σ Fachliteratur - PD Dr. Wolfgang Schindler
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<strong>PD</strong> <strong>Dr</strong>. W. <strong>Schindler</strong>. Einführung in die Germanistische Linguistik Seite 40<br />
8.2. Ein Text besteht aus Äußerungen (Textsegmenten)<br />
Äußerungen sind Integrationen von (i) Phonem- oder Graphemfolgen, (ii) von intonatorischen<br />
Markierungen oder Schreibzeichen, von (iii) Bedeutungen, (iv) Illokutionen (‚Aufforderung‘, ‚Frage‘,<br />
‚Feststellung‘, ‚Bitte‘ etc.) und (v) Kontexten.<br />
(116) Äußerung = Sprechakt + Form (und das in einem bestimmten Kontext)<br />
8.3. Explizite und implizite Wiederaufnahme<br />
Ich danke dir (Satz)<br />
DANK Vielen Dank (NP)<br />
Danke (Gesprächspartikel)<br />
Ein wesentliches Textualitätsmerkmal ist die WIEDERAUFNAHME sprachlicher Einheiten über mehrere/viele<br />
Textsegmente (Äußerungen, z. B. Sätze) hinweg. Diese kann EXPLIZIT geschehen, wenn<br />
zwei Ausdrücke auf das gleiche Objekt Bezug nehmen (REFERENZIDENTITÄT wie Pia/Sie) oder auch<br />
IMPLIZIT, wenn keine Referenzidentität, aber ein inhaltlicher Zusammenhang (zu einer Hochzeit<br />
gehört ein Brautpaar) vorliegt. Manche nennen diesen Zusammenhang auch „partielle Referenzidentität“,<br />
was etwa auf Beziehungen wie Teil-Ganzes (Der Skifahrer musste ins Krankenhaus.<br />
Der Fuß war gebrochen.) zutrifft. – Explizite Mittel wie die Wiederholung oder die Pronominalisierung<br />
gehören dem Bereich der KOHÄSION (strukturell-grammatischer Zusammenhang auf der<br />
Textoberfläche) an. Der Gegenbegriff hierzu lautet KOHÄRENZ: der inhaltlich-thematischer Zusammenhang<br />
eines Textes in der Texttiefenstruktur.<br />
(117) Piai war auf einer Hochzeitj eingeladen. Siei hat dem Brautpaark ein Teeservicel geschenkt.<br />
(118) Als ihmi die Sache mit der Taubej widerfuhr, diej seinei Existenz von einem Tag zum anderen<br />
aus den Angeln hob, war Jonathan Noeli schon über 50 Jahre alt, blickte auf eine<br />
wohl zwanzigjährige Zeitspanne von vollkommener Ereignislosigkeit zurück und hätte<br />
niemals mehr damit gerechnet, daß ihmi überhaupt noch irgend etwas anderes Wesentliches<br />
würde widerfahren können als dereinst der Tod.<br />
8.4. Formen der expliziten Wiederaufnahme<br />
(119) Natürlich Jeans! Oder kann sich einer ein Leben ohne Jeans vorstellen? Jeans sind die<br />
edelsten Hosen der Welt. Dafür verzichte ich doch auf die ganzen synthetischen Lappen aus<br />
der Jumo, die ewig tiffig aussehen. (U. Plenzdorf (1977): Die neuen Leiden des jungen W.)<br />
8.4.1. Wortwiederholung (REKURRENZ, s. auch (119) Jeans)<br />
Lexeme treten mit Referenzidentität (120) (kursive Ausdrücke referenzidentisch) wiederholt auf:<br />
(120) (...) er war also vom Angeln nach Hause gekommen und in die Küche gelaufen, in der Erwartung,<br />
die Mutter dort beim Kochen anzutreffen, und da war die Mutter nicht mehr vorhanden,<br />
nur noch ihre Schürze war vorhanden, sie hing über der Lehne des Stuhls. Die Mutter sei weg,<br />
sagte der Vater, sie habe für längere Zeit verreisen müssen. [P. Süßkind, „Die Taube“]<br />
8.4.2. Pro-Formen (PRONOMINALISIERUNG)<br />
Ein komplexeres Pronominalisierungsgeflecht zeigt der folgende Text:<br />
(121) Eri hatte ein Bärenweibchenj, und die Kinderk verspotteten ihni. Da sagte eri: „Wenn ihrk<br />
michi weiter verspottet, schicke ichi das Bärenweibchenj auf euchk, und esj wird euchk auffressen.“<br />
Dann taten siek es. Dann tat eri es. Dann tat esj es. [Frage: Referenz des letzten es?]