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Können Computer denken? Teil 1 - Didaktik der Informatik

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meist werden sie auch nicht wirklich gebaut, son<strong>der</strong>n nur auf herkömmlichen Rechnern<br />

simuliert. Erste Erfolge werden fast ausschließlich aus dem Bereich <strong>der</strong> Mustererkennung<br />

bei jeweils sehr eingeschränkten Bereichen (z. B. Gesichter wie<strong>der</strong>erkennen, Spracherkennung,<br />

U-Boot-Geräusche identifizieren, Börsenkurse) gemeldet; <strong>der</strong> Vorteil liegt hier im<br />

Lernen aus Beispielen, ohne daß die Systementwickler selber eine genaue Analyse des Problems<br />

vornehmen müssen, <strong>der</strong> Nachteil darin, daß man nach dem Training immer noch<br />

nicht weiß, woran genau die Unterschiede erkannt werden. Ob sich mit diesem Ansatz<br />

auch komplexere Anwendungen im Kernbereich <strong>der</strong> KI realisieren lassen (hier halten sich<br />

großer Optimismus und nachdrückliche Skepsis die Waage), bleibt abzuwarten.<br />

3.3 Expertensysteme<br />

Sogenannte ” Expertensysteme“ verdienen einen eigenen Abschnitt, weil<br />

• sie historisch und systematisch für die Trennung <strong>der</strong> produktorientierten, technischen<br />

KI von <strong>der</strong> theorieorientierten, kognitionswissenschaftlichen KI stehen;<br />

• sie als das KI-Produkt überhaupt gelten (häufig wird fälschlich angenommen, KI-<br />

Forschung befasse sich mit nichts an<strong>der</strong>em);<br />

• durch Mythen und Propaganda oft <strong>der</strong> falsche Eindruck vermittelt wird, sie seien<br />

tatsächlich so gut wie o<strong>der</strong> gar besser als menschliche Experten.<br />

” Vater“, Namensgeber und Hauptprotagonist wie -propagandist <strong>der</strong> Expertensystemtechnik<br />

ist Edward A. Feigenbaum, <strong>der</strong> ab 1965 zusammen mit dem Biochemiker Yoshua<br />

Le<strong>der</strong>berg und an<strong>der</strong>en das System DENDRAL zur Bestimmung <strong>der</strong> Strukturformel<br />

organischer Moleküle durch Massenspektrographie entwickelte. Neu war daran die Abkehr<br />

von dem Vorhaben <strong>der</strong> KI, umfassende und allgemeingültige Gesetze intelligenter Problemlösung<br />

zu finden, die (später allgemein geteilte) Einsicht, daß zum Problemlösen eine<br />

große Menge Wissen gehört, die Konzentration auf eng umgrenztes, wenig übertragbares<br />

Fachwissen und die erklärte Absicht, Systeme zu entwickeln, die funktionieren (egal, ob<br />

menschenähnlich) und vor allem sich auch verkaufen lassen (insofern könnte man Feigenbaum<br />

als den Francis Bacon <strong>der</strong> KI bezeichnen). Das alles wi<strong>der</strong>sprach weitgehend<br />

den wissenschaftlichen Ansprüchen <strong>der</strong> damaligen KI, und es dauerte eine Weile, bis sich<br />

diese Sichtweise durchsetzen konnte. 27 Was ist nun genau ein Expertensystem? Im Hinblick<br />

auf die intendierte Anwendung läßt sich mit den Worten des Erfin<strong>der</strong>s definieren:<br />

” Es ist ein mit soviel Wissen und Fähigkeiten ausgestattetes <strong>Computer</strong>programm, daß<br />

es auf <strong>der</strong> Stufe des Experten tätig werden kann.“ 28 D. h. also z. B. Diagnosen, Analysen<br />

und Handlungsvorschläge auf genau eingeschränkten Gebieten, ohne jeden Anspruch<br />

gezweifelt werden.“ (Coy & Bonsiepen (1989), S. 24).<br />

27 Feigenbaum (1984, S. 77 f.) und P. McCorduck (1987, S. 268 f.) beschreiben anschaulich, wie degoutant<br />

diese Ideen innerhalb <strong>der</strong> etablierten KI-Gemeinde waren.<br />

28 So Feigenbaum & McCorduck (1984), S. 79. Dazu ein Zitat aus dem gegnerischen Lager (kognitive<br />

KI): ” Aber wie die meisten KI-Ausdrücke ist das Wort ” Expertensystem“ mit beträchtlich viel mehr<br />

implizierter Intelligenz befrachtet, als <strong>der</strong> tatsächliche Stand an Vervollkommnung rechtfertigt. [ . . . ] ” Expertensysteme“<br />

ist eine schrecklich falsche Bezeichnung, da kaum etwas an ihnen ” expertenhaft“ ist. [ . . . ]<br />

In gewissem Maße beinhalten sie das Wissen verschiedener Experten und können daher unter bestimmten<br />

Umständen ganz nützlich sein. Aber den menschlichen Experten schätzen wir deshalb, weil er mit Situationen<br />

umgehen kann, in denen das Geschehen eine neue Wendung genommen hat, eine, die nicht in die Regeln<br />

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