procontra | Ausgabe 01/2024
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Betriebliche Altersversorgung VERSICHERUNGEN | 45<br />
Recht, die Rentenaufstockung zu verweigern,<br />
wenn ihre wirtschaftliche<br />
Lage keine Erhöhung zulässt. Oftmals<br />
landen strittige Fälle vor Gericht. Bei<br />
welchen Durchführungswegen und<br />
in welchen Fällen eine Anpassungs-<br />
prüfung nicht verpflichtend ist, erklärt<br />
Anja Sprick, Rechtsanwältin und<br />
bAV-Expertin bei Longial, im unten<br />
stehenden Interview.<br />
Grundsätzlich besteht Handlungsbedarf<br />
für Arbeitgeber. Daher sollten<br />
Makler sie auf eine möglicherweise<br />
in Vergessenheit geratene Option zur<br />
Verringerung von Belastungen aus<br />
laufenden Betriebsrenten hinweisen.<br />
Dem bAV-Fachmann Hufer zufolge<br />
dürfen Arbeitgeber alternativ zum<br />
»Dann entfällt die<br />
Anpassungsprüfung«<br />
Anja Sprick, Rechtsanwältin und bAV-Expertin bei Longial,<br />
einem Serviceanbieter für Lösungen rund um die betriebliche<br />
Altersversorgung von Unternehmen<br />
<strong>procontra</strong>: Arbeitgeber müssen eine<br />
Anpassung der Betriebsrenten an die<br />
Inflation prüfen. In welchem Turnus?<br />
Anja Sprick: Generell gilt für jede<br />
Betriebsrente ein individueller Stichtag,<br />
ab dem der Anpassungsbedarf<br />
ermittelt wird. Weil das sehr aufwendig<br />
ist, können die Starttermine zur<br />
Vereinfachung auf einen einheitlichen<br />
Stichtag im Jahr oder im dreijährigen<br />
Turnus gebündelt werden. Als Maßstab<br />
dient der Verbraucherpreisindex<br />
oder die Entwicklung der Nettolöhne<br />
vergleichbarer Arbeitnehmergruppen<br />
im Unternehmen.<br />
<strong>procontra</strong>: Was gilt, wenn die Versorgungsordnung<br />
nichts regelt?<br />
Sprick: Tatsächlich beinhalten viele<br />
Versorgungsordnungen keine entsprechende<br />
Regelung oder verweisen<br />
auf das Gesetz. Dann legt grundsätzlich<br />
der Arbeitgeber den Maßstab im<br />
Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten<br />
fest. Ein Wechsel von einer<br />
Anpassungsmethode zur anderen<br />
kann zu jedem Stichtag erfolgen. Wird<br />
der Prüfungsmaßstab gewechselt, ist<br />
immer von Rentenbeginn an zu prüfen.<br />
Diese Ausgangsrente ist allerdings<br />
oftmals gar nicht mehr bekannt. Auch<br />
die Bestimmung vergleichbarer Arbeitnehmergruppen<br />
und die Definition<br />
des zu vergleichenden Nettolohns<br />
kann schwierig sein – allein schon, weil<br />
alte Unterlagen fehlen.<br />
<strong>procontra</strong>: Was können Arbeitgeber<br />
tun?<br />
Sprick: Bei den versicherungsförmigen<br />
Durchführungswegen Direktversicherung<br />
und Pensionskasse entfällt<br />
nach der gesetzlichen Regelung die<br />
Anpassungsprüfung, wenn ab Rentenbeginn<br />
sämtliche auf den Rentenbestand<br />
entfallenden Überschussanteile<br />
zur Erhöhung der laufenden<br />
Leistungen verwendet werden. Auch<br />
bei einer Beitragszusage mit Mindestleistung<br />
muss keine Anpassungsprüfung<br />
erfolgen. Und bei Versorgungszusagen<br />
nach 1999 besteht die<br />
Option, eine Steigerung der laufenden<br />
Renten von mindestens 1 Prozent<br />
jährlich zu versprechen. Dann entfällt<br />
die Prüfung. Bei neu zu erteilenden<br />
Zusagen kann letztere Möglichkeit<br />
von Anfang an genutzt werden.<br />
<strong>procontra</strong>: Gerade viele mittelständische<br />
Arbeitgeber beschäftigen<br />
sich zum ersten Mal intensiv mit dem<br />
Thema. Was empfehlen Sie ihnen?<br />
Sprick: Bei der Anpassungsprüfung<br />
gilt es, einige grundlegende Voraussetzungen<br />
wie beispielsweise den<br />
Rentnerbestand, die Durchführungswege<br />
sowie die Lohnentwicklung im<br />
Verhältnis zur Teuerung genau zu<br />
analysieren. Bei der Abwägung,<br />
welcher Anpassungsmaßstab für den<br />
Arbeitgeber tatsächlich finanziell<br />
vorteilhafter ist, kann die Hilfe eines<br />
versicherungsmathematischen<br />
Beraters empfehlenswert sein.<br />
1 | <strong>2024</strong>