Können Computer denken? Teil 1 - Didaktik der Informatik
Können Computer denken? Teil 1 - Didaktik der Informatik
Können Computer denken? Teil 1 - Didaktik der Informatik
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
in den Bestsellerlisten auf. So verspricht uns Christopher Evans (1983) schon für die<br />
neunziger Jahre hoch- und ultra-intelligente (d. h. ganz viel IQ) Maschinen als intellektuelle<br />
Partner, später werden sie dann unsere Mentoren und Tutoren in einer Weise sein,<br />
als hätte man Einstein, Russell und Freud als persönliche Lehrer (S. 263 f.). David<br />
Ritchie (1984) sieht den Tag nicht mehr fern, an dem wir unseren Verstand mit dem<br />
mächtigen Intellekt eines auf Biochips beruhenden Intelligenz-Systems direkt als dritte<br />
”<br />
Gehirnhälfte“ koppeln können. Während solche Bücher häufig von Wissenschaftsjournalisten<br />
ein wenig spekulativ und spielerisch geschrieben werden, handelt es sich bei Hans<br />
Moravec (1990) um einen echten Insi<strong>der</strong> (Leiter des Mobile Robot Laboratory <strong>der</strong> in<br />
KI-Kreisen sehr renommierten Carnegie Mellon University) und er meint es to<strong>der</strong>nst.<br />
Ausgehend von einer als Tatsache unterstellten Fortschreibung <strong>der</strong> weiteren Entwicklung<br />
( Wir sind dem Zeitpunkt schon sehr nahe, zu dem praktisch jede wichtige körperliche<br />
”<br />
o<strong>der</strong> geistige Funktion ihr künstliches Pendant haben wird“, S. 11) zeichnet er seine Vision<br />
einer genetischen Wachablösung“ durch Maschinen, die dann ohne unsere Mitwirkung<br />
”<br />
die kulturelle Evolution“ fortsetzen. Für uns unglückliche Zwitterwesen“ erfüllt sich<br />
” ”<br />
dann sein Traum von <strong>der</strong> Unsterblichkeit, wenn <strong>der</strong> menschliche Geist durch einen Download-Vorgang<br />
aus seinem Gehirn befreit wird“ und in den sich selbst vervollkommenden<br />
”<br />
” Kin<strong>der</strong>n des Geistes“ fortlebt. Mit diesen Gedanken steht er innerhalb <strong>der</strong> KI-Forschung<br />
keineswegs allein da (vgl. McCorduck (1987), S. 329 ff.), sein Buch wurde immerhin von<br />
<strong>der</strong> Harvard University Press veröffentlicht. Zu dieser extrem anti-humanistichen (und<br />
dualistischen) Position hat Joseph Weizenbaum (1990, 1991, S. 52 f. und im Zeitmagazin<br />
12/90, dort auch <strong>der</strong> Prolog des Buches in einer an<strong>der</strong>en Übersetzung) Wesentliches<br />
gesagt. Ein beson<strong>der</strong>s eindrucks- und wirkungsvolles (an<strong>der</strong>erseits: ist die Aussicht auf<br />
” Altenroboter“ (S. 112 f.) wirklich so attraktiv?) Beispiel für Propaganda geben Edward<br />
A. Feigenbaum (Mitinhaber einer Firma für Expertensysteme) & Pamela McCorduck<br />
(1984). Was ist mit den versprochenen <strong>Computer</strong>n <strong>der</strong> 5. Generation? Die zehn Jahre sind<br />
vorbei! 54<br />
Über die Rolle des Militärs bei <strong>der</strong> Entwicklung von Datenverarbeitung und Künstlicher<br />
Intelligenz informieren Rolf Oberliesen (1982), Rudolf Lindner, Bertram Wohak &<br />
Holger Zeltwanger (1984), Reinhard Keil-Slawik (1985) und insbeson<strong>der</strong>e Claus Eurich<br />
(1991). R. Keil-Slawik (1990) zeigt zum einen die innere Logik immer stärkerer<br />
Integration und Automation von Verteidigungssystemen, zum an<strong>der</strong>en die damit verbundenen<br />
Gefahren und die Unmöglichkeit einer sicheren ( ” ingenieurmäßigen“) Realisierung auf.<br />
Die Frage nach <strong>der</strong> Verantwortung von <strong>Informatik</strong>ern im Zusammenhang mit <strong>der</strong> militärischen<br />
Anwendung war auch ein Themenschwerpunkt <strong>der</strong> Zeitschrift <strong>Informatik</strong> Spektrum<br />
(K. H. Bläsius & J. H. Siekmann (1987), H. W. Hofmann (1987), David L. Parnas<br />
(1987), letzterer, zeitweilig Mitglied im SDIO-Ausschuß zur <strong>Computer</strong>unterstützung <strong>der</strong><br />
Kampfführung, hat in einem offenen Brief (1986) begründet, warum er diesen Ausschuß<br />
verlassen hat und warum er komplexe Software und insbeson<strong>der</strong>e KI-Techniken für unrettbar<br />
unzuverlässig hält). Joseph Weizenbaum hat zu dieser Frage in vielen Schriften,<br />
Interviews und Vorträgen pointiert Stellung bezogen, ein beeindruckendes Beispiel aus<br />
jüngster Zeit ist sein Vortrag auf dem European Software Festival in München (1991) (neben<br />
vielem an<strong>der</strong>en verdient seine Fortsetzung des Buchtitels ” Ich strebe nach den Sternen“<br />
von Wernher v. Braun durch den Halbsatz ” . . . aber manchmal treffe ich London“ zitiert<br />
zu werden).<br />
54 Das Projekt gilt inzwischen auch offiziell als gescheitert, was die MITI-Planer aber nicht hin<strong>der</strong>t, nun<br />
gleich die <strong>Computer</strong> <strong>der</strong> ” Sechsten Generation“ in Angriff zu nehmen (Der Spiegel 16/1992, S. 216 ff.).<br />
40