Iurratio – Juristische Nachwuchsförderung eV
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Ausbildung<br />
Sanktionen<br />
- Erziehungsmaßregeln, § 9 JGG<br />
• Weisungen nach § 10 JGG<br />
• „unbenannte“ Weisungen<br />
• Erziehungsbeistandschaft § 12 JGG<br />
• Heimerziehung § 12 JGG<br />
- Zuchtmittel § 13 JGG<br />
• Verwarnung § 14 JGG<br />
• Auflagen § 15 JGG<br />
- Wiedergutmachung<br />
- Entschuldigung<br />
- Arbeitsleistung<br />
- Geldbetrag<br />
• Jugendarrest § 16 JGG<br />
- Freizeitarrest<br />
- Kurzarrest<br />
- Dauerarrest<br />
- Jugendstrafe § 17 JGG<br />
• (unbedingte) Verhängung der Jugendstrafe § 17 JGG wegen<br />
- Schädlicher Neigungen<br />
- Schwere der Schuld<br />
• Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung<br />
- Vorbewährung" § 57 JGG<br />
- "Urteils"bewährung § 21 JGG<br />
• Aussetzung der Verhängung § 27 JGG bei Jugendstrafe wegen<br />
schädlicher Neigungen<br />
Maßnahmen (§ 11 I Nr. 8 StGB)<br />
- Maßregeln der Besserung und Sicherung §§ 7 JGG, 61 ff StGB<br />
• Freiheitsentziehende Maßregeln:<br />
- Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus § 63 StGB<br />
- Unterbringung in einer Entziehungsanstalt § 64 StGB<br />
- Nachträgliche Unterbringung in der Sicherungsverwahrung<br />
gem. § 7 Abs. 2 JGG<br />
• Maßregeln ohne Freiheitsentzug:<br />
- Führungsaufsicht §§ 68-68g<br />
- Entziehung der Fahrerlaubnis §§ 69-69b<br />
- Andere Maßnahmen<br />
• Verfall §§ 6 JGG, 73-73e StGB<br />
• Einziehung §§ 6 JGG, 74, 75 StGB<br />
• Unbrauchbarmachung §§ 6 JGG, 74d StGB<br />
Nebenfolgen<br />
- Fahrverbot § 44 StGB<br />
G. DIE JUGENDSTRAFE<br />
I. ALLGEMEINES<br />
Die Jugendstrafe ist die einzige echte Kriminalstrafe des Jugendstrafrechts.<br />
Dieser „Freiheitsentzug in einer Jugendstrafanstalt“ (§ 17 Abs. 1 JGG) kann<br />
<strong>Iurratio</strong><br />
Ausgabe 2 / 2011<br />
zum einen verhängt werden, „wenn wegen der schädlichen Neigungen des<br />
Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder<br />
Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen“, zum anderen, „wenn wegen der<br />
Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist“ (§ 17 Abs. 2 JGG). Obwohl es sich<br />
um eine Kriminalstrafe handelt, soll der Erziehungsgedanke bei der Verhängung<br />
eine wesentliche (§ 18 Abs. 2 JGG) und beim Vollzug gar eine dominierende<br />
Rolle spielen (§ 91 JGG).<br />
Die Dauer der Jugendstrafe beträgt mindestens 6 Monate und (bei Jugendlichen)<br />
höchstens 5 Jahre; das Höchstmass beträgt jedoch 10 Jahre, wenn nach<br />
allgemeinem Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als 10 Jahren Freiheitsstrafe<br />
angedroht ist (§ 18 Abs. 1). Bei Heranwachsenden beträgt das Höchstmass<br />
in jedem Fall 10 Jahre (§ 105 Abs. 3 JGG).<br />
Soweit erst einmal ein kursorischer Überblick. Beschäftigen wir uns zunächst<br />
einmal mit den<br />
II. VoRAUSSETZUNGEN DER JUGENDSTRAFE<br />
1. SCHäDLICHE NEIGUNGEN<br />
Die gängige Definition, die uns die Rechtsprechung anbietet lautet:<br />
„Schädliche Neigungen zeigt ein Jugendlicher oder Heranwachsender, bei dem<br />
erhebliche Anlage- oder Erziehungsmängel die Gefahr begründen, dass er ohne<br />
längere Gesamterziehung (§§ 91, 92 JGG) durch weitere Straftaten die Gemeinschaftsordnung<br />
stören wird“ 20Wie verstehen wir aber, wenn wir uns an<br />
den Wortlaut der Norm halten wollen den Begriff der Neigungen? Schöch21 scheint relativ unkritisch damit umzugehen. Einerseits weist er daraufhin,<br />
dass hier nicht nur Konflikt- oder Gelegenheitstaten gemeint sein dürften,<br />
andrerseits will er auch dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit<br />
genüge tun und verlangt wie das LG Gera, dass beim Täter eine<br />
Rückfallgefahr für erhebliche Straftaten vorliegen muss . 22<br />
Aufhellung bringt und aber ein Blick in den Kommentar von Eisenberg, der<br />
auf die Historie des Begriffes der schädlichen Neigung eingeht.<br />
Bei der Frage der Bemessung der Jugendstrafe von unbestimmter Dauer war<br />
bereits in § 12 Abs.1 S 1 des österreichischen Gesetzes über die Behandlung<br />
junger Rechtsbrecher v. 18.7.1927 die schädliche Neigung ein wesentliches<br />
Tatbestandmerkmal. Durch VO des Reichsjustizministers über die unbestimmt<br />
Verurteilten vom 10.9.194123 wurden die „schädlichen Neigungen“ in<br />
das deutsche Jugendstrafrecht eingeführt und im RJGG 43 beibehalten und<br />
als selbstständige Voraussetzung zur Verhängung von Jugendstrafe in das<br />
JGG (§ 4) eingefügt. 24<br />
Das Tatbestandsmerkmal begegnet daher unserer Skepsis („der Schädling“), es<br />
ist disponibel und mit den Kategorien einer modernen Sozialwissenschaft nicht<br />
in Einklang zu bringen. Im Jugendstrafprozess werden sie, vielleicht auf die Geschichte<br />
hinweisen können, aber sie müssen mit der Norm arbeiten, wenn der<br />
20 Vgl. BGH St 11,170; 16, 261; BGH St 1992,431; NStZ-RR 2002, 20.<br />
21 In: Meier/Rössner/Schöch, S. 216 ff.<br />
22 LG Gera, DVJJ-Journal 1998, S. 282.<br />
23 RGBL I 567.<br />
24 Vgl. Eisenberg § 17 Rn. 19 vgl. Eisenberg § 17 Rn. 19.