Filmakademie Baden-Württemberg Campus Magazin 23/24
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Utopien. Manche Filmemacher*innen eignen sich Diversität<br />
nicht aus einem inneren Begreifen heraus an, sondern<br />
weil sie für diverse Geschichten wesentlich mehr<br />
Fördergelder bekommen. Allein deshalb werden die Diskurse<br />
meiner Ansicht nach falsch geführt. Vor allem ist<br />
aber die Umsetzung falsch, denn das Geld müsste in erster<br />
Linie an die Produzent*innen gehen, die sich seit Jahren<br />
und Jahrzehnten bemühen, wie man früher sagte,<br />
Milieu-Geschichten zu erzählen.<br />
Du bist auch an der <strong>Filmakademie</strong> als Dozentin<br />
tätig. Hast du den Eindruck, dass die Studierenden<br />
offener und selbstverständlicher mit dem<br />
Thema Diversität umgehen?<br />
Künftig möchte die FABW den Zugang zum Studium<br />
vereinfachen, Hürden abbauen und verstärkt<br />
junge Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen<br />
Schichten und mit Abschlüssen<br />
jenseits des Abiturs für ein Filmstudium begeistern.<br />
Wie beurteilst Du aus Deiner persönlichen<br />
Geschichte heraus diesen Ansatz?<br />
Der Zugang sollte erleichtert werden, aber nicht nur der<br />
Zugang zu einem Studium an der <strong>Filmakademie</strong>, sondern<br />
der Zugang zum Künstler*innen-Dasein an sich, zur<br />
Kunst als Lebensform sozusagen. Zugänge zu künstlerischen<br />
Berufen schafft man sicher nicht nur durch einen<br />
Die neue Generation macht sehr viel Hoffnung. Weil sie<br />
mit dem Thema aufgewachsen ist, wendet sie sich ihm<br />
mit einer besonderen Selbstverständlichkeit zu. Da waren<br />
unsere Jahrgänge noch anders. In Deutschland fehlt<br />
mir bisher die Leichtigkeit und Natürlichkeit im Umgang<br />
mit dem Thema. Man will jetzt alles richtig machen,<br />
und dadurch bekommt alles so eine Schwere. Der<br />
Prozess ist anstrengend, weil vieles aufgearbeitet werden<br />
muss. Es ist immer noch ein Kampf, obwohl es doch<br />
Normalität sein sollte.<br />
Stört es dich, wenn Du in Schubladen wie „Regisseurin<br />
mit Migrationshintergrund“ gesteckt<br />
wirst? Wie wirkt sich dieses Label auf Dein Schaffen<br />
aus?<br />
Ich habe kein Problem damit, weil es die Wahrheit ist.<br />
Ich habe einen Migrationshintergrund, aber das ist nicht<br />
meine Identität. Ich bin als Mensch ja komplexer und<br />
habe viele andere Welten in mir. Mich stört nur, wenn<br />
ich auf dieses „Label“ reduziert werde oder mir unterstellt<br />
wird, dass ich diese Karriere gemacht habe, weil<br />
ich Migrantin oder eine Frau bin. Bis heute sind sowohl<br />
mein Migrationshintergrund als auch mein Frausein<br />
eher Hürden in einer Gesellschaft, die immer noch sehr<br />
patriarchal und diskriminierend aufgestellt ist. Ich habe<br />
den größten Teil meines Lebens in Deutschland verbracht,<br />
mit jährlichen Aufenthalten in Kurdistan. Ich<br />
denke meistens auf Deutsch und vermutlich träume ich<br />
auch auf Deutsch - aber ich fühle kurdisch. Deswegen<br />
habe ich aber keine Identitätskrise und fühle auch keine<br />
innere Zerrissenheit. Mir wurde allerdings immer suggeriert,<br />
dass es nur das eine oder das andere geben kann.<br />
Doch ich finde, jeder Mensch kann diverse Identitäten<br />
in sich vereinen.<br />
Mit Hauptdarsteller Malick Bauer<br />
bei der Premiere von SAM - EIN SACHSE<br />
einfacheren Weg der Bewerbung. Es muss weitergedacht<br />
werden: Welchen Wert hat Kunst in der Gesellschaft, in<br />
der Politik? Wie und wo wird Kunst vermittelt? In der<br />
Grundschule oder wenn man in die Oberstufe kommt?<br />
Die Nachfrage nach einem künstlerischen Studium wäre<br />
wahrscheinlich da, aber ich glaube, die Personen, die<br />
angesprochen werden sollen, stecken fest in einer Welt,<br />
die wenig Berührungspunkte mit Kunst und Kultur bietet.<br />
Wenn man ständig darüber nachdenken muss, wie<br />
man seinen Lebensunterhalt bestreitet, braucht man eine<br />
Mentorin, einen Mentor oder eine Begegnung im Leben,<br />
die einen darauf aufmerksam macht, dass es noch<br />
andere Formen gibt, auf Dinge zu schauen und sich damit<br />
auseinanderzusetzen; die einem dabei helfen und dazu<br />
ermutigen, die Welt ins Kreative zu ändern.<br />
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