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Ein Flirt mit Paris Mädchen in Uniform Heather - L-Mag

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MUSIK<br />

<strong>E<strong>in</strong></strong>e, die es wissen will<br />

Sie bewegt sich leichtfüßig und scharfzüngig zwischen Fem<strong>in</strong>ismus und queer Hip-Hop:<br />

die außergewöhnliche Musiker<strong>in</strong> und L-MAG-Covermodel Sookee<br />

Sie ist Rapper<strong>in</strong>, Fem<strong>in</strong>ist<strong>in</strong>, Pädagog<strong>in</strong> und kämpft<br />

gegen Homophobie. Sie ist Qu<strong>in</strong>g of Berl<strong>in</strong> (siehe<br />

auch die L-Kampagne im letzten Heft). Sookee<br />

kommt aus dem rauen männlich dom<strong>in</strong>ierten<br />

Berl<strong>in</strong>er Hip-Hop-Underground und hat erlebt, wie<br />

Frauen im Hip-Hop und der Gesellschaft diskrim<strong>in</strong>iert<br />

werden. Durch ihr Studium der Gender-<br />

Studies hat sich ihr Blick auf die Welt verändert.<br />

Sprache ist ihr Element. Ihre Songs handeln von<br />

Sexismus, Homophobie, Fem<strong>in</strong>ismus und Queer-<br />

Theorie. Ihr drittes Album „Bitches, Butches,<br />

Dykes & Divas“ ersche<strong>in</strong>t Anfang Dezember.<br />

Mit dabei der Soundtrack e<strong>in</strong>es alternativen<br />

Berl<strong>in</strong>er Dokumentarfilms über Utopien, Weltverbesserungsidee<br />

und Queer-Politik, der seit<br />

Mitte des Jahres auf verschiedenen Festivals<br />

gezeigt wurde. Sookee engagiert sich gleich zeitig<br />

an verschiedenen Fronten. Mit ihren 27 Jahren<br />

will sie ihren Teil zur Erschaffung der Utopie auf<br />

kultureller, politischer und gesellschaftlicher<br />

Ebene leisten. Das schafft sie als Musiker<strong>in</strong>,<br />

Aktivist<strong>in</strong> und ganz basisnah als Projektkoord<strong>in</strong>ator<strong>in</strong><br />

<strong>mit</strong> Jugendlichen. L-MAG traf die<br />

vielbeschäftigte Berl<strong>in</strong>er<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Neuköllner<br />

Bar und sprach <strong>mit</strong> ihr über das neue Album,<br />

Fem<strong>in</strong>ismus und Visi onen.<br />

L-MAG: Du arbeitest gerade an de<strong>in</strong>em<br />

dritten Album. Was erwartet uns?<br />

Sookee: Es ist e<strong>in</strong> bisschen e<strong>in</strong>e Fortsetzung vom<br />

letzten Album. Alle Themen vom „Qu<strong>in</strong>g“-Album<br />

bekommen noch mal e<strong>in</strong>e Vertiefung. Auf dem<br />

letzten Album gab es bereits e<strong>in</strong>e Review zum<br />

Ersten. Ich habe gesagt: Das und das fand ich <strong>in</strong><br />

me<strong>in</strong>er Konzeptlösung oder <strong>in</strong> bestimmten Begriffen<br />

doof. Das mache ich heute anders, und zwar<br />

aus diesen Gründen. Und das Gleiche gibt es<br />

wieder auf der nächsten Platte. Ich f<strong>in</strong>de es total<br />

wichtig, da<strong>mit</strong> offensiv umzugehen, um klar zu<br />

zeigen: Auch hier steckt nur e<strong>in</strong>e Person dah<strong>in</strong>ter,<br />

die dazulernt, die sich weiterbildet und ihren<br />

Horizont erweitert. Es geht wieder stark um Antisexismus<br />

und Anti-Homophobie. Der Titeltrack<br />

des Albums ist „Bitches, Butches, Dykes and<br />

Divas“, der sich thematisch auch um das rankt,<br />

was der „Slutwalk“ <strong>in</strong>haltlich <strong>mit</strong>gebracht hat: die<br />

ganze Idee von Vergewaltigungs-Mythen, Schluss<br />

<strong>mit</strong> Übergrifflichkeit und Schluss <strong>mit</strong> Lächerlichmachen<br />

von der kle<strong>in</strong>en kurzberockten Person, die<br />

angegangen werden kann.<br />

Fem<strong>in</strong>ismus ist für dich neben Homophobie<br />

e<strong>in</strong> wichtiges Thema. Was bedeutet Fem<strong>in</strong>ismus<br />

für dich?<br />

Fem<strong>in</strong>ismus bedeutet für mich, nicht nur zu<br />

schauen, wie Frauen <strong>in</strong> der Gesellschaft funktionieren<br />

und was es für Erwartungen und Sanktionierungen<br />

gibt. Fem<strong>in</strong>ismus ist auch die Verknüpfung<br />

<strong>mit</strong> anderen sozialen Kategorien. Also: <strong>E<strong>in</strong></strong>e<br />

Frau ist eben nicht nur e<strong>in</strong>e Frau. Sondern sie hat<br />

e<strong>in</strong>e bestimmte soziale Herkunft, sie hat e<strong>in</strong>en<br />

bestimmten Bildungsstatus und e<strong>in</strong>en körperlichen<br />

Status, der gesellschaftlich bewertet wird. Zum<br />

Beispiel nach dem sexuellen Begehren der<br />

Männer. Die Frage des Fem<strong>in</strong>ismus ist für mich:<br />

Wie s<strong>in</strong>d Identitäten verfasst? So hat sich für mich<br />

der Fem<strong>in</strong>ismus-Begriff um den Queer-Fem<strong>in</strong>ismus-Begriff<br />

erweitert. Sexismus und Homophobie<br />

s<strong>in</strong>d zwei Themen, die man nicht von der Frau<br />

trennen kann. <strong>E<strong>in</strong></strong>e Person, die als heterosexuelle<br />

Frau gelesen wird, erfährt e<strong>in</strong>en anderen Sexismus<br />

als e<strong>in</strong>e Frau, die als Lesbe gelesen wird. Und je<br />

nachdem wie ihr Körperbild verstanden wird, ob<br />

sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em normierten Verständnis schön ist oder<br />

nicht, erfährt sie e<strong>in</strong>e andere Form der Sexualisierung.<br />

Also entweder „Geil, die will ich ficken“<br />

oder „Ih, Alter, die würde ich nicht mal <strong>mit</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Schwanz ficken“.<br />

Hast du <strong>in</strong> der Hip-Hop-Szene selbst Diskrim<strong>in</strong>ierungen<br />

als Frau erlebt?<br />

Ja. Klar. Da gab es diverse Geschichten. Ich komme<br />

eben aus dem regulären Berl<strong>in</strong>er Untergrund-Ma<strong>in</strong>stream-Macker-Gedöns.<br />

Da wirst du erst mal nur<br />

als Anhang von jemandem betrachtet. Wenn du <strong>in</strong><br />

deren Augen gut aussiehst, wirst du darauf reduziert<br />

und komplett sexualisiert. Wenn du <strong>in</strong> deren Augen<br />

nicht gut aussiehst, dann wirst du nicht wahrgenommen,<br />

weil du als Frau nicht relevant bist.<br />

Gab es e<strong>in</strong> Schlüsselerlebnis für dich, nachdem<br />

du gesagt hast, jetzt will ich mir das nicht mehr<br />

anhören, ich will kämpfen?<br />

Es gab e<strong>in</strong>en Spruch, der ist mir sehr stark <strong>in</strong><br />

Er<strong>in</strong>nerung geblieben: <strong>E<strong>in</strong></strong> Typ, den ich über e<strong>in</strong>e<br />

Freund<strong>in</strong> auf e<strong>in</strong>er Party kennen gelernt habe, hat<br />

mich <strong>in</strong>s Studio e<strong>in</strong>geladen. Wir haben zusammen<br />

an e<strong>in</strong>em Beat gepickt und wollten schreiben.<br />

Dann kam se<strong>in</strong> Kumpel re<strong>in</strong>, der auch <strong>in</strong> dem Studio<br />

aufnehmen wollte, und me<strong>in</strong>te: „Was macht die<br />

Olle hier? Wenn e<strong>in</strong>e Frau im Studio ist, kniet sie!“<br />

Wie hast du reagiert?<br />

Ich habe me<strong>in</strong>e Sachen genommen und b<strong>in</strong> gegangen.<br />

Da bleibt dir nicht mehr viel übrig, wenn dir<br />

klar wird, du bist hier als Person e<strong>in</strong>geladen und<br />

du bist nicht erwünscht. In der Zeit davor hätte ich<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>en Spruch gebracht und<br />

versucht <strong>mit</strong> ihnen rumzukumpeln. Aber das war<br />

zu viel, das war e<strong>in</strong>fach nur noch unfair. Darauf<br />

hatte ich ke<strong>in</strong>en Bock mehr.<br />

Auf de<strong>in</strong>em neuen Album ist das Lied „Walk<strong>in</strong>g<br />

on Wonderland“. Was ist für dich dieses<br />

Wonderland?<br />

Dieser Track ist sozusagen der Soundtrack für<br />

e<strong>in</strong>en Film, „Wait<strong>in</strong>g for Wonderland“. Der stellt<br />

die Frage, wie kann man antimilitaristische und<br />

queere Politik zusammendenken. Er handelt letztlich<br />

von Utopien. Me<strong>in</strong>e Idee ist, dass die Utopie<br />

nicht ganz weit weg ist, sondern alles was ich <strong>in</strong><br />

me<strong>in</strong>em politischen Handeln jetzt tue, immer e<strong>in</strong><br />

Schritt auf die Utopie zu ist. Da<strong>mit</strong> ist sie nicht so<br />

weit weg, sondern ich nähere mich ihr die ganze<br />

Zeit an. Klar kann ich jetzt nicht e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>en<br />

rassistischen Staat abschaffen, aber ich habe die<br />

Möglichkeit <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Umfeld, <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Musik<br />

und da<strong>mit</strong> <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Radius, D<strong>in</strong>ge zu bewegen.<br />

Das ist me<strong>in</strong> Wonderland.<br />

Was wünschst du dir für die Zukunft?<br />

Ich wünsche mir, dass die Kämpfe, die ich unterstütze,<br />

gesamtgesellschaftlich etwas ändern. Ich<br />

f<strong>in</strong>de zum Beispiel die Trennung zwischen Homo<br />

und Hetero nervig. Wenn ich mich als weiblich<br />

identifizierende Person <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Frau verliebe,<br />

werde ich als Lesbe gelesen. Wenn ich mich <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en Mann verliebe, werde ich als Hete gelesen.<br />

Wenn ich mich aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Frau-zu-Manntranssexuelle<br />

Person verliebe, was ist es dann? B<strong>in</strong><br />

ich e<strong>in</strong>e Hete oder e<strong>in</strong>e Lesbe? Der Vorteil des<br />

Konzepts „Queer“ ist, dass solche D<strong>in</strong>ge ke<strong>in</strong>e<br />

Bedeutung mehr haben. Es geht um Inhalte. Das<br />

Problem daran ist nur, dass es e<strong>in</strong>e Ordnung durche<strong>in</strong>anderbr<strong>in</strong>gt,<br />

die auf dem Patriarchat gründet.<br />

Ich will ke<strong>in</strong>e Gleichberechtigung von Mann und<br />

Frau, weil Gleichberechtigung bedeutet, dass die<br />

Frauen an die Rechte der Männer angeglichen<br />

werden, aber Männlichkeit als Pr<strong>in</strong>zip nicht überdacht<br />

wird. Und ich will auch nicht, dass Homos<br />

so se<strong>in</strong> dürfen wie Heteros. Ich will, dass Heteros<br />

so se<strong>in</strong> dürfen wie Homos! Ich wünsche mir e<strong>in</strong>e<br />

Perspektivänderung. Alle Angleichung an e<strong>in</strong>en<br />

Status oder e<strong>in</strong>e normative Gruppe f<strong>in</strong>de ich nicht<br />

erstrebenswert, weil ich die Norm nicht mag. Ich<br />

will nicht die Welt auf den Kopf stellen, aber ich<br />

will me<strong>in</strong>en Radius nutzen, um das zu thematisieren<br />

und Leute <strong>mit</strong>zunehmen.<br />

Interview: Dana Müller<br />

www.sookee.de<br />

Sookee live zur Record-Release-Party am<br />

2. Dezember im Supamolly, Berl<strong>in</strong><br />

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