RegJo Südniedersachsen Ausgabe 4/2012
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Alter neu denken<br />
Sein 40-jähriges Bestehen feierte das gDA Wohnstift in göttingen. Sein Ziel von Anfang an: den Austausch zwischen<br />
Hausbewohnern und Bevölkerung fördern und so den Alltag der Senioren abwechslungsreich gestalten.<br />
Text: Annegret Adam Fotografie: gDA Wohnstift<br />
Mit der Eröffnung des GDA Wohnstifts in Göttingen im Jahr<br />
1972 wurden älteren Menschen Appartements bereitgestellt, die<br />
komfortables Wohnen und Unabhängigkeit im Alter miteinander<br />
verbinden sollten. Gleichzeitig sollten die Bewohner Teil einer<br />
Gemeinschaft werden, in der Hilfe und Unterstützung je nach<br />
den individuellen Erfordernissen gegeben sind. Die Eröffnung des<br />
Hauses, welches sich auf einer kleinen Anhöhe in unmittelbarer<br />
Nähe des Geismarer Waldes befindet, war damals eine Innovation<br />
in der Region. Die Offenheit für neue Entwicklungen prägt seitdem<br />
die Arbeit des Hauses. Auch die derzeitigen Sanierungsarbeiten<br />
zugunsten der Energieeffizienz gehören zu diesen Bestrebungen.<br />
„Ziel unseres Vorhabens ist es, ein deutliches Signal für den<br />
sparsamen Umgang mit den natürlichen Ressourcen zu geben“, so<br />
Klaus Brandl, Stiftsdirektor des GDA Wohnstifts.<br />
Dieses zukunftsorientierte Denken und Handeln findet sich<br />
in allen Bereichen des Hauses, das heute rund 580 Wohnungen<br />
umfasst und mehr als 300 Mitarbeiter beschäftigt. Unter der<br />
Maxime „Alt trifft Jung“ unterstützt die Hausleitung gezielt das<br />
Zusammenkommen der Hausbewohner mit jüngeren Generationen.<br />
So bewohnt zum Beispiel seit Sommer <strong>2012</strong> die Hortgruppe 1<br />
der Evangelischen Kindertagesstätte „St. Martin“ mehrere Räume<br />
des Wohnstifts. Aber auch der Austausch Göttinger Studierender<br />
mit den Stiftbewohnern wird ermöglicht. In Kooperation mit<br />
dem Göttinger Studentenwerk bietet die Gemeinschaft Deutsche<br />
Altenhilfe, kurz GDA, Wohnraum für Studierende. Im Rahmen<br />
des Projekts „Wohnen für Hilfe“ können diese zudem ihre Miete<br />
reduzieren, indem sie im Wohnstift verschiedenen Tätigkeiten<br />
nachgehen und helfen.<br />
Die Öffnung der Einrichtung nach außen ist ein Leitgedanke,<br />
der auch durch den ambulanten Pflegedienst „GDA Agil“ umgesetzt<br />
wird. Mit diesem öffnet das Wohnstift sein Angebot für die<br />
Göttinger Bevölkerung. Gleichzeitig stehen aber auch Teile des<br />
Hauses, wie das Café und Restaurant „Panorama“ und der Marktplatz<br />
im Foyer, der gesamten Bevölkerung offen. Auf dem 22 Quadratmeter<br />
großen „Marktplatz“ bieten seit Januar <strong>2012</strong> im täglichen<br />
Wechsel Göttinger Geschäfte ihre Waren an – ein Angebot<br />
sowohl für die Unternehmen, die damit ihre Bekanntheit im<br />
Stadtteil Geismar erhöhen, als auch für die Bewohner des Hauses<br />
sowie die Bürger der umliegenden Wohnviertel. Neben der Zusammenarbeit<br />
mit Göttinger Wirtschaftsunternehmen bestehen auch<br />
Das gDA Wohnstift befindet sich in direkter nachbarschaft zur geismarer Bevölkerung. Zu den Bewohnern des Hauses zählt auch göttingens<br />
älteste Theatergruppe (Mitte). Rechts: die Köpfe der Wohnstift-Leitung.<br />
Kooperationen in den Bereichen Bildung und Kultur: Volkshochschulkurse<br />
werden in den Räumen des Wohnstifts angeboten, das<br />
Göttinger Symphonie Orchester richtet seine Kammermusik-Serenade<br />
im Konzertsaal des Wohnstifts aus und Bewohner des Hauses<br />
bilden in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Theater Göttingen<br />
die älteste Theatergruppe der Stadt. Darüber hinaus stehen auch<br />
die regelmäßigen Kulturveranstaltungen im GDA Wohnstift, wie<br />
Tanzcafé-Nachmittage oder Literaturabende, allen Besuchsinteressierten<br />
offen.<br />
Das GDA Wohnstift hat erkannt: Auch wenn der Bewohner<br />
im höheren Alter häufig mehr Unterstützung benötigt, so hat<br />
er dennoch Interessen, Vorlieben und Bedürfnisse. „Es geht um<br />
Lebensräume und die Feinfühligkeit, sie zu gestalten“, brachte es<br />
Klaus Brandl im Rahmen der Jubiläumsfeier Anfang Dezember<br />
auf den Punkt. Dabei reicht das Kennen des Menschen oft nicht<br />
aus, sondern notwendig ist das Erkennen der Persönlichkeit, um<br />
dem Bewohner die richtigen Angebote zugänglich zu machen.<br />
Dies gelte auch für Bewohner mit Demenz, denen eine Tagesbetreuung,<br />
spezielle Wohnbereiche und eine ambulante Begleitung<br />
im Haus zur Verfügung stehen. Zu den Bedürfnissen älterer<br />
Menschen gehören dabei nicht nur kulturelle Angebote, sondern<br />
auch die Möglichkeit, Motorik, Beweglichkeit und Kreislauf zu<br />
fördern. Aus diesem Grund eröffnete das GDA Wohnstift im September<br />
<strong>2012</strong> mit Unterstützung zahlreicher Partner und Sponsoren<br />
der regionalen Wirtschaft einen Bewegungs-Parcours. Auf fast<br />
700 Quadratmetern können die Nutzer des Bewegungs-Parcours<br />
– sowohl Stiftbewohner als auch Anwohner – an sechs Fitnessgeräten<br />
einzelne Muskelpartien und das Gleichgewicht trainieren.<br />
Daneben befindet sich eine Freifläche mit Sitzgelegenheiten, die<br />
die Möglichkeit zum Verweilen und zum Beispiel Grillen bieten.<br />
Die Integration der Stiftbewohner in die städtische Bevölkerung<br />
ist mit den Jahren zum zentralen Anliegen des Hauses geworden<br />
und soll es auch zukünftig sein, dies bekräftigte Stiftdirektor<br />
Brandl auch im Rahmen der Jubiläumsfeier, zu der wiederum<br />
auch Vertreter der Stadt wie Dr. Dagmar Schlapeit-Beck, Dezernentin<br />
für Kultur und Soziales, geladen waren. Der Kurs des Hauses<br />
für die Zukunft lautet „Alter neu denken“. Dafür brauche es<br />
auch Geduld, weiß Brandl. Er habe mit den Jahren aber auch viel<br />
von den Stiftbewohnern gelernt: „Zuhören und herausfinden, was<br />
wichtig ist, und dann in die richtige Richtung gehen.“