einem<br />
späteren Zeitpunkt zulassen, entzerrt dies zudem Produktionsspitzen in der<br />
Elementfertigung, da „Stoßzeiten“ in der Montageleistung bei Rohbaufertigstellungen<br />
vermieden werden können.<br />
Bei genauerer Betrachtung bieten Lösungen mit Montagezargen eine Win-<br />
Win-Situation aller Baubeteiligten. Besonders im Hinblick auf Nachhaltigkeit<br />
und späterer Sanierung von Fenster- und Türelementen innerhalb der<br />
Gebäudenutzungsdauer ergeben sich viele positive Effekte, welche die ursprünglich<br />
höheren Anschaffungskosten mehr als rechtfertigen können.<br />
Und: Montagezargen und Hilfskonstruktionen für die Elementmontage<br />
können wesentliche bauphysikalische Risiken bei Gewerkschnittstellen positiv<br />
beeinflussen.<br />
Unter Berücksichtigung immer weiter steigender Anforderungen sowohl in<br />
der Montageausführung, als auch in der Montagelogistik und Bauzeitenstraffung,<br />
werden wir sicherlich solchen Systemen in Zukunft öfters auf Baustellen<br />
begegnen. Jedenfalls steigt die Anzahl der Anwender rapide und<br />
Empfehlungen von B-to-B-Fensterherstellern legen diese Art der Montage<br />
ihren Händlern eindrucksvoll nahe. —<br />
Daniel Mund<br />
»<br />
Foto: Döpfner Fenster<br />
<strong>Sonderheft</strong> <strong>Montagepraxis</strong> | glaswelt 27