σ Fachliteratur - PD Dr. Wolfgang Schindler
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<strong>PD</strong> <strong>Dr</strong>. W. <strong>Schindler</strong>. Einführung in die Germanistische Linguistik Seite 38<br />
7.2. KONVERSATIONSMAXIMEN und KONVERSATIONELLE IMPLIKATUREN<br />
Grundgedanke: Sprachliche Kommunikation ist kooperatives Handeln. Die Gesprächspartner halten<br />
sich normalerweise an das „Kooperationsprinzip“ (Sei kooperativ!) und an vier Konversationsmaximen.<br />
Wird augenscheinlich eine Maxime verletzt, setzt der Empfänger ein Schlussverfahren<br />
in Gang, um herauszufinden, was hinter dem scheinbaren Verstoß steckt, da er weiterhin<br />
annimmt, dass der Sender Kooperationsprinzip und Maximen beachtet. Der Empfänger zieht<br />
INFERENZEN (Schlüsse), die über den semantischen Gehalt der Äußerungen hinausgehen (also auf<br />
das „Nichtwörtliche“ abzielen). Diese Inferenzen nennt man KONVERSATIONELLE IMPLIKATUREN.<br />
(i) MAXIME DER QUANTITÄT: Sage so viel wie nötig, sage weder zu viel noch zu wenig.<br />
A: Reiche mir bitte jetzt und nicht in zwei Stunden genau drei Schrauben und keine mehr!<br />
Weiteres Beispiel: Männer sind halt Männer; Kinder sind halt Kinder (Tautologien).<br />
(ii) MAXIME DER QUALITÄT: Sage nichts, was du nicht für wahr hältst oder signalisiere, welchen<br />
Wahrscheinlichkeitsgrad das Gesagte besitzt.<br />
[Verliebter zur Geliebten]: Du bist die Sahne auf meiner Erdbeertorte! (Metapher)<br />
(iii) MAXIME DER RELEVANZ: Sei relevant.<br />
A: Wie spät ist es denn? B: Hörst du die Müllabfuhr kommen?<br />
(iv) MAXIME DER MODALITÄT: <strong>Dr</strong>ücke dich klar, eindeutig, geordnet und angemessen aus.<br />
A: Kaufen wir etwas für die Kinder. B: Gut, aber ich bin gegen E - I - S.<br />
Schema einer konversationellen Implikatur: (i) S hat zu E gesagt, dass p. (ii) Es spricht nichts für<br />
die Annahme, S halte das Kooperationsprinzip und die Maximen nicht ein. (iii) Wenn S p sagt<br />
und trotzdem kooperativ ist, muss S denken, dass q. (iv) S muss wissen, dass E über gemeinsames<br />
Wissen etc. auf q kommen kann. (v) S hat nichts unternommen, um E davon abzubringen,<br />
dass q. (vi) Also beabsichtigt S, dass E denkt, dass q, und indem er p sagte, implizierte er, dass q.<br />
֠ Nicht zu verwechseln mit der sog. KONVENTIONELLEN IMPLIKATUR, die aufgrund der Bedeutung<br />
der beteiligten Wörter plus der grammatischen Konstruktion zustande kommen, vgl.<br />
(104) Eulalia ist Ärztin, und sie raucht Zigaretten<br />
(105) Eulalia ist Ärztin, aber sie raucht Zigaretten<br />
wobei (das ist gemeinsam) die Konjunktion der Teilsätze nur dann wahr ist, wenn beide wahr<br />
sind. In (105) implikatiert die Konjunktion aber konventionell, dass ein Gegensatz besteht. 14<br />
7.3. PRÄSUPPOSITIONEN<br />
Bei Präsuppositionen handelt sich um (selbstverständliche) implizite Voraussetzungen sprachlicher<br />
Ausdrücke bzw. Äußerungen, die sich aus einem Bestandteil oder aus der Struktur des Trägersatzes<br />
ableiten lassen. Ich folge hier einem Präsuppositionsbegriff, der diese nicht als gemeinsamen<br />
Hintergrund (Weltwissenshintergrund o.ä.) der Gesprächsteilnehmer ansieht, denn<br />
dann müsste man etwa aus Das Auto hielt an u. a. auf die Präsupposition >> Autos haben Motoren<br />
schließen dürfen. Daraus folgte eine Inflation von Präsuppositionen. Die Schreibweise ist p<br />
14<br />
Das Wesen konventioneller Implikaturen ist umstritten, vgl. Bach, K. (1999): „The Myth of Conventional Implicature”.<br />
Linguistics and Philosophy 22, 327–366 und Potts, C. (2005): The Logic of Conventional Implicatures.<br />
Oxford: Oxford University Press.