Existenz und Humanismus. Sartres und Heideggers - Egon Schütz ...
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sie ist in der Tat ein <strong>Humanismus</strong>, wenn es die Gr<strong>und</strong>intention<br />
eines jeden <strong>Humanismus</strong> ist, entschieden bis zur Rücksichtslosigkeit<br />
nach dem Menschen zu fragen <strong>und</strong> dabei nur Antworten zuzulassen,<br />
die der Mensch selbst gibt <strong>und</strong> für die er allein einsteht. Nichts<br />
anderes als das meint - ex negativo - <strong>Sartres</strong> kritische Gr<strong>und</strong>formel,<br />
der humanitäre <strong>Humanismus</strong> maße sich an, über den Menschen<br />
urteilen zu können. Im Klartext heißt das: Der Mensch kann über<br />
den Menschen nicht urteilen. Jeder Versuch, ihn an einem<br />
absoluten Maßstab - sei es die Natur oder sei es die Gottheit -<br />
zu messen, ist eine Überschätzung <strong>und</strong> Erschleichung <strong>und</strong> daher<br />
letztlich unmenschlich. Ist also <strong>Sartres</strong> existentialer <strong>Humanismus</strong><br />
im Unterschied zu den schein-humanitären Humanismen maß-los?<br />
In einem bestimmten Sinne, gewiß. Dann nämlich, wenn man unter<br />
"Maß" eine unbezweifelbare Normvorgabe versteht. Diese kann es<br />
für Sartre deshalb nicht geben, weil er ohne Einschränkung mit der<br />
Gr<strong>und</strong>these des <strong>Humanismus</strong> ernst macht, der Mensch sei das Maß aller<br />
Dinge, also auch seiner selbst. Der Mensch aber, der sich nur selbst<br />
Maß ist, macht sich für sich selbst maßgeblich. Er spiegelt sich<br />
in seinen Maßen, so jedoch, daß er darin immer wieder anders erscheint.<br />
Der Maßlosigkeit entspricht also eine Selbst-Maßgeblichkeit,<br />
<strong>und</strong> darin zeigt nicht nur der existentiale, sondern auch der<br />
durchdachte traditionelle <strong>Humanismus</strong> sein problematisches Gesicht.<br />
Dieses Gesicht kennt Sartre, <strong>und</strong> er zeichnet einige seiner Züge<br />
in jenem Phänomen der "ethischen Angst", die sich in ethischen Determinationen<br />
zu besänftigen sucht <strong>und</strong> sich gerade darin am Ende<br />
nur wieder entdeckt. Eine Gemeinschaft der Trefflichen <strong>und</strong> des<br />
Trefflichen, die Selbstdurchsetzungskraft eines freien Geistes<br />
der Bildung, die Menschen in Ideen miteinander in Fühlung bringt<br />
<strong>und</strong> sich als deren Gemeinsamkeit durchsetzt, gibt es für Sartre<br />
nicht mehr. Das andere, das problematische Gesicht des <strong>Humanismus</strong><br />
hat sich in seiner existentialen Version voll ins Licht gebracht.<br />
Man könnte es auch als nihilistische Pointe charakterisieren, die<br />
dem Abenteuer <strong>und</strong> Experiment des <strong>Humanismus</strong> als Selbsterkenntnis<br />
auf eigene Gefahr anhaften muß. Diese Pointe kann a in der Tat nicht<br />
besser als mit Nietzsches Hinweis darauf beschreiben, daß die Wahr-<br />
haftigkeit als Wert unter Werten diese am Ende als menschliche<br />
Setzungen entlarvt <strong>und</strong> sie damit um ihren Kredit, ihre Verbindlich-