RegJo Südniedersachsen Ausgabe 4/2012
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102 BildunG <strong>RegJo</strong> SüDnIeDeRSACHSen<br />
Gesamtschulen<br />
Haupt- und Realschulen<br />
Oberschulen<br />
Gymnasium, Gesamtschulen<br />
Grundschulen<br />
Inklusiv wird normal<br />
Ab dem Schuljahr 2013/2014 können eltern von erstklässlern ihre Kinder mit Förderbedarf wahlweise auf einer inklusiven<br />
Regelschule oder einer Förderschule anmelden. Die Kommunen haben dazu die ersten Schwerpunktschulen benannt.<br />
Text: Rüdiger Reyhn grafik: eva-Katarina griesheimer<br />
Längst werden viele Schülerinnen und Schüler, die einen sonderpädagogischem<br />
Förderbedarf aufweisen, gemeinsam mit anderen<br />
Kindern unterrichtet. Nachdem der Landtag im März <strong>2012</strong> mit<br />
großer Mehrheit ein Inklusionsgesetz verabschiedet hat, wird die<br />
inklusive Schule mit Beginn des neuen Schuljahres im August zur<br />
Regel – die Regelschule also inklusiv. Und zwar nicht von heute<br />
auf morgen, sondern – beginnend bei den Grundschulen – schrittweise.<br />
Die Eltern künftiger Erstklässler können zum Schuljahresbeginn<br />
2013/2014 entscheiden, ob sie ihr Kind an einer Regel-<br />
Grundschule oder aber an einer Förderschule anmelden. Im Sinne<br />
der 2006 verabschiedeten und 2009 von Deutschland ratifizierten<br />
Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen wird diese<br />
Holzminden<br />
Uslar<br />
Einbeck<br />
Hann.Münden<br />
Wahlfreiheit der Eltern allerdings in einem Punkt eingeschränkt:<br />
Kinder mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt<br />
„Lernen“ können künftig nur noch an Regelschulen<br />
angemeldet werden – für die erste Jahrgangsstufe der sogenannten<br />
„Förderschulen L“ gilt ab August ein Aufnahmestopp. Sie<br />
werden damit zum Auslaufmodell.<br />
Auf die neue Rechtslage sollen sich nach dem Willen des<br />
Landtags alle Beteiligten nach und nach einstellen – die Kollegien<br />
an den Schulen, Eltern, Schüler und die für Räume und<br />
Sachausstattungen verantwortlichen Schulträger. Das Kultusministerium<br />
hat Landkreise sowie Städte und Gemeinden gebeten,<br />
zum 1. Februar für die unterschiedlichen Förderschwerpunkte<br />
Bad Gandersheim<br />
Northeim<br />
Göttingen<br />
Osterode am Harz<br />
Herzberg<br />
Duderstadt<br />
Schwerpunktschulen zu benennen; diese Schulen bilden beim<br />
Thema schulischer Inklusion die Vorhut. Viele Kommunen haben<br />
sich längst entschieden, andere wurden erst durch <strong>RegJo</strong>-Recherchen<br />
im Dezember darauf aufmerksam, dass dies ein Thema sein<br />
könnte. Schwerpunktschulen sind allgemeine Schulen, die sich<br />
schon jetzt fit fühlen für den gemeinsamen Unterricht in bestimmten<br />
Förderschwerpunkten. Dabei kommt es darauf an, dass dieses<br />
Angebot auch in zumutbarer Entfernung zum Elternhaus des<br />
Förderschülers vorgehalten wird – dies kann auch in einer Nachbargemeinde<br />
der Fall sein. Was jedoch unter „zumutbar“ zu verstehen<br />
ist – darüber dürfte in den nächsten Monaten noch debattiert<br />
werden.<br />
Wenn beispielsweise die Stadt Northeim die Schule am Sultmer<br />
als Schwerpunktschule für geistige Entwicklung und für körperliche<br />
und motorische Entwicklung benennt, können Kinder<br />
mit diesen Förderbedarfen auch nur an dieser Regelschule – oder<br />
aber an einer geeigneten Förderschule – angemeldet werden. Der<br />
Einzugsbereich der Schule am Sultmer erstreckt sich in diesen<br />
beiden Förderbereichen also auf das gesamte Stadtgebiet; bei den<br />
Schwerpunktschulen gelten nicht die üblichen Einzugsbereiche.<br />
Friedland und Rosdorf unterhalten jeweils zwei Grundschulen.<br />
Alle vier sind nach Auffassung der Schulträger baulich so gestaltet,<br />
dass sie inklusiv tätig sein können – sie werden damit als Schwerpunktschulen<br />
für alle Förderbereiche geführt. Die Auswahl der<br />
Schwerpunktschulen erfolgte in den Städten und Gemeinden nach<br />
Räumliche Verteilung der von den Kommunen bereits<br />
benannten Schulen mit inklusiven Förderschwerpunkten.<br />
Die Verteilung in der Fläche insbesondere der grundschulen,<br />
mit denen es zum nächsten Schuljahr losgeht,<br />
ist alles andere als gleichmäßig.<br />
<strong>RegJo</strong> SüDnIeDeRSACHSen BildunG 103<br />
ganz unterschiedlichen Gesichtspunkten. Gleichen beispielsweise<br />
hat die Grundschule in Kerstlingerode wegen der Nähe zum integrativen<br />
Kindergarten in Rittmarshausen ausgesucht.<br />
Beginnend mit dem fünften Jahrgang werden in den weiterführenden<br />
Schulen ab August 2013 Schülerinnen und Schüler<br />
mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufgenommen – sofern<br />
ihre Eltern dies wünschen. Und zwar unabhängig von Art und<br />
Umfang des jeweiligem Handicaps. Anträge auf Aufnahme in Integrationsklassen<br />
waren für viele Eltern und Kinder mit unwürdiger<br />
und langwieriger Bittstellerei verbunden: Diese Quälereien<br />
sollen jetzt endlich der Vergangenheit angehören. Die Wahlfreiheit<br />
der Erziehungsberechtigten indes bereitet nun vielen Schulträgern,<br />
die auch für ebenerdige Eingänge zu sorgen haben, Kopfzerbrechen:<br />
Sie wissen nicht, wie sich die Eltern der Kinder mit<br />
Förderbedarf entscheiden – damit entstehen neue Probleme bei<br />
der Schulentwicklungsplanung.<br />
Zu einem eigenwilligen Ergebnis kamen in einem internen<br />
Gespräch die fünf Göttinger Gymnasien: Sie wollen alle als<br />
Schwerpunktschulen firmieren – und trafen damit im Schulausschuss<br />
der Stadt Göttingen auf Vorbehalte. Tenor der Kritik: Wenn<br />
niemand sich offensiv bekennt, macht es keiner richtig.<br />
Der Übergangszeitraum zur Einrichtung von Schwerpunktschulen<br />
endet am 31. Juli 2018. Ab dem Schuljahr 2018/2019 ist<br />
jede Schule jeder Schulform eine inklusive Schule – das jedenfalls<br />
bestimmt das derzeit gültige Gesetz über die inklusive Schule.