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„ Manche Verpackungen<br />
haben<br />
durchaus ihre Berechtigung.<br />
In der<br />
Zukunft leisten<br />
Verpackungen<br />
noch viel mehr.<br />
„<br />
Nachhaltige<br />
Verpackungskonzepte<br />
sollten<br />
neben der Kompostierbarkeit<br />
vor<br />
allem das Cradleto-cradle-<br />
Konzept<br />
beinhalten.<br />
„ Eine Utopie? Vielleicht.<br />
Die Zukunft<br />
wird es zeigen.<br />
Sinn und Unsinn<br />
von Verpackungen<br />
KOLUMNE<br />
Haben Sie schon einmal in England Chips gekauft? Bis man endlich in die Kartoffelscheiben<br />
beißen kann, gilt es erst etliche Lagen von Verpackung zu durchbrechen, nur um dann,<br />
neben einem Müllberg sitzend, ein schlechtes Gewissen zu haben. Gut, das Rascheln gehört<br />
dazu, aber reicht allein das Rascheln? Nicht viel besser sind Gesellschaftsspiele: Da steht<br />
nach dem Kauf meist ein Regal-Umbau an, damit die viel zu große Schachtel mit all ihren<br />
Plastikeinlagen irgendwo Platz findet. Verpackungen – eine Materialschlacht ohne Sinn und<br />
Verstand?<br />
Manche Verpackungen haben durchaus ihre Berechtigung. Das Goldpapier um den Butterklotz<br />
zum Beispiel, oder Milchtüten – Milch geht nicht ohne Verpackung. Milchtüten sind<br />
überhaupt ein gutes Beispiel für den Sinn und Zweck von Verpackungen. Sie schützen Lebensmittel<br />
vor Sauerstoff, in dessen Umgebung sie schneller verderben würden. Oder vor<br />
UV-Licht, das denselben Effekt hätte. Doch Verpackungen leisten vielleicht bald noch viel<br />
mehr. Unsere Milchtüte könnte uns in Zukunft über eine variable Farbskala warnen, wenn<br />
die Milch verdorben ist, was wiederum durch antimikrobielle Beschichtungen viel später der<br />
Fall sein wird als bisher. Im Supermarkt könnten RFID-Chips per Fernauslesegerät anzeigen,<br />
welche verderblichen Waren das Haltbarkeitsdatum überschritten haben.<br />
Bei all den potenziellen Innovationen sollte jedoch eines nicht zu kurz kommen: Fast jede<br />
Verpackung endet aktuell als Abfall. Und meist können beim Recycling weder die für die<br />
Herstellung aufgewandte Energie noch alle Rohstoffe komplett zurückgewonnen werden –<br />
ein Minusgeschäft also, und noch dazu eines, das das Klima schädigt und Ressourcen verbraucht<br />
und damit eigentlich nicht zeitgemäß ist.<br />
Von zentraler Bedeutung sind daher nachhaltige Verpackungskonzepte. Neben der vollständigen<br />
Kompostierbarkeit ist vor allem das Cradle-to-cradle-Konzept zukunftsweisend.<br />
Es basiert auf der simplen Einsicht, dass Abfall nichts anderes als ein Rohstoff ist. Anstatt<br />
Verpackungen einfach nur zu entwerfen und sich später um deren selten ganz rückstandsfreie<br />
Entsorgung zu bemühen, sollte in Zukunft schon bei der Entwicklung das spätere Recycling<br />
mitbedacht werden, damit dieses nicht zum Downcycling gerät – schließlich ist der<br />
Bedarf an Recycling-Parkbänken endlich. Die verwendeten Materialien und Additive müssten<br />
also so ausgewählt werden, dass die Eigenschaften des Recyclingproduktes denen einer<br />
neuen Verpackung gleichen. Auf RFID-Chips gespeichert könnten Informationen über die<br />
verwendeten Materialien dafür sorgen, dass Abfall mit gleicher Zusammensetzung den Weg<br />
zum Hersteller zurück findet und dort in den Produktionsprozess eingespeist wird. Das<br />
klingt zunächst teuer. Langfristig können Unternehmen aber durch Einsparungen beim<br />
Rohstoffbedarf betriebswirtschaftlich profitieren – und nicht zuletzt auch beim Image<br />
punkten. Viel entscheidender ist jedoch die gesamtwirtschaftliche Perspektive: Je mehr Unternehmen<br />
dem Cradle-to-cradle-Ansatz folgen, desto mehr könnte sich unsere Gesellschaft<br />
dem Ideal einer Kreislaufwirtschaft annähern, in der das Wort Müll aus dem Wortschatz verschwunden<br />
ist.<br />
Wer weiß, vielleicht können wir also schon in einigen Jahren ganz ohne schlechtes Gewissen<br />
Chips essen – aus einer raschelnden Tüte, die wir später auf ihre Reise zurück zum Hersteller<br />
und damit in ein neues Leben schicken werden. Eine Utopie?<br />
Andreas Schaich<br />
Foresight Analyst bei Z_punkt,<br />
Beratungsunternehmen für strategische Zukunftsfragen