Können Computer denken? Teil 1 - Didaktik der Informatik
Können Computer denken? Teil 1 - Didaktik der Informatik
Können Computer denken? Teil 1 - Didaktik der Informatik
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
lem aus einer an<strong>der</strong>en Perspektive. Der Sinn dieser Produkte ist es ja gerade, daß zur<br />
Lösung genau bestimmter Aufgaben allzeit verfügbare, absolut zuverlässige ” Rechenknechte“<br />
zur Verfügung stehen. Ein ” menschenähnlicher“, eventuell mit Intentionen, Affekten,<br />
Emotionen ausgestatteter <strong>Computer</strong> (vielleicht ist ja ein <strong>Computer</strong> erst dann wirklich<br />
unschlagbar, wenn ” er“ unbedingt gewinnen will und den Gegner bluffen kann) wäre für<br />
Käufer und Verkäufer eine echte Horrorvorstellung: man stelle sich als Reaktion auf den<br />
Startbefehl die Reaktion ” Keine Lust!“ o<strong>der</strong> ” Wieviel bekomme ich dafür?“ vor. Auch<br />
weniger spekulativ eröffnet sich hier mittelfristig für die Entwickler von KI-Techniken ein<br />
Dilemma: wie läßt sich flexible, kreative ” Intelligenz“ mit Berechenbarkeit und garantierter<br />
Leistungsfähigkeit verbinden? Im kommerziellen Bereich zählt nur <strong>der</strong> Leistungsaspekt,<br />
<strong>der</strong> Mensch ist dabei nur bedingt ein Vorbild.<br />
Eine ganz an<strong>der</strong>e Sicht <strong>der</strong> Dinge ergibt sich, wenn gerade die menschlichen Denkprozesse<br />
und -leistungen zum Gegenstand <strong>der</strong> Untersuchung werden. Von Anfang an gehörte es zum<br />
Selbstverständnis <strong>der</strong> akademischen KI, nicht nur eine dem Menschen unter dem Leistungsaspekt<br />
vergleichbare maschinelle Intelligenz zu schaffen, son<strong>der</strong>n — teils in Konkurrenz<br />
zu, teils in Zusammenarbeit mit Philosophen, Psychologen, Linguisten und Biologen —<br />
das menschliche Denken selbst zu untersuchen, Modelle zu bilden und in Programme zu<br />
übersetzen. Ziel war und ist es, als experimentelle Überprüfung <strong>der</strong> Modelle menschliche<br />
Intelligenz mit Maschinen zu simulieren o<strong>der</strong> nachzubilden.<br />
Es lassen sich also grob drei Themenkreise, Motive, Erkenntnisinteressen bei <strong>der</strong> Beschäftigung<br />
mit und Diskussion über KI unterscheiden:<br />
• KI als Mythos,<br />
• KI als Technik,<br />
• KI als Kognitionswissenschaft.<br />
Der Spekulation, dem Fabulieren, dem ” Was wäre, wenn . . .“ steht als nüchterne Antithese<br />
die Arbeit an verwertbaren Produkten gegenüber. Und — mit Überschneidungen — als<br />
Drittes die Maschine als Spiegel und Bild des Menschen.<br />
2 KI als Mythos<br />
Neben den bekannten Schöpfungsmythen gibt es viele Beispiele für Schöpfermythen, Geschichten,<br />
Fabeln und Legenden über mehr o<strong>der</strong> weniger erfolgreiche Versuche des Menschen<br />
(nicht ganz zufällig fast nur Männer), auf an<strong>der</strong>e als die vertraute Art ein Wesen<br />
— und zwar nach nach seinem Bilde — zu schaffen. Pandora, Golem und homunculus,<br />
Pygmalion, Faust und Frankenstein seien hier nur stellvertretend für viele als legendäre Gestalten<br />
des Geschöpfs und Schöpfers genannt. Sie stehen für den Wunsch nach willfährigen<br />
Sklaven, nach nützlichen Dienern, nach Gefährten für den Misanthropen, nach Erkenntnis<br />
und Macht; aber auch für die Unabsehbarkeit und Unbeherrschbarkeit <strong>der</strong> Folgen, für die<br />
Bestrafung menschlicher Hybris. Sie sind damit auch Symbol für die gerade in unserer Zeit<br />
immer deutlicher werdende Ambivalenz von Wissenschaft und Technik, für die Bedrohung<br />
<strong>der</strong> Menschheit gerade durch die Intention ihrer Wohlfahrt, kurz für Wahrheit und Tod.<br />
14