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Können Computer denken? Teil 1 - Didaktik der Informatik

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kann, seit langem zu den bekanntesten Propheten des Scheiterns <strong>der</strong> KI. 49 Weniger das<br />

<strong>Können</strong> als vielmehr das Sollen <strong>der</strong> KI ist J. Weizenbaums zentrales Thema. Die relevanten<br />

Probleme sind für ihn nicht technischer, son<strong>der</strong>n ethischer Natur: unabhängig von <strong>der</strong><br />

tatsächlichen Leistungsfähigkeit von KI-Systemen ist schon <strong>der</strong> Glaube an sie und die Vorstellung<br />

ihres Einsatzes in bisher den Menschen vorbehaltenen Bereichen (z. B. Medizin,<br />

Justiz) ein ” Imperialismus <strong>der</strong> instrumentellen Vernunft“ und ein entscheiden<strong>der</strong> Beitrag<br />

zur Dehumanisierung unserer Welt.<br />

Über das Pro und Kontra <strong>der</strong> These ” Digitale <strong>Computer</strong> können im Prinzip wirklich <strong>denken</strong>“<br />

hält John L. Casti (1990, S. 329–423) eine ” Gerichtsverhandlung“ ab (d. h. er ist<br />

Ankläger, Verteidiger, Sachverständiger und Richter). 50 Eine gelungene Momentaufnahme<br />

<strong>der</strong> neueren Debatte ist die Kontroverse zwischen John R. Searle (1990) und Paul<br />

M. Churchland & Patricia Smith Churchland (1990). Searle vertritt mit seinem<br />

berühmten Gedankenexperiment des ” chinesischen Zimmers“ (o<strong>der</strong> ” Chinesisch Zimmer“)<br />

die These, daß aus <strong>der</strong> regelgeleiteten, formalen Symbolmanipulation (zu allein <strong>der</strong> <strong>Computer</strong><br />

fähig seien) niemals Verstehen von Bedeutung und Intentionalität (und somit Denken)<br />

entstehen könne. Die Churchlands lassen diesen Einwand nur begrenzt und nur für den<br />

klassischen Symbolverarbeitungsansatz gelten und setzen ihre auf neurobiologische Forschungen<br />

gestützte Hoffnung auf neuronale Netze dagegen (nach dem <strong>Computer</strong>modell<br />

des Geistes nun wie<strong>der</strong> das Gehirnmodell des <strong>Computer</strong>s).<br />

Einen leichten, von propagandistischer Übertreibung weitgehend freien Zugang zur KI als<br />

Technik bietet Uli Deker (1989). 51 Dieses Buch ist auch für Schülerinnen und Schüler<br />

geeignet (und man bekommt es mit Chance umsonst). Nach einem einleitenden kritischen<br />

Überblick über die (auch wechselnden) Ansätze und Ideen <strong>der</strong> KI stellt Peter Schefe<br />

(1991) grundlegende Methoden zur Realisierung (Suchen, Inferenz, Repräsentation von<br />

Wissen) vor, ohne dabei sprachphilosophische, erkenntnis- und wissenschaftstheoretische<br />

Fragen auszuklammern (die Neuausgabe wurde gegenüber <strong>der</strong> von 1986/7 erheblich erweitert,<br />

u. a. um mehr Beispiele in LISP und um das Schlußkapitel ” Ethik und Verantwortung“).<br />

Ein Standardlehrbuch <strong>der</strong> KI hat Patrick Henry Winston (1987) geschrieben: zu<br />

fast allen Anwendungsbereichen werden leicht verständlich, aber doch detailliert die Arbeitsweise<br />

von beispielhaften Prozeduren und erfolgreichen Programmen vorgestellt. Weit<br />

umfassen<strong>der</strong> als <strong>der</strong> Titel verspricht behandelt <strong>der</strong> von Günther Görz (1993) herausgegebene<br />

Sammelband alle etablierten <strong>Teil</strong>gebiete <strong>der</strong> KI (39 Autoren von mehr als 15<br />

Universitäten und Forschungsinstituten, das zur Zeit wohl aktuellste und ambitionierteste<br />

KI-Lehrbuch in deutscher Sprache).<br />

Die Geschichte <strong>der</strong> KI (und viele Geschichten) bis zur Mitte <strong>der</strong> siebziger Jahre hat Pame-<br />

49 Nun, wo sich <strong>der</strong> Pulverdampf <strong>der</strong> ersten, etwas aufgeregten Duelle verzogen hat, werden die Fronten<br />

etwas klarer: ” So what I was critisizing — it’s clear to me now — wasn’t the digital computers. The question<br />

wasn’t whether computers can be intelligent. The question was whether computers used as physical symbol<br />

systems can be intelligent. So that much has become clearer with the neural networks.“ (KI 3/1991, S. 75;<br />

vgl. auch Dreyfus & Dreyfus (1989))<br />

50 Sein Fazit: ” wie in allen Fällen, an denen Philosophen beteiligt sind, endet auch diese Debatte in<br />

einem kompletten Chaos“ (S. 423). Mit guten Gründen ist die Gewaltenteilung und die Rollenverteilung<br />

vor Gericht ein unverzichtbares Erbe <strong>der</strong> Aufklärung: dem Mathematiker und Professor für Operations<br />

Research — und das hat wie<strong>der</strong> mit den ” zwei Kulturen“ zu tun — gelingt es bei dieser ” Streitfrage<br />

<strong>der</strong> Naturwissenschaften“ m. E. nicht ganz, den Positionen <strong>der</strong> Gebrü<strong>der</strong> Dreyfus und J. Weizenbaums<br />

gerecht zu werden.<br />

51 Mit einem kleinen Schönheitsfehler: Alan Turing wird zum Amerikaner gemacht (S. 18)! Muß man<br />

das, wenn man für IBM arbeitet?<br />

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