σ Fachliteratur - PD Dr. Wolfgang Schindler
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<strong>PD</strong> <strong>Dr</strong>. W. <strong>Schindler</strong>. Einführung in die Germanistische Linguistik – Seite 35<br />
6.5.2. SYNTAGMATISCHE BEDEUTUNGSBEZIEHUNGEN<br />
SELEKTIONSBESCHRÄNKUNG (KOOKKURRENZRESTRIKTION): In akzeptablen Syntagmen stimmen aufeinander<br />
folgende Lexeme in der Regel hinsichtlich bestimmter semantischer Merkmale überein (86),<br />
wobei essen [menschlich], fressen [tierisch] und blond [Haar(träger)] selektiert. Erfüllt das selektierte<br />
Element die Forderungen des Selektors, dann entstehen akzeptable Syntagmen. Geraten<br />
die Merkmale in einen Konflikt, dann entstehen semantisch abweichende Syntagmen, vgl. (87).<br />
Bei Doppelvorkommen eines Sems in einem Syntagma entsteht ein PLEONASMUS (88):<br />
(86) Der Bankdirektor isst Mousse au Chocolat. Der Geier frisst Aas. Ein blonder Bart.<br />
(87) *Der Geier isst Aas. *Die Katze bellt. *Ein blonder Teppich.<br />
(88) weißer – Schimmel ‚weißes Pferd’, Flüssigkeit – trinken ‚Flüssigkeit via Mund zuführen’<br />
(89) Die Topfpflanze kratzt ab. Die Topfpflanze geht ein.<br />
(90) Wir speisten in einer Spelunke.<br />
6.6. Satzsemantik<br />
6.6.1. IMPLIKATION: nennt man die Bedeutungsinklusion auf Satzebene. Sie liegt vor, wenn aus einem<br />
Satz (S1) notwendig ein weiterer (S2) folgt:<br />
(91) Ein Affe sitzt an Pias Computer (S1) → Ein Tier sitzt an Pias Computer (S2)<br />
(92) Heute ist Donnerstag (S1) → Morgen ist nicht Dienstag (S2)<br />
(93) Pia ist Klaus’ Mutter (S1) → ֘ Pia ist die Gattin von Klaus’ Vater (S2)<br />
6.6.2. PARAPHRASEN bzw. ÄQUIVALENZ: Wenn zwei Sätze mit unterschiedlicher syntaktischer Struktur<br />
und lexikalischer Besetzung bedeutungsgleich sind und sich wechselseitig implizieren, dann<br />
nennt man sie Paraphrasen (voneinander) oder spricht von Äquivalenz zwischen ihnen.<br />
(94) Jane betörte Tarzan ↔ Tarzan wurde von Jane betört ↔ Es war Jane, die Tarzan betörte<br />
Das Glas ist halb leer ↔ Das Glas ist halb voll<br />
Alle Menschen sind sterblich ↔ Kein Mensch ist unsterblich.<br />
6.6.3. KONTRADIKTION: Wenn Sätze gegenteilige Wahrheitswerte besitzen, stehen sie im Verhältnis<br />
der Kontradiktion. S 1 impliziert die Negation von S 2, die NEG von S1 impliziert S2 (96):<br />
(95) Sie verliert immer (S1) (impliziert die NEG von:) Sie gewinnt manchmal (S2)<br />
(96) Es ist nicht der Fall, dass sie immer verliert impliziert Sie gewinnt manchmal<br />
6.7. BEDEUTUNGSWANDEL<br />
6.7.1. Verschiebung des Bedeutungsumfangs (quantitative Veränderungen):<br />
6.7.1.1. BEDEUTUNGSERWEITERUNG: mhd./frnhd. (noch bei Luther) tier ‚vierbeiniges, wildes Lebewesen‘<br />
(ahd. ditze buoch redenot unde zellet michilen wistuom uon tieren unde uon fogilen) ==><br />
nhd. ‚nichtmenschl., nichtpflanzl. Lebewesen‘.<br />
6.7.1.2. BEDEUTUNGSVERENGUNG: mhd. varn ‚allg. Fortbewegung‘ (der leu vert mit mir alle zît) ==><br />
nhd. fahren ‚Fortbewegung mit Fahrzeugen‘. - Mhd. vrum/frum ‚brav, nützlich, tapfer, tüchtig,<br />
(selten) gottgefällig‘ ==> nhd. fromm ‚gottgefällig‘. - Mhd. hochzit ‚(hohes) Fest‘ ==> nhd. Hochzeit<br />
‚Eheschließung‘<br />
6.7.2. Bedeutungsveränderung (qualitative Veränderungen)