BOGENSPORT MAGAZIN 4/2023

TRAINING
Der Ankerpunkt ist der Ausgleichspunkt – er erleichtert den Auszug. Er muss immer
gleich sein, wobei die Sehne fest an das Gesicht und die Brust gedrückt wird.
Es ist dem Menschen nicht möglich, den
gleichen Ablauf jedes Mal identisch zu reproduzieren
– Geist und Körper befinden
sich in einem ständigen Fluss. Wir können
lediglich unser Bestes tun, um zu einem bestimmten
Zeitpunkt so nahe wie möglich
an das erwünschte „Gefühl“ zu gelangen.
Ein Schuss im Bogenschießen ist so empfindlich
ausbalanciert wie ein Kartenhaus
– ziehe eine Karte heraus, und das ganze
Haus fällt in sich zusammen.
DER WISSENSCHAFTLICHE TEIL
Es folgen ein paar Erwägungen für den
Schützen, der seinen Schuss gut zu Ende
führen möchte. Zunächst gibt es nach dem
ersten Einnehmen der Haltung während
des gesamten Schussablaufs keine Änderung
der Körperhaltung und der Kopfposition
mehr. Der Schütze muss ganz zu
Beginn die richtige Haltung einnehmen.
Während des Auszugs gibt es keine Veränderung
im Ankerpunkt. Ein guter Auszug
muss gleich zu Beginn eingeübt werden,
und der Schütze muss sicherstellen, dass
er nicht mit seinem Arm auszieht. Es ist
eine gute Idee, dem Schützen beizubringen,
dass er sich darauf konzentriert, mit
dem Ellbogen auszuziehen, und somit die
Aufmerksamkeit von dem Gedanken weglenkt,
bewusst mit der Hand zu lösen. Viele
Schützen beginnen mit der Neuanpassung
ihres Ankerpunkts, wenn sie in den Anker
gehen. Dies führt zu einer ungewollten
Spannung in der Hand und/oder im Unterarm
und zerstört so das Lösen. Wie bereits
erwähnt, ist der Follow-through die Weiterführung
des Auszugs, während dessen
die Rückenspannung und die Auszugsrichtung
sich nicht ändern sollten.
Besondere Aufmerksamkeit ist auf die
Schulterausrichtung (Aufstellung) zu legen.
Hat der Schütze Schwierigkeiten mit
der Ausrichtung, ist es nicht möglich, die
richtige Rückenspannung zu fühlen, und
es ist auch nicht hilfreich, um die richtige
Auszugslinie zu finden. Die Aufstellung ist
ein Schlüsselmoment, da der Schütze dabei
auch die Zugkraftlinie herstellt. Die Auszugskraft
und die Ausrichtung sind davon
abhängig, da sie weiterhin auf dem Kräftegleichgewicht
aufbauen, das während der
Aufstellung eingerichtet wurde. Der Schütze
muss ein Gleichgewicht zwischen dem
Auszug und dem Vorwärts-Widerstand des
Bogenarms aufbauen. Entsteht in dieser
Phase kein Gleichgewicht, wird der Schütze
mit Problemen bei der Ausrichtung und
beim gesamten restlichen Schuss zu kämpfen
haben. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen,
dass die Ziehgeschwindigkeit ruhig,
kontrolliert und konstant sein sollte und
dass man direkt zum Ankerpunkt ziehen
sollte. Am besten ist es, nicht zu schnell zu
ziehen, da dies eine ungewollte Muskelspannung
zur Folge haben kann. Zu viel
in zu kurzer Zeit verhindert den richtigen
Auszug.
Das Zentrum des Auszugsgleichgewichts
sollte sich zwischen den beiden Schulterblättern
befinden. Zwischen dem drückenden
und dem ziehenden Arm sollte eine
gleichmäßige Kräftebalance vorhanden
sein. Nachdem der Schütze den Ankerpunkt
erreicht hat, muss er sicherstellen,
dass seine Hand fest ist und immer die
gleiche Position hat, da Veränderungen die
Auszugslänge verändern. Berührt die Hand
Links – Hier werden Auszugsrichtung und Gleichgewicht gezeigt. Ein guter Auszug ist
für das bloße Auge und während der Videoanalyse unsichtbar.
Rechts - Position der Schulterblätter: das Schulterblatt auf der Zugseite liegt niedriger als
die Brust. Die blaue Markierung zeigt, wo die Rückenspannung gefühlt werden sollte.
den Ankerpunkt kaum, wird sich die Sehne
bewegen. Es kann kein richtiger Auszug
stattfinden, da er (der Ankerpunkt) der
Ausgleichspunkt ist, von dem der Auszug
erleichtert wird.
Anhand der Bogensehne auf der Brust des
Schützen kann man den Auszug perfekt
beobachten. Bei einer korrekten Rückenspannung,
dem korrekten Auszugsgleichgewicht
und der richtigen Ausrichtung
bewegt sich die Sehne auf der Brust nicht.
Der Auszug sollte für das bloße Auge nicht
sichtbar sein. Er sollte zu jedem Zeitpunkt
konstant und ausgeglichen sein und muss
auf jeder Seite der gleichen Richtung folgen,
insbesondere während des Lösens
und des Follow-through. Sollte der Schütze
größere interne Verschiebungen des Kraftgleichgewichts
oder Veränderungen beim
Schussablauf bemerken, wird dies in eine
suboptimale Leistung münden.
Wird der Zugarm nicht ausreichend ausgezogen
oder gibt es einen Kraftverlust, wird
der Ellbogen nach vorne kriechen, und
die Sehne wird sich ebenfalls nach vorne
bewegen. Kriecht die Schulter des Bogenarms
nach oben oder zieht sich der Bogen
aufgrund von nicht ausreichender Kraft
wieder zusammen, bewegt sich die Sehne
ebenfalls zurück. In beiden Fällen verliert
man das Auszugsgleichgewicht und die
Ausrichtung, was zu einem technischen
Kollaps führt. Versucht der Schütze nun,
die Situation zu retten, ohne abzusetzen,
wird er wahrscheinlich eine erhöhte Steif-
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