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RegJo Südniedersachsen Ausgabe 4/2012

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tik-Justiz hatte, einer Wertung nach heutigen Maßstäben<br />

zu unterziehen. Die Erfahrung hat gezeigt: In den Fällen,<br />

wo ein Weisungsrecht ausgeübt wurde, möglicherweise<br />

sogar unter Überschreitung der rechtlichen Grenzen,<br />

um Einfluss auf Verfahren zu nehmen, ist das praktisch<br />

nie geheim geblieben. Die sind Gegenstand der Medienberichterstattung<br />

gewesen und haben oft zu Rücktritten<br />

geführt. Vielleicht ist das auch eine Ursache dafür, dass<br />

sich die Exekutive da sehr stark zurücknimmt. Ich persönlich<br />

habe während einer Tätigkeit von über 30 Jahren<br />

als Staatsanwalt Weisungen im Einzelfall mit der Tendenz<br />

entweder Anklage zu erheben oder einzustellen nicht<br />

erlebt. Wir müssen bei bloßem Anfangsverdacht unabhängig<br />

von der Person des Beschuldigten ermitteln. Und das<br />

hat zur Folge, dass praktisch jede Staatsanwaltschaft auch<br />

Ermittlungsverfahren gegen Landtagsabgeordnete, gegen<br />

Bundestagsabgeordnete oder sogar gegen den Bundespräsidenten<br />

führen muss.<br />

Heun: Es gibt immer wieder Einzelfälle – ich erinnere<br />

mich an die Steuerfahnder-Affäre in Hessen, wo die zu eifrigen<br />

Staatsanwälte versetzt worden sind. Für solche Übergriffe<br />

haben wir das Strafrecht, aber das bedeutet ja nicht,<br />

dass das System als solches verkehrt ist. Ich glaube, diese<br />

Fälle reichen eben nicht aus zu sagen: Es findet solch ein<br />

Missbrauch statt, dass wir deswegen das System ändern<br />

müssten. Wenn von den Staatsanwälten als unzulässig<br />

empfundene Eingriffe durch die politische Ebene passieren,<br />

bleibt das in der Regel nicht geheim. Sowie das in<br />

irgendeiner Weise an die Öffentlichkeit dringt, und das<br />

lässt sich fast nie vermeiden, würde es einen Aufschrei<br />

geben mit Konsequenzen bis hin zum Rücktritt.<br />

Apel: Die staatsanwaltlichen Entscheidungen unterliegen<br />

zudem im großen Umfang einer gerichtlichen Kontrolle.<br />

Wenn wir jemanden anklagen, sei es auch auf Weisung<br />

hin, müssen wir immer noch ein Gericht finden, das<br />

auf Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet. Wenig<br />

bekannt ist, dass auch die Einstellung von Ermittlungsverfahren<br />

überprüft wird. Ist der Anzeigeerstatter zugleich<br />

auch der Verletzte, kann er ein Klageerzwingungsverfahren<br />

betreiben. Und ich brauche als Staatsanwalt fast immer<br />

eine richterliche Entscheidung für eine Durchsuchung, für<br />

die Entnahme einer Blutprobe oder eine Telefonüberwa-<br />

chung. Das Bundesverfassungsgericht hat in den letzten<br />

Jahren die Möglichkeit der Staatsanwaltschaft, solche Entscheidungen<br />

bei Gefahr im Verzug selbst zu treffen, sehr<br />

stark eingeschränkt.<br />

es gibt ja noch andere Instrumente der Beeinflussung, wie<br />

beispielsweise der Beförderungsmechanismus. Das Bundesverfassungsgericht<br />

ist zudem das einzige gericht, das<br />

Budgethoheit und Selbstverwaltung hat.<br />

Heun: Das Bundesverfassungsgericht hat auch nur das<br />

Vorschlagsrecht. Es stellt sein eigenes Budget auf, die<br />

Bewilligung muss aber durch das Parlament erfolgen.<br />

Eine nicht geringe Bedeutung hat das natürlich dadurch,<br />

dass über das Budget die Arbeitslast der Gerichte gesteuert<br />

werden kann – allgemeine Sparmaßnahmen führen<br />

unter Umständen zum Verfahrensstau. Da liegen die<br />

wesentlich größeren Probleme. Aber letztlich muss auch<br />

das die Politik verantworten, insofern muss man eigentlich<br />

auch an diesem Entscheidungsrecht der Parlamente<br />

festhalten. Dass wir aber der Gerichtsbarkeit so viel Geld<br />

geben, wie sie nur will, ohne irgendwelche Kontrolle,<br />

kann auch nicht richtig sein. Einzig die Beförderungspraxis<br />

ist ein Instrument, um eine gewisse Konformität<br />

bei Richtern zu erzeugen. Aber gleichwohl kann ich nicht<br />

erkennen, jedenfalls in den Bereichen der unteren und<br />

mittleren Instanzen, dass politische Einflüsse eine Rolle<br />

spielen. Sie tun das auf der Ebene der Bundesgerichtsbarkeit.<br />

Aber wenn besonders unfähige Richter aus parteipolitischen<br />

Gründen etwa in den BGH gehievt werden,<br />

führt das auch zu Kritik, zu Gegenwehr aus den Gerichten.<br />

Doch gegen einen gewissen politischen Einfluss ist im<br />

Grundsatz auch nichts einzuwenden – ich verweise nochmals<br />

auf das Demokratieprinzip.<br />

Apel: Wir haben die Ausgestaltung des eigenen Haushaltsrechts<br />

einmal intern diskutiert. Im Behördenleiterkreis<br />

sind wir zu der Auffassung gekommen, dass es sinnvoller<br />

ist, man hat einen Justizminister, der sich im Kabinett<br />

für den Justizhaushalt einsetzt. Wer wäre sonst bei einem<br />

unabhängigen Haushalt unser Interessenvertreter? Wir<br />

haben in den letzten Jahren Personalbedarfsberechnungen<br />

durchgeführt. Für dieses Pensum werden die benötigten<br />

Stellen bereitgestellt. Das ist die politische Zusage<br />

und die wurde bislang auch eingehalten.

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