Ein Flirt mit Paris Mädchen in Uniform Heather - L-Mag
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TITELTHEMA REGENBOGENFAMILIE<br />
Andersse<strong>in</strong> ist out,<br />
Anpassung ist <strong>in</strong><br />
Mit Anfang zwanzig hatte ich mir<br />
tatsächlich vorgestellt, Ra<strong>in</strong>er<br />
Werner Fassb<strong>in</strong>der zu heiraten.<br />
Das erschien mir als das Natürlichste<br />
von der Welt und absolut<br />
logisch. Ich verkehrte <strong>in</strong> der angesagten Disco<br />
Dschungel. Da g<strong>in</strong>gen Gott und die Welt h<strong>in</strong>, also<br />
auch er und ich. Da Virg<strong>in</strong>ia Woolf und Vita Sackville-West<br />
nicht unspannende schwule Männer geheiratet<br />
hatten, dachte ich, das sei für e<strong>in</strong>e wie mich<br />
auch an der Tagesordnung. In Schauspielerkreisen<br />
<strong>in</strong> Hollywood g<strong>in</strong>g man schließlich auch ähnlich<br />
vor. Ich würde also e<strong>in</strong>en amüsanten Schwulen<br />
heiraten, e<strong>in</strong>en <strong>mit</strong> viel Charme und Kreativität, der<br />
geistig echt was hermachte, der e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>spirieren<br />
würde und <strong>mit</strong> dem das Zusammenleben e<strong>in</strong><br />
K<strong>in</strong>derspiel, e<strong>in</strong> „Dandy-und-Diva-Trip“ wär.<br />
Ke<strong>in</strong> früher K<strong>in</strong>derwunsch<br />
Als Teenager, als die Vorstellung des K<strong>in</strong>der -<br />
kriegens ganz allmählich <strong>in</strong> me<strong>in</strong> Bewusstse<strong>in</strong><br />
drang, erzählte ich herum, dass, sollte ich jemals<br />
e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d bekommen und es würde e<strong>in</strong> Junge, ich<br />
das D<strong>in</strong>g auf der Stelle im Klo runterspülen würde.<br />
Für me<strong>in</strong>e Mitmenschen klang das vielleicht<br />
brutal, aber für mich war das e<strong>in</strong>fach nur logisch.<br />
Ich fand Jungs furchtbare, aufgeplusterte Idioten,<br />
die nichts anderes im S<strong>in</strong>n hatten, als die Damenwelt<br />
nach ihrer Pfeife tanzen zu lassen. So e<strong>in</strong><br />
Wesen würde ich <strong>mit</strong> Sicherheit nicht an me<strong>in</strong>em<br />
Busen nähren. Nun, <strong>mit</strong> elf wusste ich noch nicht,<br />
dass es so etwas wie Homosexuelle gab und dass<br />
ich dazugehörte. Und natürlich wusste ich auch<br />
nicht, dass Homos <strong>in</strong> der Regel ke<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der<br />
bekamen, auf jeden Fall nicht <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>ander.<br />
Berufswunsch Terrorist<strong>in</strong><br />
L-MAG-Autor<strong>in</strong> Lena Braun versteht die Welt der Kle<strong>in</strong>familien nicht<br />
Auch me<strong>in</strong> Berufswunsch wurde <strong>in</strong> unserer Kle<strong>in</strong>stadt<br />
für ungewöhnlich befunden: Ich wollte<br />
Terrorist<strong>in</strong> werden. Und darum war auch die<br />
Vorstellung von me<strong>in</strong>er liebsten Art zu sterben,<br />
e<strong>in</strong>en grandiosen Terroranschlag zu landen und<br />
dabei <strong>in</strong> tausend Stücke gesprengt zu werden. Nun,<br />
das waren die 70er. Und für mich war diese Art zu<br />
denken absolut normal. Ich fand daran nichts spektakulär<br />
oder anstößig, ich war e<strong>in</strong>fach frei im Kopf.<br />
Heutzutage würde man weder <strong>in</strong> der Kle<strong>in</strong>stadt<br />
noch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er deutschsprachigen Metropole D<strong>in</strong>ge<br />
dieser Art denken, geschweige denn laut äußern.<br />
Denn es gibt ihn: den Wertewandel. Und der<br />
Bürger, die Bürger<strong>in</strong>, egal ob grün oder schwul,<br />
neigt sich wie e<strong>in</strong>e Glockenblume h<strong>in</strong> zum<br />
Konservativen, statt tief durchzuatmen und auf die<br />
Pauke zu hauen.<br />
Brüten statt demonstrieren<br />
Auf die Pauke schlagen nun andere. Nicht wir. Der<br />
Mittelstand <strong>in</strong> Israel tut es, die Underdogs <strong>in</strong> Großbritannien<br />
tun es und auch tausende von Menschen<br />
<strong>in</strong> den arabischen Staaten gehen auf die Straße. Es<br />
s<strong>in</strong>d Menschen, denen es nicht gut (genug) geht,<br />
Menschen, die ihr Recht e<strong>in</strong>fordern,<br />
auch e<strong>in</strong> Stück vom<br />
Kuchen zu bekommen.<br />
Ganz anders die Homosexuellen<br />
<strong>in</strong> unseren Breitengraden:<br />
Wir passen uns an und<br />
fangen an zu brüten, denn so<br />
sichern wir uns das endlich<br />
vor uns liegende und so gut<br />
duftende große Stück vom<br />
Kuchen. Unser Paarungsverhalten<br />
wird nun <strong>in</strong> exakt<br />
40 L-MAG<br />
Illustration: Eleonore Rödel / www.ro-edel.de