Können Computer denken? Teil 1 - Didaktik der Informatik
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Menschen vor Monitoren, <strong>der</strong>en ganze Zeit und Aufmerksamkeit dafür benötigt wird, die<br />
relativ seltenen Abweichungen vom Normalfall nicht zu verpassen. Auch das Bildverstehen<br />
hat sich als sehr viel schwieriger erwiesen als von den meisten Fachleuten erwartet.<br />
Die synthetisierenden (unvollständige und unscharfe Informationen werden hinreichend<br />
ergänzt) und abstrahierenden (trotz unterschiedlicher Erscheinung wird etwas als gleich<br />
o<strong>der</strong> ähnlich erkannt) Leistungen unserer Wahrnehmung sind enorm. Bei <strong>Computer</strong>systemen<br />
macht schon die korrekte Identifizierung von Gegenständen — trotz verdeckter<br />
Kanten, Schatten, Reflexionen, beleuchtungsabhängiger Farben, wechseln<strong>der</strong> Perspektiven<br />
und Entfernungen — große Schwierigkeiten, von <strong>der</strong> Bedeutung dieser Gegenstände<br />
ganz zu schweigen (wir erkennen einen unscharfen, leicht deformierten Kreis nicht nur<br />
sofort als Fußball, wir wissen dann auch sofort, warum sich die Menschen drumherum so<br />
seltsam benehmen — und umgekehrt). Bei <strong>der</strong> Analyse von bewegten Bil<strong>der</strong>n in Echtzeit<br />
tritt als zusätzliches Problem noch die ungeheuer große Datenmenge auf. Relative<br />
Erfolge gibt es nur bei Bil<strong>der</strong>n mit wenigen möglichen Gegenständen unter künstlicher,<br />
gezielt gewählter Beleuchtung (z. B. Qualitätskontrolle) und bei Bil<strong>der</strong>n von Szenen unter<br />
Standardbeleuchtung, die auch uns nur zweidimensional zugänglich sind (z. B. Luftbildaufnahmen,<br />
<strong>Computer</strong>-Tomogramme, Zellschnitte). Bildverstehen unter nicht eingeschränkten,<br />
natürlichen Umständen wird selbst nach Einschätzung optimistischer Realisten auf<br />
Jahrzehnte nicht möglich sein.<br />
Die Robotik ist das <strong>Teil</strong>gebiet <strong>der</strong> KI, das den durch Science-fiction-Romane und -Filme<br />
entstandenen Erwartungen am meisten entspricht. Allgemeiner gesprochen beschäftigt es<br />
sich mit <strong>der</strong> Entwicklung mobiler, unter nicht genau vorhersagbaren Umständen autonom<br />
handeln<strong>der</strong> Systeme, die mittels Sensoren ihre Umwelt wahrnehmen, Pläne fassen und mittels<br />
Effektoren umsetzen, durch geeignete Rückkoppelungsmechanismen den Erfolg überprüfen<br />
und gegebenenfalls korrigieren. Die intendierten Anwendungen sind vielfältig: vom<br />
militärischen Bereich über die Arbeit unter für Menschen ungünstigen Bedingungen bis zur<br />
hoch flexiblen industriellen Massenproduktion. Daran gemessen ist <strong>der</strong> Stand <strong>der</strong> Technik<br />
sehr bescheiden. Vor einigen Jahren wurde ein von <strong>der</strong> Bundeswehrhochschule München<br />
entwickeltes führerloses Fahrzeug unter großem Presserummel über eine leere Autobahn<br />
geschickt; 21 im normalen, belebten Straßenverkehr, ohne Orientierung an Leitplanken und<br />
Spurmarkierungen, bei schlechtem Licht usw. wird das wohl auf lange Zeit niemand wagen.<br />
Die in <strong>der</strong> Industrie verwendeten Roboter haben mit KI wenig zu tun, hier — wo<br />
es auf Produktivität und Präzision ankommt — leistet man sich ungern die Unwägbarkeiten<br />
autonomer Systeme. Die von den Maschinen ausgeführten Arbeitsabläufe müssen<br />
im Detail Schritt für Schritt einprogrammiert werden, die Sensorik ist sehr bescheiden,<br />
Unvorhergesehenes (z.B. Hin<strong>der</strong>nisse, Schatten, fehlende o<strong>der</strong> falsch liegende <strong>Teil</strong>e) führt<br />
zum Stillstand o<strong>der</strong> zur Fehlfunktion (da wird dann schon mal ein Motor durch die geschlossene<br />
Haube hindurch eingebaut). Außerdem gibt es Probleme bei <strong>der</strong> Verarbeitung<br />
” biegeschlaffer“ <strong>Teil</strong>e (Kabelbäume, Gummirahmen). Für das Erkennen und Verstehen<br />
<strong>der</strong> Umwelt gelten erst recht die oben im Zusammenhang mit Bildverstehen genannten<br />
Einschränkungen. Die Zusammenarbeit mit Menschen setzt Sprachverstehen voraus. Hier<br />
wird deutlich, daß intelligente Roboter nur durch die Integration — neben Maschinenbau<br />
und Steuer- und Regeltechnik — mehrerer sehr anspruchsvoller KI-Techniken verwirklicht<br />
werden können. Auf einen willigen und fähigen Haushaltsroboter, <strong>der</strong> uns ohne Aufsicht<br />
21 Als Beispiel einer Anwendung wird in diesem Zusammenhang gerne <strong>der</strong> ” automatische Busfahrer“<br />
genannt. Da eine solche Verwendung im öffentlichen Personen-Nahverkehr in je<strong>der</strong> Hinsicht absurd ist,<br />
muß man wohl eher an an<strong>der</strong>s geartete Fahrzeuge <strong>denken</strong>.<br />
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