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Können Computer denken? Teil 1 - Didaktik der Informatik

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Einleitung<br />

Die Menschen stärken, die Sachen klären<br />

Hartmut von Hentig<br />

Dem Kürzel ” KI“ begegnete ich zum ersten Mal Anfang <strong>der</strong> achtziger Jahre. Mit meinem<br />

Mathematikleistungskurs besuchte ich einige Veranstaltungen zum ” Schnupperstudium“<br />

an <strong>der</strong> Universität Hamburg und wollte dem Kurs auch etwas im Fachbereich <strong>Informatik</strong><br />

bieten. Beson<strong>der</strong>s neugierig war ich auf einen Vortrag, in dem laut Ankündigung die<br />

intellektuellen Fähigkeiten von <strong>Computer</strong>n mit denen von uns Menschen verglichen werden<br />

sollten. Nun stand ich im Foyer des ehrwürdigen, mir so vertrauten Gebäudes an <strong>der</strong><br />

Rothenbaumchaussee und suchte nach einem Hinweis, wo denn dieser Vortrag stattfinden<br />

sollte; da fiel mein Blick auf eine Schiefertafel mit <strong>der</strong> Aufschrift ” KI-Veranstaltung im<br />

Hörsaal 1“. Ratsuchend wandte ich mich an den nächststehenden, kompetent aussehenden<br />

Menschen — wie sich später herausstellte war es <strong>der</strong> Vortragende — mit <strong>der</strong> Frage, was<br />

denn ” KI“ bedeuten solle und erhielt die Antwort ” ,KI‘ steht für ,Künstliche Intelligenz‘.<br />

Allerdings braucht man natürliche Intelligenz, um das zu verstehen.“ Oh wie peinlich,<br />

dachte ich mir, habe ich nun, ach, die Philosophei, Mathematik . . . durchaus studiert mit<br />

heißer Müh . . .<br />

Im Vortrag wurden dann eine Reihe kognitiver Fähigkeiten des Menschen (z. B. Sprachund<br />

Bildverstehen, Schachspielen, Beweise logischer Theoreme, Expertenwissen) mit denen<br />

von <strong>Computer</strong>(progamme)n verglichen. Fazit: noch sei <strong>der</strong> Mensch auf den meisten<br />

Gebieten überlegen, aber die Erfolge maschineller Intelligenz seien so vielversprechend,<br />

daß keine prinzipielle Grenze für <strong>Computer</strong> zu sehen sei und sie an Intelligenzleistung den<br />

Menschen auf vielen, wenn nicht sogar auf allen Gebieten übertreffen werden. Ich war ein<br />

wenig schockiert; zwar hatte ich von solchen Ansichten gehört, aber nun saß ich erstmals<br />

einem Menschen gegenüber, <strong>der</strong> dies — offensichtlich im Vollbesitz natürlicher Intelligenz<br />

— im vollen Ernst und mit ruhiger Stimme behauptete. Ich erinnerte mich an die Seminare<br />

über Kant, an seine Unterscheidung von Verstand und Vernunft, und stellte mit<br />

<strong>der</strong> Emphase des Aufklärers (vielleicht wollte ich mich auch ein wenig rächen) in <strong>der</strong> abschließenden<br />

Diskussion eine Frage: für mich seien die herausragendesten und wertvollsten<br />

intellektuellen Fähigkeiten des Menschen Urteilskraft und praktische Vernunft; ob er denn<br />

glaube, daß auch auf diesen Gebieten <strong>Computer</strong> genauso gut o<strong>der</strong> besser sein werden.<br />

Die Antwort verblüffte mich noch mehr: ehrlich gesagt habe er über diese Frage noch nie<br />

nachgedacht; aber wenn man mal annehme, daß Menschen dabei nicht völlig willkürlich<br />

und voluntaristisch vorgingen, son<strong>der</strong>n nach bewußten o<strong>der</strong> unbewußten Regeln, so sehe<br />

er auch hier keinen prinzipiellen Einwand gegen die Möglichkeit, diese Regeln zu erkunden<br />

und einen <strong>Computer</strong> entsprechend zu programmieren.<br />

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