Existenz und Humanismus. Sartres und Heideggers - Egon Schütz ...
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ethischen Bestimmung nicht "nichten". Zumindest in diesem Falle<br />
müßte Freiheit den ihr eigenen Gr<strong>und</strong>zug der Verneinung, wenn schon<br />
nicht aufheben, so doch stornieren können. Was aber bedeutet das<br />
anderes als eine Umdeutung der ontologischen Verfassung des Fürsichseins?<br />
Und es ist in der Tat auffällig, wie wenig der negierende<br />
Gr<strong>und</strong>zug der Freiheit des Fürsichseins im <strong>Humanismus</strong>-Vortrag hervortritt.<br />
So erfährt auch Angst eine Umdeutung. Sie ist nicht mehr die<br />
Selbstoffenheit der Freiheit in ihrer absoluten Negativität, die es<br />
mir nicht einmal erlaubt, mich in meinen eigenen Entschlüssen auf<br />
Dauer festzulegen (wie am Spieler-Beispiel abzulesen), sondern sie<br />
ist im Gr<strong>und</strong>e die Furcht vor der Verantwortung, das heißt: vor dem<br />
kritischen Anspruch auf Verallgemeinerung, der jeder Wahl inhärent<br />
ist. Die ethische Angst tendiert zumindest in Richtung jener Versagensfurcht,<br />
die zunächst als deterministische Täuschung enttarnt<br />
wurde.<br />
Die zwischenmenschliche Brücke, die Sartre in seiner Verteidigung<br />
des Existentialismus als eines <strong>Humanismus</strong> - ja, als des einzig<br />
wahrhaften <strong>Humanismus</strong> - schlägt, liegt in der Annahme einer f<strong>und</strong>amentalen<br />
Beispielhaftigkeit, die alle Menschen, ob sie es wollen<br />
oder nicht, miteinander verbindet. "Nichts bestimmt mich Abraham<br />
zu sein", so erläutert Sartre, "<strong>und</strong> dennoch bin ich in jedem Augenblick<br />
gezwungen, beispielhafte Handlungen (äctes exemplaires) zu<br />
vollführen." (<strong>Humanismus</strong>-Vortrag, S. 14) Ist es dann aber übertriebene<br />
Spitzfindigkeit, zu fragen, ob nicht in dieser gr<strong>und</strong>legenden<br />
Beispielhaftigkeit aller menschlichen Handlungen doch auf eine gemeinsame<br />
Natur des Menschen rekurriert wird, die Sartre in seinem<br />
Denken so entschieden ablehnt? Wenn jede meiner Handlung gleichsam<br />
hinter dem Rücken meines Bewußtseins <strong>und</strong> meines Willens <strong>und</strong> unabhängig<br />
von meinen Selbstzweifeln beispielhaft i s t, so nur durch<br />
Unterstellung einer zwischenmenschlichen Gemeinsamkeit, die letztlich<br />
nicht mehr abhängig sein kann von meiner Anerkennung. Man kann<br />
sich sinnvollerweise keine Beispielsbrücke unter Menschen vorstellen,<br />
wenn es nicht ein positives tertium des Allgemein-Menschlichen gibt,<br />
das mich - unabhängig von meiner Zustimmung - zu einem Beispiel<br />
<strong>und</strong> das heißt: zu einem Bild des "Menschen überhaupt" macht.<br />
Oder anders: die Tatsache des Beispielseins meiner Handlungen ist<br />
durch meine Freiheit nicht negierbar. Sie findet ihre Grenze <strong>und</strong>