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KOLUMNE <br />
NACHHALTIG<br />
ÜBERRASCHT<br />
Bestseller-Autor Christoph Koch schreibt<br />
über spannende bis verblüffende Zusammenhänge,<br />
die wir beim Weltverbessern<br />
mitdenken dürfen.<br />
Christoph<br />
Koch<br />
46, ist Autor für Titel<br />
wie „Die Zeit“, „brand<br />
eins“ oder „Geo“. Mit<br />
seinem Buch „Ich bin<br />
dann mal offline“ über<br />
digitalen Verzicht<br />
landete er einen<br />
„Spiegel“-Bestseller.<br />
P<br />
läne sind nutzlos, aber Planung<br />
ist unersetzlich.“ Dieser<br />
Satz wird meist US-Präsident<br />
Dwight D. Eisenhower zugeschrieben.<br />
Vermutlich ist er<br />
schon viel älter. Er stimmt<br />
aber nach wie vor. Wer Pläne<br />
macht, wer Szenarien entwirft, wer also<br />
in Möglichkeiten denkt, der ist gezwungen,<br />
sich mit der Zukunft und ihren verschiedenen<br />
Varianten auseinanderzusetzen.<br />
Manche Entwicklungen erscheinen<br />
fast sicher, andere wirken unwahrscheinlicher.<br />
Doch selbst beim Nachdenken<br />
über die unwahrscheinlichen lässt sich<br />
etwas lernen – schon allein, weil Zusammenhänge<br />
sichtbar werden, von denen<br />
man vorher vielleicht nicht wusste. Denn<br />
jede Veränderung hat weitere Konsequenzen,<br />
zieht andere Umwälzungen<br />
nach sich. Hier habe ich ein paar der<br />
überraschenderen Folgen großer möglicher<br />
Veränderungen rund um das Thema<br />
Nachhaltigkeit zusammengestellt.<br />
1. Mehr E-Autos, weniger Raucher<br />
Mit der Umstellung unserer Autos auf<br />
Elektromotor sinkt der weltweite Benzinbedarf,<br />
logisch. Aber vermutlich dürfte<br />
auch der Zigarettenkonsum zurückgehen,<br />
wenn alle Menschen in E-Autos unterwegs<br />
sind. Denn derzeit werden in<br />
den USA rund die Hälfte aller Zigaretten<br />
an Tankstellen verkauft, in Deutschland<br />
machen die Tankstellen 62 Prozent ihres<br />
Shop-Umsatzes mit Tabakwaren. Studien<br />
zeigen, dass das Angebot durchaus die<br />
Nachfrage bestimmen kann – und Menschen<br />
weniger Zigaretten kaufen, wenn<br />
sie weniger oft die Gelegenheit bekommen.<br />
Und mit dem E-Auto entfällt auch<br />
der Tankstellenstopp und somit der Blick<br />
aufs Zigarettenregal: Denn E-Autos tanken<br />
dort, wo sie parken – also vor allem<br />
zu Hause oder in der Bürogarage.<br />
2. Weniger Bares, weniger Emission<br />
Noch sind die Deutschen strikt dagegen<br />
(84 Prozent, um genau zu sein), aber<br />
falls das Bargeld irgendwann doch abgeschafft<br />
wird, hätte das auch positiven<br />
Einfluss auf die Umwelt: Erstens, weil das<br />
Metall des Hartgelds wiederverwendet<br />
werden könnte – ein Münzquetscher vom<br />
Modell „Decoiner“ schafft pro Stunde bis<br />
zu fünf Tonnen, die anschließend eingeschmolzen<br />
werden. Und zweitens würden<br />
die Emissionen durch Geldtransporter<br />
entfallen – sie stoßen besonders viele<br />
Abgase aus, weil Kleingeld so schwer ist.<br />
3. Weniger Fleisch, ein Kontinent<br />
mehr Platz<br />
Wenn niemand mehr Fleisch äße, wäre<br />
das bekanntermaßen gut fürs Klima:<br />
Eine vierköpfige Durchschnittsfamilie in<br />
den USA beispielsweise verursacht durch<br />
ihren Fleischkonsum mehr Treibhausgase<br />
als durch ihre beiden Autos. Gleichzeitig<br />
würde die Welt aber auch eine<br />
Nutzfläche in der Größe des afrikanischen<br />
Kontinents dazugewinnen. So viel<br />
Raum wird derzeit nämlich für den Anbau<br />
von Futtermitteln benötigt, die nur<br />
der Fleischerzeugung dienen.<br />
4. Weniger Tempo auf der Autobahn,<br />
kaum weniger Lärm<br />
Würde Deutschland – das als einzige<br />
westliche Industrienation kein generelles<br />
Tempolimit auf der Autobahn hat – die<br />
Geschwindigkeit auf 120 km/h begrenzen,<br />
gäbe es den meisten Studien nach<br />
weniger Verkehrstote und Verletzte.<br />
Auch rund drei Millionen Tonnen CO ²<br />
würden vermieden. Viel leiser würde es<br />
überraschenderweise jedoch nicht: Das<br />
Umweltbundesamt geht an Werktagen<br />
bei einem Tempolimit auf der Autobahn<br />
von einem halben Dezibel weniger Verkehrslärm<br />
aus. Zum Vergleich: Der sogenannte<br />
Flüsterasphalt reduziert die<br />
Lautstärke um etwa drei Dezibel.<br />
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