Können Computer denken? Teil 1 - Didaktik der Informatik
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Im Bereich <strong>der</strong> Technik und <strong>der</strong> kommerziellen Anwendung ist es deshalb jenseits aller<br />
Propaganda üblich geworden, für die Programme gar keine allgemeine, mit dem Menschen<br />
vergleichbare Intelligenz zu beanspruchen; in diesem Zusammenhang wird von einigen gerne<br />
darauf verwiesen, daß man mit <strong>der</strong> deutschen Übersetzung ” künstliche Intelligenz“ nicht<br />
ganz glücklich sei, da sie mehr verspreche als das amerikanische Original ( ” intelligence“<br />
auch im Sinne von ” Information, Meldung“ so wie das ” I“ in ” CIA“).<br />
3.1 Promotor Militär<br />
Man muß nicht Heraklit bemühen, um die Bedeutung des Militärs für die Entwicklung<br />
von KI-Systemen richtig einzuschätzen, ein Blick in die Geschichte <strong>der</strong> Datenverarbeitung<br />
und in die Tageszeitungen genügt. Die Rolle <strong>der</strong> ersten Großcomputer COLOSSUS und<br />
ENIAC sowie <strong>der</strong> ersten Von-Neumann-Maschinen bei <strong>der</strong> Dechiffrierung, <strong>der</strong> Erstellung<br />
von ballistischen Zieltabellen und <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Wasserstoffbombe ist weitgehend<br />
bekannt. Weniger bekannt ist vielleicht <strong>der</strong> Ursprung von Operations-Research aus <strong>der</strong><br />
Auswertung von Radardaten und <strong>der</strong> Simulationsprogramme aus <strong>der</strong> Planung von Invasionen<br />
und Bombereinsätzen. Bis heute werden in den USA die meisten Neuerungen in<br />
<strong>der</strong> <strong>Informatik</strong> (superschnelle Parallelrechner, neuronale Netze, höchstintegrierte Chips,<br />
Programmiersprachen usw.) vom Militär nachgefragt und geför<strong>der</strong>t; die <strong>Computer</strong>wissenschaften<br />
an den nordamerikanischen Universitäten erhalten mehr als 70 % ihrer Mittel vom<br />
Militär. 15<br />
1983 wurde — parallel zum SDI-Programm — die ” Strategic Computing Initiative“ (SCI)<br />
beschlossen. Dieses Forschungsprogramm — auf zehn Jahre angelegt, in den ersten sechs<br />
Jahren mit ca. einer Milliarde Dollar ausgestattet — hat zum Ziel, superschnelle Rechner<br />
und sprach- und bildverstehende Software mit entsprechenden Mensch-Maschine-Schnittstellen<br />
zu entwickeln. Die Einsatzmöglichkeiten für solche — im Kernbereich <strong>der</strong> KI-<br />
Technik 16 liegenden — Produkte sind vielfältig: automatische Auswertung von Satellitenund<br />
Funkaufklärung, automatische Kartierung durch unbemannte Fahrzeuge, automatische<br />
Zielerkennung, ein automatischer Co-Pilot, <strong>der</strong> nicht nur rechtzeitig eine angreifende<br />
Rakete erkennt, son<strong>der</strong>n auch statt des infolge <strong>der</strong> Beschleunigung beim Ausweichmanöver<br />
ohnmächtigen Piloten die Steuerung übernimmt, Kriegsmanagementsysteme etc.<br />
Die Fehlfunktion solcher Systeme wurde einer breiten Öffentlichkeit spätestens am 3. Juli<br />
1988 bekannt, als vom Kreuzer ” Vincennes“ in <strong>der</strong> Golfregion ein ziviler iranischer Airbus<br />
abgeschossen wurde; die planmäßige Funktion wurde — unter strenger militärischer Zen-<br />
Tätigkeit handelt. Es gibt auch heute Probleme, auf die die Definition KI–1 anwendbar wäre, aber sobald<br />
wir begriffen haben, wie das Programm funktioniert, und das Problem richtig verstehen, werden wir es<br />
nicht mehr als KI betrachten.“ (a. a. O.)<br />
15 Nach Eurich (1991, S. 140).<br />
16 Die im Projektvorhaben vorweggenommene Beschreibung des fertigen Resultates ist eine <strong>der</strong> präzisesten<br />
Formulierungen <strong>der</strong> Zielvorstellungen für das gesamte Gebiet <strong>der</strong> KI, die je vorgenommen wurde: ” Im<br />
Gegensatz zu bisherigen <strong>Computer</strong>n wird die neue Generation menschenähnliche, ,intelligente‘ Fähigkeiten<br />
zum Planen und Denken aufweisen. Die <strong>Computer</strong> werden ebenfalls Fähigkeiten besitzen, die durch visuelle<br />
Wahrnehmung und Sprache direkte natürliche Interaktionen mit ihren Benutzern und ihrer Umgebung<br />
ermöglichen. Bei Benutzung dieser Technologien werden Maschinen komplexe Aufgaben mit nur geringer<br />
menschlicher Intervention o<strong>der</strong> sogar vollständig autonom ausführen.“ (zitiert nach Keil-Slawik (1990),<br />
S. 88). Das ist wohl zu schlimm, um wahr zu werden, aber auf jeden Fall ein illustres Beispiel für das<br />
Aufschaukeln <strong>der</strong> informationstechnischen Hybris, für den sich selbstverstärkenden Machbarkeitswahn im<br />
Dreieck Militär, <strong>Informatik</strong>, kognitive Psychologie.<br />
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