IAA Spot 2023
Der IAA Spot ist das offizielle Magazin der IAA MOBILITY 2023 in München. Das Heft informiert über alle interessanten Auto-Studien und Technik-Trends auf der Messe, gibt einen aktuellen Marktüberblick, hält Ratgeberthemen zu Fahrrädern oder zum Automobilhandel bereit und widmet sich auch dem grundlegendsten aller Mobilitätsträger: den eigenen zwei Beinen.
Der IAA Spot ist das offizielle Magazin der IAA MOBILITY 2023 in München. Das Heft informiert über alle interessanten Auto-Studien und Technik-Trends auf der Messe, gibt einen aktuellen Marktüberblick, hält Ratgeberthemen zu Fahrrädern oder zum Automobilhandel bereit und widmet sich auch dem grundlegendsten aller Mobilitätsträger: den eigenen zwei Beinen.
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55<br />
MG4<br />
Nicht nur SUVs: Die chinesischen Hersteller<br />
kommen auch mit Crossovern, Kompaktautos<br />
und Kleinwagen nach Europa.<br />
Ora Funky Cat<br />
BYD Seagull<br />
Nio EL6<br />
Gut 15.000 Autos chinesischer Hersteller<br />
haben in den ersten sieben Monaten<br />
<strong>2023</strong> ein deutsches Kennzeichen erhalten.<br />
Ihr Anteil am Gesamtmarkt beträgt<br />
bereits fast 1 Prozent. Allein Stückzahl-<br />
Primus MG Motor hält 0,7 Prozent – mehr<br />
als etablierte Marken wie Mitsubishi, Smart<br />
oder Honda. Trotzdem: Die chinesischen<br />
Autohersteller wachsen in Europa langsamer<br />
als von vielen Experten erwartet.<br />
Die aktuellen Zulassungszahlen würden<br />
das große Potenzial der Newcomer noch<br />
nicht widerspiegeln, heißt es etwa in einer<br />
Analyse des Marktbeobachters Jato.<br />
Die Gründe für die bislang etwas ernüchternde<br />
Performance sind vielfältig. Neben<br />
wirtschaftlichen Verwerfungen in Europa<br />
und einem auch politisch gefärbten<br />
Vorbehalt gegenüber chinesischen Autos<br />
dürfte der Preis eine nicht ganz unwichtige<br />
Rolle spielen. Denn der ist nicht so<br />
niedrig wie erwartet. Günstigstes E-Mobil<br />
aus dem Reich der Mitte ist zurzeit der<br />
MG4, der bei gut 32.000 Euro startet. Das<br />
ist erstens schon für sich genommen viel<br />
Geld. Und zweitens trennen ihn von einem<br />
technisch vergleichbaren VW ID.3<br />
nur rund 3.000 Euro. Und das, obwohl<br />
ähnliche Autos in China deutlich billiger<br />
sind. Den kompakten BYD Atto 3 etwa gibt<br />
es dort ab 19.000 Euro. Wenn der Crossover<br />
nach Deutschland kommt, soll er gut<br />
doppelt so viel kosten.<br />
TEURER MARKTEINTRITT<br />
Ein Teil der Differenz zum chinesischen<br />
Preis ergibt sich aus den Kosten im Zusammenhang<br />
mit dem Import. So muss<br />
die Schiffspassage genauso gezahlt werden<br />
wie Steuern, Zölle und andere Abgaben.<br />
Damit die Autos in der EU zugelassen<br />
werden können, ist viel teurer Papierkram<br />
nötig, und nicht zuletzt müssen Technik,<br />
Ausstattung und Software an die europäischen<br />
Standards angepasst werden.<br />
Um Autos hierzulande auch wirklich verkaufen<br />
zu können, sind außerdem Investitionen<br />
in Marketing, Werkstattausrüstung<br />
und Händlernetz nötig.<br />
SELBSTBEWUSSTE PREISPOLITIK<br />
Neben den Importkosten spielen aber<br />
auch andere, vor allem strategische Gründe<br />
eine Rolle für die recht hohe Preispositionierung.<br />
Anders als die Japaner ab den<br />
1960er-Jahren und drei Jahrzehnte später<br />
die Koreaner kommen die Chinesen nicht<br />
als vorsichtige Billiganbieter nach Europa,<br />
die ihre Fahrzeuge vor allem über den<br />
Preis verkaufen müssen. Sondern mit einigem<br />
Selbstbewusstsein.<br />
„Die chinesischen Hersteller bauen längst<br />
nicht mehr nur westliche Autos nach, sondern<br />
sie sind teilweise führend bei Innovationen.<br />
So ist etwa BYD weltweit vorne<br />
mit dabei in der Zellherstellung“, erläutert<br />
Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive<br />
Management (CAM). Entsprechend<br />
sieht auch die Produktpalette aus: Statt als<br />
Billigheimer treten Firmen wie Nio, Zeekr<br />
oder Wey mit selbst formuliertem Premiumanspruch<br />
an – mehr Mercedes als<br />
Dacia. Auch volkstümlichere Anbieter wie<br />
BYD, MG Motor oder Xpeng versuchen sich<br />
gar nicht erst im preissensitiven Kleinwagenmarkt,<br />
sondern liefern vor allem schicke<br />
elektrische SUV nach westlichen Standards<br />
– und zu westlichen Preisen.<br />
Aiways U6<br />
Nicht zuletzt rufen die Chinesen die relativ<br />
hohen Preise aber auch auf, weil sie es<br />
eben können. Lebensstandard, Kaufkraft<br />
und nicht zuletzt das Marktumfeld erlauben<br />
hierzulande andere Beträge als in<br />
der Heimat. Dort stehen die chinesischen<br />
Marken angesichts der dynamischen<br />
Marktverhältnisse zudem unter einem<br />
extremen Preisdruck, der es zusätzlich<br />
attraktiv macht, in Europa nach höheren<br />
Margen zu schielen. Einzelne Anbieter wie<br />
Aiways haben sogar angekündigt, künftig<br />
keine Autos mehr in der Heimat verkaufen<br />
zu wollen, sondern den Fokus gleich ganz<br />
auf Europa zu legen.<br />
Ob die chinesische Preispolitik von Dauer<br />
ist, bleibt abzuwarten. Einige Experten sehen<br />
für den dümpelnden deutschen Markt<br />
einen Preiskampf voraus, in den auch die<br />
Chinesen hineingezogen werden. Spätestens<br />
dann wird sich zeigen, wie groß der<br />
Spielraum nach unten ist, den die günstigeren<br />
Produktionskosten im Reich der<br />
Mitte bieten. Für die europäischen Volumenhersteller<br />
mit ihren eng geschnürten<br />
Kostenkorsetten könnte das ein ernstes<br />
Problem werden. Vor allem, wenn die<br />
Chinesen auch noch in Marktsegmente<br />
drängen sollten, die in Europa zunehmend<br />
stiefmütterlich behandelt werden – die<br />
der günstigen Kleinst- und Kleinwagen.