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Können Computer denken? Teil 1 - Didaktik der Informatik

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hensweise <strong>der</strong> Maschine mit dem oben angeführten Alltagsverständnis von Intelligenz, so<br />

fehlen alle wesentlichen Elemente: Lernen, Schlußfolgern, Kreativität, Flexibilität, Lösungen<br />

für völlig neue o<strong>der</strong> überraschende Probleme. An<strong>der</strong>erseits: <strong>Computer</strong> brauchen für<br />

ihre ” Arbeit“ Algorithmen (in Form lauffähiger Programme). Läßt sich Intelligenz überhaupt<br />

programmieren, ist das nicht ein Wi<strong>der</strong>spruch in sich? Das ist eine <strong>der</strong> (wenn nicht<br />

die) Grundfragen <strong>der</strong> KI.<br />

1.1 <strong>Computer</strong>schach<br />

Die bisher angesprochenen Fragen — Kränkung des Menschen durch die Maschine, Wesen<br />

<strong>der</strong> und Indikatoren für Intelligenz, Vergleichbarkeit <strong>der</strong> Leistung — lassen sich recht<br />

gut am Beispiel <strong>Computer</strong>schach illustrieren. Von Beginn an hat die Entwicklung von<br />

Schachcomputern (bzw. -programmen) in <strong>der</strong> KI-Forschung eine große Rolle gespielt. Das<br />

hatte vor allen zwei Gründe:<br />

• die Regeln von Schach lassen sich vollständig formal beschreiben und in syntaktische<br />

Operationen übersetzen (es ist kein implizites, zusätzliches Wissen nötig, Schach ist<br />

unabhängig von speziellen Eigenschaften des Materials spielbar), das Spiel endet<br />

nach endlich vielen Schritten unter genau angebbaren Bedingungen für Erfolg und<br />

Mißerfolg. Insofern läßt sich Schach viel einfacher programmieren als die meisten<br />

Probleme, mit denen wir es sonst zu tun haben.<br />

• Schach hat ein sehr hohes Prestige, gutes Schachspiel gilt als herausragende Intelligenzleistung.<br />

Dadurch ist es eine spannende und stark emotional besetzte Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

für das Kräftemessen von Mensch und Maschine (bzw. <strong>der</strong>en Konstrukteuren<br />

und Programmierern) mit hoher öffentlicher Aufmerksamkeit. 3<br />

Während es recht einfach ist, <strong>Computer</strong> für regelgerechtes Schach zu programmieren, ist<br />

es keineswegs trivial, sie gut spielen zu lassen. Dazu müssen die Stärken und Schwächen<br />

einer Position sehr genau beurteilt und mögliche eigene und gegnerische Züge betrachtet<br />

werden. Je besser die (bei menschlichen Spielern z. B. aus Erfahrung gewonnene) Bewertung<br />

<strong>der</strong> Position ist, um so weniger Züge müssen vorausberechnet werden und umgekehrt.<br />

Das Hauptproblem bei letzterem ist die unvorstellbare kombinatorische Explosion. Bei als<br />

Durchschnitt angenommenen 38 möglichen Zügen pro Position wären für sechs Halbzüge<br />

schon mehr als drei Milliarden Alternativen zu betrachten. Claude Shannon schätzte die<br />

Zahl <strong>der</strong> möglichen Spielverläufe auf 10 120 (diese Zahl überschreitet jedes Vorstellungsvermögen:<br />

selbst wenn ein Rechner drei Milliarden Milliarden Positionen pro Sekunde<br />

berechnen könnte, würde das ca. 10 94 Jahre dauern). Auch bei Einsatz superschneller<br />

3 Herbert A. Simon und Allen Newell wagten 1957 die Voraussage, daß ein <strong>Computer</strong> zehn Jahre<br />

später Schachweltmeister sein werde. David Levy, ein schottischer Schachgroßmeister, <strong>der</strong> auch viel von<br />

<strong>Computer</strong>n versteht, wettete 1968 um 1250 Pfund gegen einige prominente KI-Forscher (u. a. John Mc-<br />

Carthy), daß ihn in den nächsten zehn Jahren kein Schachprogramm schlagen werde, und erneuerte 1978<br />

die Wette für weitere sechs Jahre; 1984 bot er 100 000 Pfund für die modifizierte Wette an, daß jedes Programm<br />

durch einen von ihm bestimmten menschlichen Spieler geschlagen wird. Kasparow war noch Ende<br />

1987 überzeugt, daß ein <strong>Computer</strong> niemals einem starken Schachspieler überlegen sein werde (Der Spiegel<br />

44/1989, S. 284); nun befürchtet er, <strong>der</strong> letzte menschliche Weltmeister zu sein, und sagt angesichts einer<br />

(zutreffenden) ” Ansage“ eines <strong>Computer</strong>s, daß ” er“ in 76 Zügen gewinnen werde, ” Ich habe Gott gesehen“<br />

(Der Spiegel 13/1991, S. 236).<br />

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