Wie dokumentarfilme die innerschWeiz folklorisieren - 041 ...
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Richard Strauss: Salome<br />
(Angela Denoka, Alan Held;<br />
Deutsches Symphonie-Orchester<br />
Berlin, Stefan Soltesz;<br />
Regie: Nikolaus Lehnhoff).<br />
Arthaus Musik<br />
LieBer tOt aLS uNGeLieBt<br />
peb. das kennt man nachgerade: brutalisierte,<br />
totalitäre Betonarchitektur, darin eine dekadenzgesellschaft,<br />
bewacht von naziuniformen<br />
mit kalaschnikovs. aber es funktioniert; auch<br />
hier. im zerrütteten ambiente zeigt regisseur<br />
Lehnhoff zerrüttete seelen. Bei der haltlosen Judenprinzessin<br />
weckt der rätselhafte Prophet eine<br />
ahnung von substanz und halt. aber auch<br />
der täufer-Prophet zieht Lust und hoffnung<br />
mehr aus der Bekehrung der anziehenden einen<br />
als der massen. Wir verfolgen ein Psychodrama<br />
der Blicke und gesten, in das alle vier zentralfiguren<br />
hineingezogen werden. so ist der berühmte<br />
und gerne mal peinliche schleiertanz<br />
hier ein sado-masochistisches Wechselspiel zwischen<br />
Vater und tochter. und salome gelangt<br />
ans einmal erkannte ziel. <strong>die</strong> phänomenale angela<br />
denoke trägt das ganze monsterstück; ihre<br />
Figur zwingt allen ihren verbissenen und perversen<br />
Willen auf.<br />
Marochine: EP. Als Vinyl<br />
erhältlich: Guzuu.ch, Café<br />
Meyer, Co-Remix, Romp;<br />
Gratisdownload unter:<br />
marochine.bandcamp.com<br />
KLaNGäStHeteN<br />
jw. <strong>die</strong> Bässe röhren, <strong>die</strong> gitarre dreht dubbige<br />
schlaufen, das drum treibt lässig den groove,<br />
während darüber synthesizer und effekte zirpen,<br />
zischen und kratzen. marochine, <strong>die</strong> Luzerner<br />
instrumental-Band, bewegt sich stilsicher<br />
in den Weiten zwischen Jazz und noise. <strong>die</strong><br />
vier klangästheten esther andermatt (Bass),<br />
matthias grossmann (gitarre), marcel huwiler<br />
(drums) und gabriel ammon (synthesizer, gitarre,<br />
noise, effekte) tourten 2010 durch<br />
deutschland, spielten in Luzern am B-sides und<br />
legen jetzt eine eP mit vier ausgefeilten songs<br />
vor. «eldorado» (nr. 1) gefällt mit feinen gitarrenmelo<strong>die</strong>n,<br />
<strong>die</strong> durch synthie aufgeraut werden,<br />
und seinem klugen arrangement – das<br />
braucht keine stimme, um ohrwurmcharakter<br />
zu entwickeln. <strong>die</strong> vier songs sind gespickt mit<br />
verspielten details am richtigen ort, lassen jedem<br />
instrument viel Platz, grooven gut, und<br />
schliesslich ist <strong>die</strong> aufnahme ein hörgenuss<br />
(Faust-studio deutschland).<br />
cd-Wechsler<br />
Leimgruber-Demierre-Phillips: Montreuil<br />
(Jazzwerkstatt Berlin).<br />
Konzert mit Dorothea Schürch: FR 11. Mai,<br />
20 Uhr, Marianischer Saal Luzern<br />
Mit Haut uND Haar<br />
pb. Vier tracks, praktisch ungeschnitten,<br />
Live-atmosphäre inklusive. <strong>die</strong> 50 minuten<br />
musik auf «montreuil» fordern und irritieren,<br />
aber sie überraschen und beglücken auch. der<br />
Live-mitschnitt eines abends, an dem Flow und<br />
Verständigung in <strong>die</strong>sem trio traumwandlerisch<br />
funktionierten, vermittelt tiefe einblicke<br />
in <strong>die</strong> chemie von drei musikern, <strong>die</strong> nicht zusammen<br />
improvisieren, sondern improvisation<br />
mit haut und haar leben.<br />
ein höhepunkt ist der track «northrope», in<br />
dessen Verlauf sich mit dem dunklen Puls von<br />
Phillips und den tastengewittern von demierre<br />
ein ausbruch an klangenergie anbahnt, der einen<br />
förmlich mitreisst. Fern davon, einfach<br />
Wucht zu sein, wird <strong>die</strong>se Passage nach den längeren<br />
Passagen kollektiver ergründungen und<br />
zuspitzungen zu einer emotionalen erschütterung.<br />
«Welchfingar» führt <strong>die</strong> energie wieder<br />
in ruhigere gebiete, bevor sich mit «mantrappe»<br />
eine Fülle von oszillierenden Partikeln,<br />
klang-Flashes und eindringlichen saxofon-Linien<br />
in weit geöffneter dynamik zu einem vorläufigen<br />
ganzen fügen.<br />
GeilerAsDu: Flöchted<br />
(Goldon/Irascible).<br />
Konzerte:<br />
DI 1. Mai, Kapellplatz<br />
Luzern, SA 26. Mai, 21 Uhr,<br />
Schüür Luzern (CD-Taufe)<br />
MuNDartraP, LOKaL<br />
is. geilerasdu, der zweite streich. «Flöchted»,<br />
heisst er. mit Flucht ist laut rapper Luzi «nicht<br />
jene der Band gemeint, sondern <strong>die</strong> ihrer, eurer<br />
und unserer gedanken». das album, produziert<br />
von ryo roesch (u. a. kool savas), kommt<br />
straight und mit überraschenden kollaborationen<br />
(heidi happy, alvin zealot) daher. textlich<br />
ist noch viel Potenzial nach oben vorhanden.<br />
Wer auf «frisch» und «jung» und «frech» steht,<br />
der wird mit «Flöchted» viel Freude haben. Wer<br />
interessiert ist, wo <strong>die</strong> momentane messlatte des<br />
ch-hiphop hängt, dem sei «temple of speed Vol.<br />
2» (e.k.r., tinguely dä chnächt, skor, sterneis)<br />
empfohlen.<br />
36<br />
URS EMMENEGGER EMPFIEHLT<br />
kitsch, rotz und hits<br />
Lieblich wie <strong>die</strong> Flöten erklingen und<br />
<strong>die</strong> Stimmen sich in ungeahnte Höhen<br />
schwingen. Etwas kitschig klingt auch<br />
das Solo-Debüt des Teenage-Fanclub-<br />
Bassisten Gerard Love. Aber Teilzeit-Softies<br />
und Tagträumer werden daran ihre<br />
Freude haben. Lightships spielen gepflegt<br />
clevere Popmusik voller zarter<br />
Melo<strong>die</strong>n und mit einem verhuschten<br />
Charme, den nur schottische In<strong>die</strong>-<br />
Bands hinkriegen.<br />
Wesentlich rotziger zur Sache geht es<br />
auf dem Erstling von Alabama Shakes.<br />
Trotz Retro-Anleihen bei Soul, Rhythm<br />
and Blues und etwas Südstaaten-Rock<br />
schaffen es <strong>die</strong> vier Amerikaner, nach<br />
Jetztzeit zu klingen. Bestechend ist vor<br />
allem <strong>die</strong> Gesangskunst der erst 23-jährigen<br />
Brittany Howard. Ihre kratzbürstige<br />
Stimme steht im Zentrum der elf Songs,<br />
<strong>die</strong> punkto Songwriting Luft nach oben<br />
haben und laut Augenzeugenberichten<br />
live besser funktionieren als ab Platte.<br />
Ein erstes Schweizer Konzert ist allerdings<br />
und leider nicht in Sicht.<br />
<strong>Wie</strong>der mal alles richtig gemacht haben<br />
The Shins. Kritikerlieblinge waren sie<br />
schon immer, trotzdem eignet sich ihr<br />
vielschichtiger und leicht überdrehter<br />
Pop nicht für <strong>die</strong> breiten Massen. Mastermind<br />
und Sänger James Mercer, der<br />
um sich herum verschiedene Musiker<br />
gruppiert, singt wie ein Herrgott und<br />
schüttelt <strong>die</strong> hinterhältigen Hits gleich<br />
mehrfach aus dem Ärmel. Wer glaubt,<br />
man könne im Pop nichts Neues mehr<br />
zustande bringen, höre sich etwa den<br />
Titelsong «Port of Morrow» an, der so<br />
viele Ideen auf engstem Raum konzentriert,<br />
dass es bei anderen Bands für ein<br />
gesamtes Früh- und Spätwerk reichen<br />
würde. The Shins sorgen einmal mehr<br />
dafür, dass gut gemachter Pop nicht aus<br />
der Mode kommt.<br />
Lightships: Electric Cables (Geographic);<br />
Alabama Shakes: Boys & Girls (ATO);<br />
The Shins: Port of Morrow (Columbia)