Können Computer denken? Teil 1 - Didaktik der Informatik
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4 Zwischenbilanz<br />
Gemessen an unserem alltäglichen Verständnis von Intelligenz werden die durch die Medien<br />
hochgeschraubten Erwartungen beim konkreten Blick auf den Stand <strong>der</strong> Technik erheblich<br />
ernüchtert. Mythos und Realität klaffen weit auseinan<strong>der</strong>.<br />
” Künstliche Intelligenz impliziert, daß <strong>der</strong>artige Systeme<br />
• über kognitive Komponenten (optische und akustische Wahrnehmung)<br />
verfügen,<br />
• logische und bereichsspezifische Schlußfolgerungen ziehen können,<br />
• heuristische Problemlösungsstrategien verfolgen können,<br />
• und die Integration dieser Komponenten vollziehen können.<br />
Bei Zugrundelegung dieser Definition ist fraglich, ob <strong>der</strong>artige Systeme bereits<br />
existieren.“ 40<br />
Das ist sicher eine Untertreibung. Verdüstert wird die Aussicht auf solche Systeme noch dadurch,<br />
daß dabei die Integration aller oben genannten Bereiche <strong>der</strong> Grundlagenforschung<br />
erfor<strong>der</strong>lich ist und daß die Hoffnung auf Fortschritte in jeweils einem Bereich sich auf<br />
Fortschritte in den an<strong>der</strong>en Bereichen stützt. Als ein zentrales Problem <strong>der</strong> KI hat sich<br />
die adäquate und formal handhabbare Repräsentation von Wissen herausgestellt. ” Die<br />
Rolle des Wissensingenieurs bei Expertensystemen ist trotzdem nur von vorübergehen<strong>der</strong><br />
Dauer. Was er zu leisten hat, ist so schwierig, so entscheidend und mühsam, daß es nach<br />
Auffassung fast aller Beteiligten bald automatisiert werden muß, soll AI nicht am eigenen<br />
Erfolg zugrundegehen.“ 41 Eine solche Automatisierung setzt zumindest Sprachverstehen<br />
und Schlußfolgern, wohl auch noch Bildverstehen und die Fähigkeit, mit Ähnlichkeiten und<br />
Analogien umzugehen, im gewissen Sinne auch maschinelles Lernen voraus (ein solches System<br />
ist nicht einmal in Ansätzen sichtbar). Daß man bei <strong>der</strong> Konstruktion intelligenter<br />
<strong>Computer</strong> mit maschinellem Lernen nicht beginnen kann, darüber ist man sich seit ca.<br />
zwei Jahrzehnten einig, denn Lernen ist Einordnen in und Modifizieren von Wissen, es<br />
bedarf einer Grundlage, auf die es aufbauen kann. 42 An<strong>der</strong>erseits glaubt Roger Schank:<br />
40<br />
So Ipke Wachsmuth als Einleitung zu einem Arbeitsgruppenbericht über mögliche Auswirkungen einer<br />
entwickelten KI (zitiert nach Stransfeld (1991), S. 20). Nur noch teilweise determinierte Maschinen, die<br />
” Situationen, mit denen sie konfrontiert sind, absichtsvoll verbessern und umgestalten [können], indem sie<br />
aus sich selbst als Reaktion auf die Einwirkung <strong>der</strong> Umwelt intelligentes Verhalten zeigen“, werden von ihm<br />
erst in mehr als 30 Jahren erwartet. An<strong>der</strong>en erscheint noch nicht einmal das realistisch und die technische<br />
Machbarkeit völlig ungewiß (a. a. O. S. 32).<br />
41<br />
Feigenbaum & McCorduck (1984), S. 103. Diese seltsame Idee, daß wir zur Überwindung unserer<br />
Schwierigkeiten, <strong>Computer</strong> mit Intelligenz auszustatten, <strong>Computer</strong> bauen, die das für uns tun, nennt R.<br />
Keil-Slawik die Suche nach einem kognitiven Perpetuum mobile“ (1990, S. 95). Man könnte es auch die<br />
”<br />
” Komplexitätsfalle <strong>der</strong> informationstechnischen Hybris“ nennen: wir setzen (zunehmend komplexere) Technik<br />
ein, um (zunehmend komplexere) Probleme zu lösen; viel später entdecken wir dabei unerwartete und<br />
unerwünschte Nebenwirkungen und Rückkopplungen sowie unsere Unfähigkeit, Komplexität zu erfassen<br />
und vernetzt zu <strong>denken</strong>; um wie<strong>der</strong>um dieses Problem zu lösen, entwickeln wir informationsverarbeitende<br />
Technik (Expertensysteme, Simulationsprogramme etc.), die dann . . .<br />
42<br />
Vgl. z. B. McCorduck (1987), S. 235 o<strong>der</strong> Haugeland (1987), S. 10. Alan Turing hingegen glaubte<br />
— ganz in <strong>der</strong> Tradition <strong>der</strong> tabula rasa von John Locke — an eine recht einfache Kind-Maschine“, <strong>der</strong><br />
”<br />
man alles Wesentliche beibringen kann (1987b, S. 177 ff.).<br />
32