Das Stadtgespräch Ausgabe September 2021 auf Mein Rheda-Wiedenbrück
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Feuerwehrkräfte starteten am höchsten Punkt des<br />
Dorfes. Sie erhielten bei den Arbeiten immer wieder<br />
Unterstützung durch die Anwohner. Sie kämpften wie<br />
die Löwen, um das zu retten, was von ihrem Hab und<br />
Gut übriggeblieben war, hoben Zu- und Abläufe für das<br />
Wasser aus. Entweder es klappte – oder nicht: Dann<br />
war es eben so. Die ersten Erfolge wurden schon bald<br />
zur überglücklichen Freude der Menschen sichtbar.<br />
Überall Wasser, nur nicht zum Trinken<br />
Mit dem mobilen Stromerzeuger am Einsatzleitfahrzeug<br />
halfen die Einsatzkräfte den Anwohnern mit gekochtem<br />
Wasser weiter, darunter der jungen Mutter.<br />
Manche Leute sahen die Rettungskräfte in der kurzen<br />
Zeit ihres Aufenthalts immer wieder.<br />
Die Dankbarkeit der von den Naturgewalten<br />
heimgesuchten Menschen war groß: »Die Leute<br />
waren so glücklich, als sie uns sahen. Sie waren<br />
überrascht, als sie hörten, dass wir sogar aus dem<br />
Kreis Gütersloh angereist sind, um ihnen zu helfen«,<br />
berichtete Matthias Köpp. Zwei Kameraden wurden<br />
sogar herzlich umarmt.<br />
In der katastrophalen Not entwickelte sich eine<br />
besondere Art der Gemeinschaft zwischen den Betroffenen<br />
und Helfern.<br />
Als die Rettungskräfte am Donnerstagabend<br />
zum Nachtlager in der mit Feldbetten ausgerüsteten<br />
Sporthalle der nahen Bundeswehr-Kaserne fuhren,<br />
sich dort vom DRK Brat- oder Bockwürste und<br />
Kartoffelsalat <strong>auf</strong>tischen ließen, kamen sie sich »wie<br />
Verräter vor«, blickte Matthias Köpp zurück. Aber was<br />
hätte es gebracht, wenn sie mit den Anwohnern in<br />
der nassen und nach Fäkalien stinkenden Einsatzkleidung<br />
kaum ein Auge zugetan hätten? Sie hätten<br />
wohl kaum einen weiteren Tag die Herausforderungen<br />
der schweren Rettungsarbeiten stemmen können.<br />
Auf jeden Fall fielen die 50 Rettungskräfte, nachdem<br />
sie sich zwei Herren- und Damentoiletten sowie -Duschen<br />
geteilt hatten, komaartig in den Schlaf. Ein junger<br />
Feuerwehrkamerad meinte nur: »Ich fühle mich<br />
augenblicklich wie ein Neunzigjähriger«.<br />
Am Freitag gingen die Pump-Arbeiten weiter. In<br />
der Mittagspause an der DRK-Verpflegungsstation<br />
kam eine Dorfbewohnerin mit einem riesigen Topf<br />
Erbsensuppe. »Ich habe sogar Strom und möchte<br />
Euch etwas Gutes tun«, strahlte sie glücklich.<br />
Der kleine Till<br />
Über einen Kameraden vom DRK kam die Gruppe mit<br />
einer sehr mitgenommen wirkenden, aber taffen Frau<br />
in Kontakt. Sie hatte mit ihrem Mann, ihrem siebenjährigen<br />
Sohn Till und dem Hund zum Schutz vor den<br />
Regenmassen Zuflucht in einer Scheune gesucht. Die<br />
Scheune aber stürzte unter der Wasserwalze ein und<br />
begrub den Hund unter sich. Die drei retteten sich <strong>auf</strong><br />
das Dach ihres Hauses – harrten dort immer wieder<br />
Hilfe rufend sechs Stunden aus. Die starke Strömung<br />
ließ eine Hilfe durch die Nachbarschaft aber nicht<br />
1 Die Statue des Schmieds könnte als Synonym für die Hochwasser-Tristesse<br />
stehen.<br />
zu. Dann schwamm ein riesiger Stahl-Container <strong>auf</strong><br />
das Haus zu, rammte es und ließ es einstürzen: Ihr<br />
Mann klammerte Till in Todesangst in seinen Armen.<br />
Die Frau kam mit Verletzungen am Kopf und Rücken<br />
davon. Wie die drei es schließlich geschafft hatten<br />
sich zu retten, wissen sie selber nicht mehr. Sie haben<br />
nichts mehr. Nur noch sich selber. Zwischen<br />
der kleinen Familie und den Rettungskräften wuchs<br />
eine spontane Verbindung über den in Iversheim bis<br />
Samstag dauernden Einsatz hinaus. Zuhause angekommen,<br />
legten die Feuerwehrmänner Geld für ein<br />
Handy zusammen, packten einen Feuerwehr-Teddy<br />
dazu und schickten das Päckchen <strong>auf</strong> die Reise zu Till.<br />
Die kleine Familie hat zwischenzeitlich bei Bekannten<br />
eine Bleibe gefunden.<br />
»Die Hilfsbereitschaft und Dankbarkeit, die<br />
uns von den Betroffenen entgegengebracht wurde,<br />
war überwältigend. <strong>Das</strong> gab uns Kraft alles Erlebte<br />
durchzustehen. Die durchnässte und verdreckte<br />
Schutzkleidung konnten wir nach dem Einsatz wieder<br />
abstreifen. Die Gefühle und Emotionen, die wir<br />
in Iversheim erfahren haben, können wir aber nicht<br />
so einfach abstreifen. Wir müssen immer wieder darüber<br />
reden, um alles zu verarbeiten. Es gab so einige<br />
Momente, in denen auch ich Tränen in den Augen<br />
hatte«, berichtete Matthias Köpp.<br />
Er fügte noch an, dass wenige Tage nach ihrem<br />
Einsatz Statiker die Sicherheit der Häuser in Iversheim<br />
überprüft hätten. Die noch bewohnbaren Häuser erhielten<br />
einen Haken, die anderen ein X. Wie schlimm<br />
muss das für die vom Abriss betroffenen Menschen<br />
gewesen sein, die mit völlig vermatschten und verschlammten<br />
Händen versucht hatten, ihre Häuser, und<br />
die kleinsten Teile von ihrem Hab und Gut zu retten.<br />
Raimund Kemper<br />
10 <strong>Das</strong> <strong>Stadtgespräch</strong>