procontra | Ausgabe 01/2024
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Prävention in der Versicherung VERSICHERUNGEN | 51<br />
»Prävention stößt auf<br />
gesetzliche Grenzen«<br />
Interview mit Maximilian Happacher, Vorstandsvorsitzender<br />
der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV)<br />
<strong>procontra</strong>: Führt Prävention letztlich<br />
immer zu niedrigeren Prämien?<br />
Maximilian Happacher: Voraussetzung<br />
ist, dass Prävention wirksam<br />
ist. Das heißt, es liegen Daten vor,<br />
die einen Zusammenhang zwischen<br />
Prävention und Schadenreduktion<br />
belegen. Nur dann wirken präventive<br />
Maßnahmen tendenziell positiv auf<br />
die Prämie. Zwischen den einzelnen<br />
Versicherungssparten gibt es<br />
große Unterschiede. In den meisten<br />
Produkten der Schaden- und Unfallversicherung<br />
wird Schadenprävention<br />
preisreduzierend berücksichtigt.<br />
Bei Elementarpolicen etwa kann der<br />
Beitrag bei Privatgebäuden teilweise<br />
um die Hälfte reduziert werden. Im<br />
Leben-Bereich wird Nichtrauchen<br />
belohnt. Vor allem in der privaten<br />
Krankenversicherung, der PKV, sind<br />
den Anbietern bei der Förderung von<br />
Prävention Grenzen gesetzt.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Grenzen genau?<br />
Happacher: Das VVG definiert<br />
Leistungen der PKV. Dort eindeutig<br />
beschrieben sind Maßnahmen der<br />
sekundären und tertiären Prävention,<br />
also grob formuliert Schritte<br />
zur Früherkennung und Genesung.<br />
Leistungen der Primärprävention,<br />
also die Vorbeugung von Krankheit,<br />
deckt das Gesetz nicht zweifelsfrei<br />
ab. So bestehen bei der Förderung<br />
gesundheitsbewussten Verhaltens<br />
große Hürden. Die Vorgaben für die<br />
Produktgestaltung und Kalkulation<br />
beinhalten gewisse Unsicherheiten<br />
und erschweren die Umsetzung.<br />
<strong>procontra</strong>: Haben Versicherer überhaupt<br />
ein Interesse an Prävention?<br />
Happacher: Abgesehen davon, dass<br />
Schadenverhütung Ärger und Leid bei<br />
den Versicherten vermeiden hilft, was<br />
immer in unser aller Interesse ist,<br />
geht es auch um Vermeidung von<br />
Kosten beispielsweise für die<br />
Scha dens regu lie rung.<br />
Zudem trägt wirksame Prävention zu<br />
geringeren Prämien bei und ermöglicht<br />
daher mehr Kunden den Zugang<br />
zu Versicherungsschutz. Aber<br />
Leistungen für Primärprävention sind<br />
in der PKV halt nur sehr begrenzt<br />
erstattungsfähig.<br />
Bei Privatkunden ist die Kalkulation<br />
von Präventionstarifen zwar<br />
schwieriger, vor allem in der privaten<br />
Krankenversicherung, wie der oberste<br />
Aktuar Maximilian Happacher erklärt.<br />
Aber Fakt ist auch, dass viele Privatkunden<br />
Wert auf Eigenverantwortung<br />
und damit Prävention legen. Laut<br />
einer Umfrage der Versicherungsforen<br />
Leipzig haben 58 Prozent der<br />
Versicherungsnehmer großes oder<br />
sehr großes Interesse an Produkten<br />
mit Zusatzleistungen wie Bonuspro-<br />
grammen für sportliche Aktivitäten,<br />
also mit klarem Präventionsbezug.<br />
In Zeiten von Inflation und Stagnation<br />
müssen viele Menschen den Euro<br />
zweimal umdrehen. Daher erfolgt<br />
auch im Versicherungsgeschäft der<br />
Wettbewerb zunehmend über den<br />
Preis – und dort honorieren viele<br />
Policen eine gesunde Lebensweise<br />
und Präventionsmaßnahmen. Ein<br />
aktuelles Beispiel ist das erweiterte<br />
Angebot von Zurich in der Schwere-<br />
Krankheiten-Vorsorge. „Wir möchten<br />
Nichtrauchen honorieren und haben<br />
daher unsere Tarife überarbeitet“,<br />
sagt Björn Bohnhoff, Vorstand Leben<br />
bei der Zurich Gruppe Deutschland.<br />
So zahlten Nichtraucher im Tarif<br />
Eagle Star RisikoLeben Basic bis zu<br />
9 Prozent weniger Prämie. Das sei ein<br />
Novum am Dread-Disease-Markt.<br />
Argumente für Vermittler<br />
Auch bei der Ergo-Tochter DKV ist<br />
man überzeugt, dass „Prävention immer<br />
mehr an Bedeutung gewinnt“.<br />
1 | <strong>2024</strong>